Frage der Abwägung

Referenzkunden dürfen ohne Einwilligung genannt werden

Veröffentlicht: 15.11.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 15.11.2023
Frau steht auf einer Bühne und hält einen Vortrag

Das Verwenden von Referenzkunden kann das Vertrauen in eine Dienstleistung oder ein Produkt stärken, vor allem, wenn es sich um bekannte Unternehmen handelt. Normalerweise wird geraten, vor der Veröffentlichung solcher Namen eine Einwilligung einzuholen. Doch das Landgericht Bielefeld hat in einem Urteil vom 23.11.2021 (Aktenzeichen: 15 O 104/20) festgestellt, dass dies nicht immer zwingend erforderlich ist.

Profilerin nennt Unternehmen als Referenz

Hintergrund des Urteils war eine Klage eines Versicherungskonzerns und derer zwei Tochtergesellschaften gegen eine Profilerin, die sich selbst als Vortragsrednerin, Autorin und Coach für Persönlichkeitsbildung bezeichnete. Auf ihrer Webseite listete sie Unternehmen auf, mit denen sie angeblich zusammengearbeitet hatte, darunter auch der klagende Versicherungskonzern. Dieser bestritt jegliche Zusammenarbeit und führte an, dass keine Aufzeichnungen darüber existierten und die Beklagte in den relevanten Unternehmensbereichen unbekannt sei. Bereits im September 2018 forderte das Unternehmen die Beklagte auf, den Namen zu entfernen. Das geschah auch. Allerdings tauchte der Unternehmensname in der Folgezeit wieder als Referenzkundschaft auf. 

Die Profilerin verwies auf Vorträge aus den Jahren 2008 und 2009 als Beweis für die Zusammenarbeit, hatte jedoch keine Belege mehr, da sie nicht damit gerechnet hatte, sie nach so langer Zeit noch vorlegen zu müssen. Der Vortrag 2008 soll beim Mutterkonzern stattgefunden haben; der 2009 bei einer der Tochtergesellschaften. 2019 soll es außerdem eine Veranstaltung bei der anderen Tochtergesellschaft gegeben haben. Diese Veranstaltung wurde auch nicht bestritten und mit einer Rechnung belegt. 

Abwägung zwischen Berufsfreiheit und Unternehmenspersönlichkeitsrecht

Das Gericht entschied teilweise zugunsten des klagenden Unternehmens. Die Profilerin konnte nicht nachweisen, dass eine tatsächliche Zusammenarbeit stattfand. Normalerweise obliegt der Beweis der Klägerseite, doch in diesem Fall genügte es, schlüssig darzulegen, dass keine Zusammenarbeit stattgefunden hatte, was auch gelang.

Hätte es eine Zusammenarbeit gegeben, so das Gericht, wäre eine Nennung ohne Einwilligung unter Umständen zulässig gewesen. Unternehmen haben das Recht zu entscheiden, welche Kooperationen sie öffentlich machen möchten (Unternehmenspersönlichkeitsrecht), doch diesem Recht kann das der Berufsfreiheit der anderen Partei entgegenstehen. Die Profilerin konnte sich jedoch nicht auf diesen Schutz berufen, da sie die Zusammenarbeit nicht belegen konnte. Zudem wurde ihr Argument bezüglich der vernichteten Belege zurückgewiesen, da sie gemäß Umsatzsteuergesetz eigentlich dazu verpflichtet war, diese Belege aufzubewahren.

Keinen Erfolg hatte eine der Tochtergesellschaften: Hier war eine Zusammenarbeit aus dem Jahr 2019 unstrittig. Die Tochtergesellschaft konnte selbst eine Rechnung nennen. Allerdings wollte sie den Namen trotzdem nicht auf der Seite der Profilerin dulden. Die Buchung der Profilerin erfolgte nämlich über eine Agentur. Dieser Argumentation konnte das Gericht aber nicht folgen: Es ist ohne Belang, ob die Tochtergesellschaft die Profilerin direkt gebucht hat oder eine Agentur dazwischen geschaltet war. 

Das Urteil verdeutlicht die Abwägung zwischen dem Recht auf Berufsfreiheit und dem Schutz des Unternehmenspersönlichkeitsrechts. Es betont die Bedeutung nachweisbarer Zusammenarbeit bei der Nennung von Referenzkunden und unterstreicht die Verantwortung, die mit solchen Behauptungen einhergeht.

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Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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