Bundesarbeitsgericht

Arbeitnehmer muss Vermittlungsprovision für Headhunter nicht erstatten

Veröffentlicht: 21.06.2023 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 21.06.2023
Magnet hebt grüne Figur an

Wenn Arbeitnehmende schon nach kurzer Zeit das Arbeitsverhältnis beenden, obwohl der Arbeitgebende gerade erst die Vermittlungsprovision an einen Headhunter gezahlt hat, darf die Provision nicht auf den Arbeitnehmenden abgewälzt werden. Wie LTO berichtet, hat das gestern das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschieden (Urteil vom 20.06.2023, Az.: 1 AZR 265/22) und damit die beiden Vorinstanzen bestätigt. Derartige Klauseln im Arbeitsvertrag sieht das BAG als unwirksam an. Eine entsprechende Situation gehöre zum Betriebsrisiko des Arbeitgebenden.

Headhunter erhalten Provision für Vermittlung

Häufig setzen Unternehmen sogenannte Headhunter ein, um geeignetes Personal, insbesondere bei anspruchsvollen Stellen und solchen mit hoher Verantwortung, für sich zu finden. Dieser Weg der Personalfindung erscheint oftmals vielversprechender als herkömmliche Kanäle wie Stellenanzeigen oder Jobportale. Die Aussicht auf Erfolg lässt sich der Arbeitgebende einiges kosten, denn die Headhunter kassieren für ihre Vermittlung eine Provision. Arbeitgebende erhoffen sich da natürlich, den angeworbenen Mitarbeitenden auch längerfristig halten zu können. Manch einer kam da auf die Idee, die gezahlte Provision vom Arbeitnehmenden zurückzufordern, wenn das Arbeitsverhältnis zeitnah wieder von ihm gekündigt wird. Dieser Praktik schob das BAG nun einen Riegel vor.

Arbeitnehmer kündigte bereits nach zwei Monaten wieder

Im vorliegenden Fall wurde im März 2021 ein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien geschlossen, wonach der Arbeitnehmer zum 1. Mai 2021 im Unternehmen seine Arbeit aufnahm. Der Vertrag kam durch die Vermittlung eines Headhunters zustande. Daraufhin zahlte der Arbeitgeber 4.500 Euro Vermittlungsprovision. Nach der im Arbeitsvertrag vereinbarten sechsmonatigen Probezeit sollten weitere 2,230,80 Euro fällig werden. 

Doch nach gerade einmal zwei Monaten kündigte der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag fristgerecht zum 30. Juni 2021. Der Arbeitgeber sah jedoch nicht ein, die gesamte Vermittlungsprovision für diesen kurzen Zeitraum zu übernehmen und zog für den Monat Juni 2021 809,21 Euro von der abgerechneten Vergütung des Arbeitnehmers ab. Das begründete der Arbeitgeber mit einer entsprechenden Klausel im Arbeitsvertrag. Darin war geregelt, dass der Arbeitnehmer dazu verpflichtet ist, die gezahlte Vermittlungsprovision an den Arbeitgeber zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über 14 Monate hinaus besteht und aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen von ihm selbst beendet wird.

Klausel benachteiligt Arbeitnehmer unangemessen

Der Arbeitnehmer sah das nicht ein und klagte vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein auf Auszahlung des einbehaltenen Betrags der Vergütung. Das LAG (Urteil vom 12.05.2022, Az.: 4 Sa 3/22) gab ihm recht und wies die Widerklage des Arbeitgebers auf Erstattung der restlichen Provision in Höhe von 3.652,39 Euro ab. Die Revision des Arbeitgebers vor dem BAG scheiterte jetzt ebenfalls.

Das BAG folgte der Auffassung des Arbeitnehmers, dass die streitige Klausel im Arbeitsvertrag unwirksam sei, weil sie ihn entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Weiter beschränke die Klausel den Arbeitnehmer in seiner grundrechtlich garantierten freien Berufswahl. Begründete Interessen des Arbeitgebers rechtfertigen dies nicht, so das BAG. Der Arbeitgeber habe hingegen das unternehmerische Risiko für „nicht lohnende” Personalaufwendungen zu tragen.

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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