Kolumne: Warum Amazons Crowd-Paketdienst scheitern wird

Veröffentlicht: 19.06.2015 | Geschrieben von: Giuseppe Paletta | Letzte Aktualisierung: 17.07.2015

Amazon macht sich alle möglichen Gedanken darum, wie das Unternehmen seine Kosten für den Versand von Paketen senken kann. Ein eigener Paketdienst könnte im Sommer sogar in Deutschland starten. Doch in dieser Woche überraschte der Online-Händler aus den USA wieder mit einer relativ neuen Idee: Künftig sollen Privatpersonen die Bestellungen anderer Privatpersonen für Amazon zustellen. Tatsächlich machbar, oder nur eine Farce von Amazon um den ohnehin schon großen Druck auf die Zustelldienste zu erhöhen?

Amazon und sein Crowd-Paketdienst.

(Bildquelle Böser Zusteller: Lisa F. Young via Shutterstock)

An sich ist es ja keine schlechte Idee – aus Sicht von Amazon, versteht sich: Für einen möglichst geringen Lohn, im schlimmsten Fall zahlt man halt den Mindestlohn, lässt man Arbeitssuchende die Pakete der Kunden zustellen. So spart sich Amazon den ganzen Stress mit Diensten wie der Deutschen Post, die ja sowieso nur ständig streiken. Auch wenn die Post bei Amazon selbst während der Streiks eine Ausnahme zu machen scheint.

In der Realität ist der Dienst kaum umsetzbar

Doch es gibt viele Punkte die bezweifeln lassen, dass Amazon einen solchen Dienst tatsächlich umsetzen wird. Zum einen ist da der Lohn: Schaut man sich die Crowd-Projekte von Amazon an, denken wir zum Beispiel an Mechanical Turk, wo Menschen für Hungerlöhne Gelegenheitsarbeiten ausführen lässt, dann glaubt man kaum daran, dass Amazon für die Zustellung von Paketen mehr als einen Hungerlohn zahlen wird. Und wer bitte möchte dann die Pakete für Amazon, das ja bekanntlich die Pakete so schnell wie möglich zum Kunden bringen wird und Verspätungen hasst, überhaupt ausliefern?

Auf der anderen Seite dürfte es bei einem tatsächlichen Start eines solchen Crowd-Projektes Widerstand von den Zustelldiensten geben. Denn die ohnehin schon mit ihren Löhnen unzufriedenen Zusteller werden es kaum tolerieren, dass Billig-Zusteller den Markt und das Preisniveau weiter drücken möchten.

Wenn man will, findet man auch viele weitere Punkte, die für Amazon problematisch sein dürften. Wer haftet zum Beispiel für die ausgelieferte Waschmaschine, wenn diese bei der Auslieferung durch eine Privatperson zu Bruch gehen sollte? Warum sollte Amazon auf die komfortablen Versicherungsverträge mit den Paketdiensten verzichten? Amazon wird wohl kaum versuchen, die Haftung bei Schadensfällen auf die für einen Hungerlohn und womöglich mit dem privaten Fahrzeug arbeitenden Privatpersonen abzuwälzen? Wobei... wer weiß das schon so genau?

 

Kommentare  

#1 R. W. 2015-06-24 14:28
Ich frage mich, warum Amazon diese Idee veröffentlicht, wenn doch auch fast jeder Laie, der ab und zu Pakete verschickt, einige massive Probleme sofort vorhersehen kann und sieht, dass das nicht funktionieren kann.

Damit die Privatpersonen als Paketzusteller nicht teurer werden, als echte Paketdienste, wird Amazon kaum mehr als 2 € pro Zustellung zahlen können und die Pakete sollen ja von Privat sicher nur innerhalb von Städten transportiert werden und nicht deutschlandweit . Daher muss ja auch einkalkuliert werden, dass der Transport in diese Städte auch schon Geld kostet. Ernsthaft - Ist es denn da nicht wesentlich lukrativer für die Privatperson, in Müllcontainern nach Pfandflaschen zu suchen, als ein Paket durch die Stadt zu tragen, um festzustellen, dass keiner Zuhause ist und es ohne Zustellung kein Geld gibt?

Dazu kommen die angesprochenen untragbaren Risiken für Amazon. Der Privatzusteller hat in der Regel noch ein eigenes Leben und sicher ab und zu mal keine Zeit, das Paket zuzustellen, weil etwas dazwischenkommt . Oder es liegt auf der Rücksitzbank im Auto und wird für ein paar Tage dort vergessen oder geht verloren. Der private Zusteller wird sicher nicht erfahren, was in dem Paket ist. Wer haftet dann für Verluste oder Beschädigungen und in welcher Höhe.
Mit Amazon Prime ist das System ja auch nicht vereinbar, denn wie soll Amazon dann noch eine Zustellung am nächsten Tag garantieren können?

Wird ein privater Zusteller, der regelmäßig für eine Firma gegen Bezahlung arbeitet, nicht auch steuerpflichtig und muss ein Gewerbe anmelden? Laut deutschem Recht ganz sicher, aber da gibt es ja scheinbar einige Grauzonen...
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