Themenreihe Logistik

Zukunftstraum auf Abruf: Sind Drohnen und Roboter die Zukunft der Logistik?

Veröffentlicht: 03.04.2024 | Geschrieben von: Ricarda Eichler | Letzte Aktualisierung: 08.04.2024
Roboter in der Logistik

Dieser Artikel ist Teil unserer Logistik-Themenreihe. In verschiedenen Beiträgen stellen wir zentrale Schwerpunkte wie Hürden innerhalb der Lieferketten, moderne Arbeitszeitmodelle in der Branche, Potenziale künstlicher Intelligenz, rechtliche Absicherung beim Versand oder die Optimierungen von Verpackungen in den Fokus.

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Immer mehr Bereiche des Handels verlagern sich Richtung E-Commerce. Doch mehr bestellte Ware, bedeutet auch mehr Zustellungen. Gleichzeitig wird angesichts des Pariser Abkommens ein Umdenken auf Nachhaltigkeit in der Logistik immer dringlicher. Wie lassen sich diese beiden Prämissen nun miteinander vereinbaren? 

Eine Option, die vor zehn Jahren noch für Sci-Fi-Content gehalten worden wäre, aber mittlerweile langsam in unserer Realität anzukommen scheint, ist die Zustellung via Roboter oder Drohnen. Autonome Zustellungen versprechen eine schnelle und sichere Zustellung mit einem geringeren Personalaufwand und in vielen Fällen auch einem deutlich verringerten CO₂-Ausstoß. Ob das wirklich so gut klappt und welche Hürden es noch gibt, ergründet der folgende Artikel.

Vor diesen Herausforderungen steht die Letzte Meile

Kaum ein Aspekt der Zustellung bereitet Logistikern mehr Arbeit als die Letzte Meile. Dieser Abschnitt, auf dem das Paket innerhalb der Zustellregion seiner Enddestination zugeführt wird, birgt schließlich eine Vielzahl möglicher Probleme. Von abwesenden Empfänger:innen, über Versuche das Paket an Ablageorte abzustellen oder Nachbar:innen zu übergeben bis hin zum Risiko des Paketverlusts.

Liegt die Destination in einer belebten Stadt, können Verkehrsbehinderungen oder Umweltzonen zusätzliche Herausforderungen darstellen. Im Stau stehende Lieferwagen verursachen dabei eine zusätzliche Umweltbelastung durch ausgeschiedene Abgase. Ein Grund aus dem immer mehr Logistikunternehmen die Letzte Meile über Lastenräder oder sogar Boote (Pilotprojekt der DHL in Berlin – wir berichteten) umsetzen. 

Diese Optionen mögen in Theorie umweltschonender sein, stoßen aber oft auf praktische Hürden. Begrenzte Transportmengen, hoher Personalaufwand oder auch geringe Flächenabdeckung der Wasserwege. Deutlich flexibler scheinen da schon umherfliegende Drohnen oder selbstfahrende Roboter.

 

Wenn Wall-E das Paket bringt

Die Vorstellung von der Paketzustellung per Roboter weichen bisweilen noch von der Realität ab. Statt humanoider Kumpel, die das Paket überreichen, sehen die autonomen Zustellroboter dabei meist aus wie ein etwas klein geratenes Auto. In jedem Fall treffen die Fahrzeuge aber meistens auf eine Handvoll Hindernisse, reichend von Bordsteinkanten bis hin zu unerwarteten Verkehrsbeschränkungen.

Hinter den entsprechenden Entwicklungen stecken dabei nicht immer Logistikunternehmen, wie ein US-Projekt aus dem Jahr 2022 zeigt. In Kooperation mit dem Automobilzulieferer Magna International entwickelte der Robotik-Spezialist Cartken den Roboter „Modell C“. Dieser wurde zunächst im Zusammenhang mit Pizza-Lieferungen im Raum Detroit getestet.

Modell C kann mit Geschwindigkeiten bis 32 Kilometer pro Stunde auf öffentlichen Straßen fahren. Auf Verkehrsgeschehen reagiert der Roboter mit einem Mix aus maschinellem Lernen sowie einem Fernwartungssystem, welches bei Bedarf menschliche Servicekräfte hinzuzieht.  

