Die nackte Provokation

Dickpics: Warum sie strafbar sind!

Veröffentlicht: 11.04.2024 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 11.04.2024
Eine orangene Banane vor orangenen Hintergrund
Contentwarnung: In diesem Beitrag geht es um sexuelle Übergriffe und Belästigung im Internet. Wenn Sie Opfer sexueller Gewalt oder Belästigung geworden sind, holen Sie sich Hilfe, beispielsweise über das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“.

Mit den zahllosen Möglichkeiten im Netz kamen leider auch die Schattenseiten. Eine besonders verstörende Facette des digitalen Zeitalters ist das Phänomen des unerwünschten Versands expliziter Bilder – sogenannte Dickpics oder Pussy-Pics. 

Nahezu die Hälfte der weiblichen Millennials (46 Prozent) gab an, dass ihnen im Netz bereits ein Penis-Foto geschickt wurde. Das besagt eine YouGov-Studie, die aus dem Jahr 2018 stammt. Tendenz steigend. Dieses Verhalten ist nicht nur ein Akt der Respektlosigkeit, sondern auch ein ernstzunehmender Eingriff in die Privatsphäre und die persönliche Sicherheit der Empfänger:innen. Was können Betroffene tun?

„Eric und Mr Magic“: Digitale Übergriffe gehören zum Alltag

Das unerwünschte Versenden von Nacktbildern, vornehmlich in den sozialen Medien, ist ein Ausdruck von Macht und Kontrolle und Psycholog:innen haben vermutlich ihre wahre Freude an solchen Fällen. Doch tatsächlich scheinen Penis-Fotos und anderweitige Belästigungen für einige offenbar schon salonfähig zu sein und zum guten Ton beim Ausdruck seiner Bewunderung zu gehören. 

Ganz aktuell machte die TV-Moderatorin Mareile Höppner auf das Thema aufmerksam, indem sie eines der unzähligen Dickpics veröffentlichte, die sie selbst immer wieder auf Instagram erhält (siehe das zweite Foto):

Straftat: Recht auf Privatsphäre steht an erster Stelle

Rein rechtlich gibt es daran kaum etwas zu diskutieren: Das Versenden eines Fotos (s)eines Geschlechtsteils ist als Form der sexuellen Belästigung nicht (!) strafbar. Es überschreitet zwar die (digitale) Grenze und löst reale Ängste, Ekel und Unwohlsein aus, doch an dem körperlichen Kontakt fehlt es.

Auch wenn die Täter:innen die Tragweite ihrer Handlungen – oft getrieben von einem falsch verstandenen Gefühl der Anonymität im Internet – kaum erkennen, handelt es sich bei unaufgeforderten Intimfotos jedoch aus einem anderen Grund um einen Straftatbestand: die Fotos sind eine Verbreitung von pornografischen Schriften, die nach § 184 Abs. 1 Nr. 6 Strafgesetzbuch (StGB) mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden kann.

Wenn das Smartphone zum Tatort wird

Hinter jedem Bildschirm sitzt ein realer Mensch mit Gefühlen und dem Recht auf Respekt. Es ist wichtig zu wissen, dass ein Opfer nicht allein ist und dass dieses Verhalten nicht toleriert werden muss – weder von einer TV-Moderatorin, die als Prominente an übergriffiges Verhalten gewöhnt ist, noch von einem minderjährigen Schüler.

Was man sofort tun kann, ist den Kontakt zu blockieren und die Nachricht zu melden. Auch wenn die Hemmschwelle groß erscheint: Der Gang zur Polizei (oder wahlweise an die Öffentlichkeit) ist ein notwendiger Schritt, um nach und nach auch einen aufgeklärten, gesellschaftlichen Wandel in Bezug auf die Grenzen des Erlaubten und des Respektvollen herbeizuführen. Auf der Online-Plattform Dickstinction können Betroffene in solchen Fällen unkompliziert eine Vorlage ausfüllen, um Strafanzeige zu erstatten. „Aktuell ist es aber leider noch so, dass viele Verfahren wegen Geringfügigkeit oder aus anderen Gründen eingestellt werden, oft ist es auch nicht möglich, den Täter festzustellen“, räumt Rechtsanwältin Janina Lentrodt in einem Bericht von Womenshealth ein, die auch die „#DontDickAndPic“-Kampagne betreut

Auch wenn man ein Verfahren nur mit viel Nachdruck und meistens auch nur mit anwaltlicher Hilfe wirklich mit einer Verurteilung abschließen kann, die Mühe lohnt sich. Nur so können wir einen digitalen Raum schaffen, der frei von Belästigung und Angst ist und in dem sich alle sicher und respektiert fühlen.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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