Grenzen der Digitalisierung

Technikprobleme bei virtueller Gerichtsverhandlung gehen zu lasten des Anwalts

Veröffentlicht: 08.11.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 08.11.2023
Warnung vor schlechter Verbindung auf Bildschirm von Videokonferenz

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Bielefeld bestätigt, dass Anwälte bei virtuellen Gerichtsverhandlungen per Videoübertragung sicherstellen müssen, dass sie für das Gericht und die Beteiligten sowohl visuell als auch akustisch wahrnehmbar sind (Urteil vom 25.09.2023, Az.: 3 O 219/20).

Verstoß gegen Sorgfaltspflichten

Der Wunsch nach mehr Digitalisierung ist zu begrüßen und spätestens die Pandemie hat dem Ganzen einen weiteren Booster gegeben. Doch das Vertrauen in die Technik kann auch Nachteile haben, wenn diese nicht einwandfrei funktioniert. Obwohl mittlerweile sogar die Durchführung von mündlichen Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist, ist nicht geregelt, wie sich Verbindungsprobleme während der Verhandlung auswirken.

In dem Fall, der beim Landgericht Bielefeld auf dem Tisch lag, war der Anwalt zwar per Videokonferenz zugeschaltet und akustisch präsent. Er war jedoch nicht zu sehen. Auslöser für den Fauxpas war, dass der Anwalt seine Webcam nicht auf Kompatibilität und Funktionstüchtigkeit überprüft hatte, obwohl er im Vorfeld explizit auf die erforderliche technische Ausstattung hingewiesen worden war. Dies stelle einen Verstoß gegen seine berufsbedingte Sorgfaltspflicht dar, so das Urteil. Ist der Rechtsanwalt nicht visuell und akustisch anwesend, werde dies wie ein komplettes Fehlen gewertet. Das führe zu einem Versäumnisurteil zulasten der von ihnen vertretenen Partei.

Technische Risiken liegen nicht komplett bei Parteien 

Anders können die Fälle ausgehen, in denen es tatsächlich zu einem Verbindungsproblem kommt, beispielsweise wenn der Netzanbieter Störungen verzeichnet. Hier ist es selbstredend auch Sache des Rechtsbeistandes, die virtuelle Sitzung nicht erst kurz vor knapp betreten zu wollen, sondern wie bei einer echten Verhandlung auch rechtzeitig zu erscheinen. Auch ist es nicht ratsam, auf mobile Daten zu setzen, sondern eine stabile WLAN-Verbindung zu wählen.

Jedoch wird es der jeweiligen Partei nicht zuzurechnen sein, wenn es aus ungeklärten technischen Gründen zu Verbindungsproblemen kommt. Hier wird es, bis es eine verlässliche Rechtsgrundlage gibt, aber wohl noch viele Einzelfallentscheidungen geben.

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