Ein vergleichbares Projekt startete Cartken in diesem Jahr auch in Japan. In Kooperation mit Mitsubishi bietet das Unternehmen dem Essenslieferdienst Uber Eats dort seit Februar seine Zustellroboter an. Was beide Projekte aber deutlich machen, ist die beschränkte Kapazität der Fahrzeuge. So fassen diese zwar Pakete oder Essen verschiedener Volumina, für gewöhnlich aber nur für Einzelzustellungen. 

 

Aktuelle Entwicklungen sind vor allem Grundlagenforschung

Adaptiert man dieses Szenario auf die Versandlogistik im weiteren E-Commerce, würde das bedeuten, dass jedes einzelne Paket mit einem einzelnen Roboter zugestellt werden muss. Das bedeutet nicht nur eine hohe Investition in eine hohe Anzahl an Robotern, sondern im Extremfall auch Straßen voller Lieferroboter. 

Was sich an den bisherigen Tests in Sachen Robotik ablesen lässt, ist vor allem eine stete Entwicklung der Technologien. Aber auch noch eine Vielzahl von Hemmnissen, die gegen einen flächendeckenden Einsatz sprechen. Neben der begrenzten Frachtkapazität können so oft auch noch keine Hürden, wie Treppen, überwunden werden. Das bedeutet für die Be- wie auch Entladung menschliche Zuarbeit. 

Wo Roboter dagegen glänzen können, sind beschränktere Einsatzgebiete wie beispielsweise interne Zustellprozesse in Versandlagern oder auf Firmengeländen. Hier lassen sich Hindernisse deutlich besser antizipieren und der Transport stellt eine effektive Entlastung für die anwesenden menschlichen Kolleg:innen dar. 

Grenzen gibt es auch am Himmel

Fast noch futuristischer als Roboter auf unseren Straßen, wirkt auf viele Menschen die Vorstellung, Pakete zukünftig durch Drohnen zugestellt zu bekommen. Gibt es auf Straßen Leitmittel wie Bordsteine und Straßenmarkierungen ist der Luftraum deutlich schwieriger zu regulieren und ist deswegen – aus gutem Grund – deutlich strenger reguliert. Um diesen kommerziell nutzen zu können benötigt es mindestens einer Genehmigung durch das Luftfahrtbundesamt. Und diese ist an strenge Auflagen gekoppelt.

Erst vor wenigen Wochen wurde eine solche Genehmigung für ein Projekt ausgesprochen: Der nordrhein-westfälische Handwerksbetrieb Koerschulte GmbH versucht derzeit eine fliegende, alternative Lieferlogistik im Raum Lüdenscheid aufzubauen.  

Mithilfe einer Drohne des US-amerikanischen Herstellers Third Element Aviation sollen bis zu 80 Pakete pro Tag mit einem jeweiligen Maximalgewicht von 6,5 Kilogramm transportiert werden. In der Region sollen andere Expresszustellmethoden oft am Verkehrschaos auf der Straße scheitern – doch „50 Meter darüber ist alles frei“, so kommentiert Marius Schröder, CEO von Third Element Aviation gegenüber dem Portal Drones-Magazin

Zu den wichtigsten Fragen, neben dem Sicherheitsaspekt, zählen bei der Luftzustellung der Personalaufwand sowie die Kosten. Im Falle der in Lüdenscheid eingesetzten Drohne vom Typ Auriol soll eine speziell geschulte Person als Fernpilot:in benötigt werden. Auch was die Kosten für das beauftragende Unternehmen angeht, sollen diese einer Zustellung auf der Straße entsprechen. 

Einen entscheidenden Beitrag zu Kosteneffizienz liefert ein speziell entwickelt Drohnen-Leitstand von HHLA Sky, einer Tochter der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Diese entwickelten ein Integriertes Control Center (ICC), welches die automatisierte Überwachung gleich mehrerer unbemannter Flugobjekte durch eine einzelne Person mit Flugausbildung ermöglicht.

