Schmaler Grat

Wie weit dürfen Aprilscherze gehen?

Veröffentlicht: 31.03.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 31.03.2023
1. April ist in Kalender eingekreist

In den letzten Jahren war es am 1. April ruhiger als sonst. Nicht verwunderlich, kam den meisten Menschen doch das, was gerade passierte, eher wie ein einziger – sehr, sehr schlechter – Aprilscherz vor. Wir haben uns das Thema einmal näher angeschaut, denn möglicherweise bewegt man sich mit derlei Scherzen ohnehin an der Grenze zur Legalität?

Aprilscherze am Arbeitsplatz

Obwohl der 1. April dieses Jahr auf einen Sonnabend fällt, können Aprilscherze im tristen Büroalltag stets für eine kleine Abwechslung (nicht notwendigerweise Erheiterung) sorgen. Scherze und gute Stimmung sind gut für das Betriebsklima. Trotzdem ist man vor allem aus einem Grund auf der Arbeit: um zu arbeiten. Arbeitnehmer sollten es also nicht übertreiben und etwa eine ganze Schicht darauf verwenden, Kollegen zu veräppeln. Denn das käme einer Arbeitsverweigerung gleich, die mit einer Abmahnung oder Kündigung geahndet werden könnte. 

Auch finanzieller Ausgleich muss ggf. gezahlt werden, wenn ein Schaden entstanden ist: Zerschießt der Systemadministrator in dem Versuch, per Fernsteuerung die Computer der Angestellten zu manipulieren, das ganze System, kann er für seinen Scherz zur Kasse gebeten werden. 

Jeder Scherz ist zudem Geschmackssache. Was der eine zum Totlachen findet, ist für den nächsten eine Beleidigung oder gar Diskriminierung. Auch auf den Inhalt kommt es daher an. Stichwort ist hier der Betriebsfrieden innerhalb des Unternehmens. Kündigt der Chef „nur zum Spaß“ Angestellte, ist das nicht mehr lustig. Auch der Aprilscherz eines Polizeibeamten fand keine großen Lacher: „Aufgrund einer Vielzahl an Corona-Fällen“ könne der Dienstbetrieb „derzeit nicht mehr aufrechterhalten werden“, teilte der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Vilshofen (nahe Passau) am 1. April seinen Kollegen und der Öffentlichkeit via Pressemitteilung mit und verwies an umliegende Dienststellen, die anfallende Arbeiten übernehmen würden. Sogar die Deutsche Presse Agentur fiel auf den Scherz herein. Offenbar hat es sich dieser Herr damit auch mit seinen Vorgesetzten verscherzt. Es kam zu einem Disziplinarverfahren, nach dessen Abschluss der Beamte zur Kripo nach Passau „straf“versetzt wurde.

Erst recht nach außen hin sollte man es (zumindest als Angestellter) nicht übertreiben. Scherzt man über eine mögliche Insolvenz oder den nicht vorhandenen Privat-Jet der Chefetage, beeinträchtigt das auch das Image des kompletten Unternehmens und kann damit schlimmstenfalls einen langfristigen Vermögensschaden verursachen.

Eine Versicherung gegen Aprilscherze

Nach dem Gesetz haften die Menschen (auch Privatpersonen) für alle Schäden in unbegrenzter Höhe, die sie einem anderen schuldhaft zugefügt haben. Absichern kann man solche Fälle grundsätzlich über eine private Haftpflichtversicherung, die auch Fälle von grober Fahrlässigkeit abdeckt. 

Kein Versicherungsfall sind jedoch Schäden, die man vorsätzlich verursacht. „Artet nämlich ein Aprilscherz so aus, dass einem anderen finanzieller oder gesundheitlicher Schaden entsteht, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der ‚Täter‘ mutwillig gehandelt hat. Er war sich seiner Tat und deren Folgen also bewusst und hat mit Vorsatz oder sogar Arglist gehandelt. In solchen Fällen zahlt die Versicherung unter Umständen keinen Cent. Der entstandene Schaden muss dann vollständig selbst gezahlt werden“, schreibt etwa die Arag Versicherung.

Wegen Aprilscherz in den Knast?

Manch einer, der einmal so richtig auf den Arm genommen wurde, wünscht seinem Verursacher das Schlimmste an den Hals. Doch kann man für einen Scherz sogar ins Gefängnis kommen? Ja, klar kann man. Aus welcher Intention heraus eine mögliche Straftat begangen wurde, muss dann höchstens noch mit dem Richter verhandelt werden. 

Und das versteht sich von selbst: Scherz-Anrufe beim Notruf sind für sich genommen nach § 145 StGB (Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln) strafbar. Rufen die Kollegen wegen eines Scherzes die Rettungskräfte, darf der Scherzkeks sich immerhin über eine saftige Rechnung freuen.

Wer nicht bei der Polizei anruft, sondern sich gleich selbst als Beamter ausgibt, macht sich der Amtsanmaßung strafbar. Handelt es sich bei der anderen Person nicht um einen Amtsträger, sondern gibt man sich scherzweise als Chef aus, können Straftaten wie Betrug oder Urkundenfälschung in Betracht kommen. 

Aprilscherze versus Fake News

„Sind wir jetzt alle bierernst geworden? Ist der Aprilscherz gar wegen seiner zu großen Nähe zu ‚Fake News‘ in Verruf geraten?“ Das fragt sich sogar der Deutsche Journalisten-Verband, weil es in den letzten Jahren so mager um die Aprilscherze aussah.

Die These klingt schlüssig: Falschnachrichten und Verschwörungsmythen werden vor allem über die sozialen Netzwerke geteilt. Daher sind die Plattformbetreiber in der Verantwortung, gegen die Verbreitung von Desinformation vorzugehen und tun das hoffentlich auch. Aber auch ein Post, der nicht von Plattformen gelöscht wurde, ist deswegen nicht gleich legal: § 186 StGB bestimmt beispielsweise, dass die Behauptung unwahrer Tatsachen über eine Person strafbar ist, wenn diese den Betroffenen verächtlich machen bzw. in der öffentlichen Meinung herabwürdigen soll. Außerdem kann eine, auch nur scherzweise gemeinte, Fake News das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer anderen Person verletzen. Die Betroffenen können dann gegen die Aussage vorgehen, egal, ob sie online oder am Schwarzen Brett in der Betriebskantine getätigt wurde. Üble Nachrede oder Verleumdung sind weitere Stichworte. Auch wenn die falsche Nachricht binnen kürzester Zeit entlarvt oder ganz offiziell als Aprilscherz enttarnt wird, ist die (Straf)Tat wegen der rasanten Schnelligkeit, mit der sich Nachrichten im Netz verbreiten, bereits begangen.

 

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Yvonne Bachmann

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.