Kolumne: Die sympathische Entzauberung von Rocket Internet

Veröffentlicht: 29.05.2015 | Geschrieben von: Julia Ptock | Letzte Aktualisierung: 29.05.2015

Die Samwers, Rocket Internet – wir waren schon ein bisschen aufgeregt, als wir die finale Zusage für unseren Termin mit PR-Chef Andreas Winiarski bekommen haben. Und dabei fing alles als reiner Gag an.

Auf Twitter suchte die erst vor kurzem ausgegründete Kommunikationsagentur RCKT nach einem neuen Praktikanten in Berlin. Und da ich gern unüberlegt kommentiere, kamen wir so auch schnell zu einer Kaffee-Verabredung, ausgesprochen vom PR-Chef höchst persönlich. Und natürlich lassen wir uns da nicht lange bitten.

 

Und schon wurde der Zug gebucht. Was würde uns wohl erwarten? Immerhin reden wir hier von Rocket Internet und keiner kleinen Klitsche aus Uckermark-Hausen! Unter Garantie tolle Büros mit viel Platz und lauter aufgedrehte, vor Ideen sprudelnde junge Leute, die wie wild eine Idee nach der nächsten fabrizieren. Und ein Bälle-Bad. Wir waren gespannt.

Da waren wir dann. Hallo Berlin, hallo Rocket und... hallo Realität. Recht unscheinbar ist das Gebäude, nur durch die Glasfront sieht man den großen Aufsteller mit sämtlichen Logos. Rocket belegt in dem Gebäude momentan drei Etagen, plant aber bereits den Umzug in den eigenen Rocket-Tower. Im Foyer von Rocket Internet herrscht bereits tüchtiges Treiben. Vier Türen gehen stetig auf und knallen zu und wir werden, während wir auf Andreas Winiarski warten, etwas unruhig. Ganz schön laut hier.

 

Logo Wall Rocket Internet
© Rocket Internet

 

Und da ist er dann. Groß, ganz in schwarz – außer die Schuhe – und natürlich mit Telefon in der Hand. Was will man auch anderes erwarten? Ein schnelles Hallo und sogleich beim Du. Sehr sympathisch. Und dann geht’s auch schon los mit der kleinen Führung und der Zerstörung sämtlicher Illusionen. Statt in einer bunten StartUp-Erlebnis-Wunderwelt stehen wir plötzlich in einem Großraumbüro. Schreibtisch an Schreibtisch, Rechner an Rechner. Und überall Menschen. 500 Leute arbeiten momentan hier, erklärt uns Winiarski später auf der Dachterrasse. Aber dazu kommen wir noch.

 

Büro bei Rocket Internet
© Michael Pohlgeers | Händlerbund

 

Wir laufen erstmal weiter durch die Räume und wenn nicht gerade irgendwo ein Schreibtisch steht, steht da ein voller Aktenschrank. Hätten wir niemanden, der uns hier herumführt, hätten wir uns sicherlich verlaufen. Als wir durch die Etage durch sind, beweist Winiarski, dass Rocket aber auch cool kann und zeigt uns die Lounge mit großen roten Sofas, einer "Raketen"-Wand und der Dachterrasse.

 

Raketen-Wand und Aussicht von Dachterrasse Berlin
© Julia Ptock | Händlerbund

 

Und da sitzen wir dann zu Dritt. Das Telefon ist in der Tasche verschwunden und die Hektik der Stadt und des Büros scheint verschwunden zu sein. Das Gespräch dreht sich um die Presse, um den Chef und um alte Götzenbilder, die scheinbar immer noch schlafen oder den Trend zur Digitalisierung einfach nicht sehen wollen. Es geht um Mut, Risikobereitschaft und um Scheitern sowie um Vertrauen in noch unerfahrene Menschen, die aber viel bewegen wollen. Dabei wird klar, dass bei Rocket Internet zwar wahrscheinlich jede Menge mega schlaue Köpfe sitzen, die aber auch nicht zaubern können und wie alle anderen "Normalsterblichen" einfach ihren Job machen. Schrecklich normal also. Geradezu langweilig. Und dadurch plötzlich umso sympathischer.

Rocket Internet erscheint tatsächlich eher als „Klassenfahrt ohne Lehrer“. Jedoch – und daran lässt Winiarski keinen Zweifel – seien hier alle trotz Lockerheit auch zu Höchstleistungen bereit und wenn die Deadline ansteht, sitzt man auch mal bis in die späten Stunden. Aber hey, so läuft das am Ende schließlich überall.

Eine Stunde rum, der nächste Termin wartet. Noch kurz ein Foto gemacht – quasi als Beweis – und dann geht es auch schon weiter. Allerdings lässt es sich Winiarski nicht nehmen, uns auf dem Weg nach draußen noch schnell den Innenhof zu zeigen. Was jetzt nämlich Bürogebäude ist, war zu DDR-Zeiten ein Hotel mit einem Tunnel direkt zum Friedrichstadt Palast.

Als wir im Zug zurück nach Leipzig sitzen, erreicht uns dann auch über Twitter noch ein netter Abschiedsgruß von Andreas Winiarski.

 

Nette Geste von einem netten Typen. Überhaupt sind wir überrascht, wie normal Rocket Internet ist. Eigentlich schon zu normal. Aber wer weiß, wie es wird, wenn der StartUp-Inkubator erst mal in den eigenen Rocket Tower umgezogen ist. Vielleicht gibt es dann ja die StartUp-Erlebnis-Wunderwelt. Ideen werden jedenfalls schon gesammelt.

 

Plakat Rocket Tower
© Julia Ptock | Händlerbund

 

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