 

Gewinn für die Industrie – doch was ist mit dem B2C?

Die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen macht grundsätzlich Hoffnung auf zukünftige Entwicklungen in der Luftzustellung. Jedoch weisen sie auch deutlich auf Baustellen in der kommerziellen und großflächigen Umsetzung hin. So lassen sich zwar offenbar Genehmigungen bei der Luftfahrtbehörde erreichen, doch steckt hinter der Beauftragung ein hoher Aufwand. Ist die Genehmigung erwirkt, gilt diese weiterhin erst einmal nur für konkret bewilligte Luftrouten. Weitere Routen müssen separat beantragt werden. Alles in allem scheint die Drohnenzustellung daher eher für die Industrie ein Zugewinn.

Hier lassen sich Routen langfristig planen und schnelle Zustellungen auf diesen können einen tatsächlichen Mehrwert im Vergleich zur Straßenzustellung bieten. Das Ganze sieht im B2C-Segment natürlich anders aus. Statt den festen Routen einiger weniger fixer Unternehmen gibt es hier schließlich unzählige, wechselnde Einzelakteur:innen und vor allem einen großen Wunsch nach Flexibilität – und die möglichst günstig bis kostenlos.  

Daher noch einen kurzen Blick, auf ein Pilotprojekt, welches sich auf den B2C-Sektor konzentrierte: Das Projekt Drohnen-Lastenrad-Express-Belieferung (DrolEx) wurde im Oktober 2023 durch die Frankfurt University of Applied Sciences (UAS), den Drohnenhersteller Wingcopter, den Lastenradhersteller Riese & Müller, sowie Vodafone und Rewe ins Leben gerufen. In der hessischen Kleinstadt Michelstadt konnten Verbraucher:innen im Rahmen dessen zwischen Oktober 2023 und März 2024 Lebensmitteln bestellen und per Drohne zugestellt bekommen.

Doch nicht ganz – denn wie bereits der Name und die Kooperationspartner offenbaren, kommt hier ein Mix aus Drohne und Lastenrad zum Einsatz. Wie die Deutsche Verkehrszeitung schrieb, wurden den Bestellungen vom Supermarkt zunächst per Lastenrad zum Drohnen-Flugfeld gebracht und dann zu einem festen Landepunkt geflogen. An diesem wartete ein zusätzliches Lastenrad für die finale Zustellung. Auch hier wurden also lediglich vier vordefinierte Flugrouten bewilligt.

Fazit: Forschung für morgen

Stell Dir vor: Du sitzt entspannt am Frühstückstisch und scrollst durchs Internet, bis Du das Produkt Deiner Träume siehst. Bestellt, bezahlt und in wenigen Stunden ist es per Drohne im Vorgarten zugestellt. Du glaubst, diese Geschichte ist wahr? Dann muss ich Dich leider enttäuschen – Sie ist, Stand heute, noch Zukunftsmusik.

Es gibt, wie hier etabliert, zahlreiche Projekte in Richtung autonomer Zustellung auf der letzten Meile. Aber sei es der Roboter auf der Straße oder die Drohne in der Luft – praktikable sowie bürokratische Hürden stehen einer großflächigen, kommerziellen Nutzung im Weg. Aber diese Hürden dienen dabei vor allem der Sicherheit, schließlich möchte auch niemand, dass die Drohne im Hinterhof auf den dort spielenden Kindern landet.

Und Industrie, Forschung, wie auch Logistik, sind sich dessen bewusst. Die aktuellen Projekte sollen daher vor allem eins: Daten erheben. Es handelt sich also primär um Grundlagenforschung, die den Weg ebnen soll, für mögliche zukünftige Entwicklungen. 

 

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Über die Autorin

Ricarda Eichler
Ricarda Eichler Expertin für: Nachhaltigkeit

Ricarda ist im Juli 2021 als Redakteurin zum OHN-Team gestoßen. Zuvor war sie im Bereich Marketing und Promotion für den Einzelhandel tätig. Das Schreiben hat sie schon immer fasziniert und so fand sie über Film- und Serienrezensionen schließlich den Einstieg in die Redaktionswelt.

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