Real.de zur Marktplatz-Umstellung: „Online-Händler haben nicht einen Job, sondern 10“

Veröffentlicht: 24.04.2018 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 11.07.2022

Mitte April kündigte Real.de an, zum 2. Juli 2018 sein Marktplatz-Modell zu ändern. Online-Händler schließen den Kaufvertrag dann nicht mehr mit dem Marktplatz, sondern direkt mit dem Kunden. Im Interview verrät Claudia Schlüter, Leiterin Marktplatz Management & Development bei real.digital, warum man diesen Schritt geht.

Real Fahnen
© real.de

OnlinehändlerNews: Wieso fing man als Marktplatz nicht direkt mit dem ab Juli gültigen, „klassischen“ Modell an?

Claudia Schlüter, Leiterin Marktplatz Management & Development bei real.digital: real.de ist als Marktplatz aus dem Zusammenschluss mit der Plattform Hitmeister im Februar 2017 entstanden. Wir wollten möglichst schnell mit dem Marktplatz-Konzept live gehen, um zu sehen, ob unsere Idee auch in der Realität funktioniert. Um für unsere Händler den Umzug von Hitmeister auf real.de so einfach wie möglich zu gestalten, haben wir das bestehende Hitmeister-Konstrukt übernommen – die Händler mussten nichts weiter tun. Dass das Konzept aufgeht, haben wir bereits in den ersten Wochen festgestellt und auch direkt die Entscheidung zur Beantragung einer eigenen ZAG-Lizenz getroffen. Für uns war schnell klar, dass wir die Erlaubnis zur Erbringung von Zahlungsdiensten benötigen, um die Plattform auch in Zukunft skalieren zu können. 

Real.de ist nach eigenen Angaben die am schnellsten wachsende Plattform in Deutschland. Wieso sah man da die Veranlassung, das Modell umzustellen? Haben die „Rückfragen“ der Händler überhandgenommen bzw. kam zu oft negatives Feedback?

Das Wachstum bzw. die Schaffung der Grundlage für weiteres Wachstum in der Zukunft war in der Tat der Hauptgrund für unsere Entscheidung. Mit unserem alten Modell waren wir ein Unikum unter den Marktplätzen, was bei fast allen Händlern initial zu einigen Fragen führte und Prozessanpassungen notwendig machte. Wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Händler mit dem neuen Konzept noch viel schneller wachsen und dass wir leichter neue Partner für real.de begeistern können. Als Onlinehändler hat man eigentlich nicht einen Job, sondern 10. Unsere Händler müssen eigentlich Marketing-Experten, Logistik-Fachleute und Juristen sein – zudem Personaler, Software-Entwickler und selbstverständlich Grafik-Designer – daneben sind sie aber auch Einkäufer, Kundenservice-Profi und Finanzierungs-Fachmann – fundierte Kenntnisse in Buchhaltung und internationalem Steuerrecht sind obligatorisch. Daher möchten wir es unseren Händlern so einfach wie möglich machen. 

Die Händler wissen mittlerweile Bescheid – welches Feedback auf die Entscheidung bekommen Sie bislang von Ihnen?

Wir haben sehr viel positives Feedback bekommen. Vor allem freuen wir uns, dass kaum Rückfragen aufgekommen sind. Das zeigt uns, dass wir zum einen unsere Händler im Rahmen der Umstellung gut abgeholt haben, sie zum anderen aber auch mit dem neuen Modell vertraut sind, weil sie die Abläufe einfach bereits kennen. Dies spiegelt sich auch in der schon heute sehr hohen Akzeptanzquote der neuen AGB wider, die von den Händlern direkt beim Einloggen im Konto per Klick akzeptiert werden können. Es haben sich erfreulicherweise ebenfalls schon viele Händler gemeldet, die nun aufgrund der Umstellung ihr Sortiment erweitern oder mit dem Verkauf auf real.de beginnen möchten. Obwohl es sich bisher nur um eine „rechtliche/logische Sekunde“ handelte, in der wir als real die Ware vom Händler erwarben, um dann direkt an den Kunden zu verkaufen, werteten einige Hersteller und Lieferanten diesen Umstand als B2B-Geschäft und untersagten den Händlern den Verkauf. Händlern mit geringen Volumina war es zudem bisher nicht möglich, die sogenannte Kleinunternehmer-Regelung auf real.de anzuwenden. Mit der Umstellung des Marktplatz-Modells konnten wir auch diese Hürden für Händler aus dem Weg räumen. 

In der Mitteilung an die Händler schreiben Sie, dass die Umstellung „ein Stück mehr Verantwortung, dafür aber auch maximale Freiheit und Flexibilität bei der Artikellistung“ bringen wird und beziehen sich dabei auch auf die Produktdarstellung. Was bedeutet das konkret für die Händler?

Aktuell verkaufen 5.000 Händler ihre Produkte in über 5.000 Kategorien auf real.de. Die rechtlichen Anforderungen an die Produktdarstellung sind enorm und von Kategorie zu Kategorie ganz unterschiedlich. Darüber hinaus wachsen die Anforderungen durch den Gesetzgeber von Jahr zu Jahr. Unser Produktdatensystem kann bereits einen großen Teil der eingespielten Daten automatisiert verarbeiten und auch durch verschiedenste Algorithmen auf rechtliche Anforderungen prüfen.  Mit dem neuen Modell geben wir unseren Partnern ein Stück mehr Verantwortung, in dem wir zum Beispiel einige komplexe Kategorien zum Listen freigeben und neue erschließen, z.B. könnte die Kategorie Medikamente zukünftig ein Thema sein. Hier sind wir schlichtweg kein Experte – der Verkauf muss daher auf der Plattform unbedingt durch den Händler erfolgen.

Ändert sich für die Kunden etwas?

Einzig der Vertragspartner ändert sich. Sowohl Kunden als auch Händler genießen die gleichen Services wie heute auch.

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