Rechtsmissbrauch und Geldmache?!

Abmahnmissbrauch? Bundesgerichtshof urteilt über Ido Verband

Veröffentlicht: 30.03.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 12.04.2023
David vs Goliath Business-Konzept

Wer Online-Handel sagte, musste viele Jahre auch Ido Verband sagen. 2013 haben wir das erste Mal über den Verband mit Sitz in Leverkusen berichtet und in den letzten zehn Jahren kochten die Emotionen in der Branche hoch, wenn das Stichwort fiel. Seit es das nun nicht mehr so neue Gesetz gegen Abmahnmissbrauch gibt, ist es ruhig geworden.

Wildwuchs bei Abmahnverbänden eingedämmt

Rechtsmissbrauch, geschwärzte Listen und Mitgliederfang durch Massenabmahnungen: Diese und jede Menge andere Vorwürfe musste sich der Ido Verband eigentlich schon seit Beginn seiner Abmahntätigkeit gefallen lassen. Nichtsdestotrotz schaffte es der Verband, sich fast eine Dekade über Wasser zu halten. Im Dezember 2020 ist dem ganzen Geschäftsmodell jedoch ein Riegel vorgeschoben worden.

Das Gesetz gegen Abmahnmissbrauch schränkt Wirtschaftsverbände und qualifizierte Einrichtungen seitdem in Sachen Abmahnungen ein. Der Ido Verband musste sich, wie alle anderen Verbände und Vereine auch, als qualifizierter Wirtschaftsverein in eine bestimmte Abmahnliste eintragen lassen, um weiterhin Abmahnungen aussprechen zu dürfen. Das hat der Ido Verband entweder nicht versucht oder ist mit dem Versuch gescheitert, denn seit einiger Zeit gibt es zur Freude der Händler keine Ido-Abmahnungen mehr.

BGH urteilt: Ido Verband muss sich nichts vorwerfen lassen

Nichtsdestotrotz gibt es noch Altlasten, die der Ido Verband bewerkstelligen muss. So ein Verfahren vor dem BGH, welches sich mit dem Thema Rechtsmissbrauch und Mitgliederstruktur befasst (Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.01.2023, Az.: I ZR 111/22). Der BGH urteilte zugunsten des Verbandes, wie ein gerade veröffentlichtes Urteil zeigt

Dem Ido Verband wurde oft vorgeworfen, dass er viel zu wenig Mitglieder habe oder diese nicht repräsentativ aus den relevanten Branchen stammen. Grund: Die Abmahn- und Klagebefugnis setzt voraus, dass ein Verband die Interessen einer erheblichen Zahl von Unternehmern wahrnimmt, die auf demselben Markt tätig sind wie der Abgemahnte. Der BGH relativiert das Ganze jedoch wieder. Für die Abmahnbefugnis reiche schon eine geringe Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder aus. Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmern repräsentativ sind, kommt es nicht an. Der Wille nach „ernsthafter kollektiver Wahrnehmung der Mitgliederinteressen“ reiche aus.

Ido Verband konnte Geldmacherei nicht nachgewiesen werden

Außerdem wurde bestätigt, dass der Verband, zumindest in dem entschiedenen Fall, nicht rechtsmissbräuchlich handelte. Ein vorwerfbares Gebührenerzielungsinteresse verneinten die Instanzen. Auch die Menge der Abmahnungen sowie die systematische Verschonung der eigenen Mitglieder alleine deute nicht darauf hin. Im Fazit wurde dem Ido Verband nun auch vom höchsten deutschen Zivilgericht quittiert, dass alles mit rechten Dingen zuging – zumindest in dem einen Fall und unter damaliger Rechtslage. Später musste sich der Ido Verband sehr wohl verantworten.

Auslöser für das ganze Verfahren vor dem BGH war eine Standard-Abmahnung aus dem Jahr 2019 gegen einen Tierfutterhändler, der bei Google Shopping beim Angebot von Katzenfutter keinen Grundpreis angab. Er wollte die Abmahnung nicht auf sich sitzen lassen. Schließlich landete die Sache beim BGH, wo sie nach vier Jahren Prozessen aber erfolglos für den Händler ausging.

 

Hinweis: Auch wenn erst einmal keine Abmahnungen des Ido Verbandes zu erwarten sind, bleiben die unterzeichneten Unterlassungserklärungen weiterhin bestehen und sind zu befolgen. Andernfalls kann eine Vertragsstrafe gefordert werden.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#4 DIETERBRANDES 2023-04-08 10:36
Gesetz gegen Abmahnmissbrauch

Alleine das ist schon in sich ein Eingeständnis der ABSOLUTEN Unfähigkeit für die Menschen, die hier so ein Gesetz aufgestellt haben. Das sind wohl Politiker, aber viel mehr auch die, die dahinter stehen.


Es zeigt, mal wieder, das Gesetze nicht durchdacht sind und andere Gesetze benötigen um sie zurechtzurücken . Und es zeigt dass man mit Hilfe der bestehenden wohl stets sehr unausgereiften Gesetze ein Flickenwerk an Gesetzgebung geschaffen hat.

Der normale Weg wäre doch, das zu Grunde liegende Gesetz zu ändern und damit kein neues nötig zu machen. Dies auch auf Grund der sog. Rechtshygiene und Vereinfachung. Das muss doch handelbar sein und nicht ein Patchwork von Verordnungen und Gesetzen, die kaum noch einer beherrscht.

Wo bleibt eigentlich der Bürger, der Mensch der kein Superjurist ist? Genau, der bleibt auf der Strecke und den macht der Jurist zum Idioten, zum potentiellen Straffälligen, Kriminellen.

Wenn alles was juristisch zu belangen wäre tagtäglich geahndet würde, dann wär jeder Schliesser im Knast selber auch inhaftiert und alle wären frei.

Die Juristerei ist ein Bereich des Lebens, der von Unzulänglichkei ten und Dummheiten nur so strotzt und ...

Ich verstehe garnicht, dass sowas kaum einer ausspricht und publiziert. Da muss doch mal was passieren. Ich hoffe, das das bald alles durch die KI georgelt wird, wenn die intelligent genug ist und dann eine funktionierende Gesetzgebung geschaffen werden kann. UND DANN EINE WELTWEITE Gesetzgebung und nicht mehr der alte Nationalismus. Es ist nur grauenhaft, wie wenig Leistung die Menschheit im Bereich Bürokratie leistet.

Wäre ein Ingenieur oder Biologe so sch... wie ein ... in seinen Ergebnissen, dann würden wir immer noch auf den Bäumen hocken. Doch wir fliegen nun bald zum Mars ... Also liebe Juristen und Politiker in den entsprechenden Stellen, strengt euch an, damit man euch nicht weiter hasst.
Und auch ihr anderen macht was.
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#3 Roland Bär 2023-04-06 16:26
Das heisst nichts anderes die Abzockerwillkür ist rechtens.

Da kann ich mich nur wiederholen. Abzocken bleibt leicht gemacht.
Nenne mir einen Nichtjuristen der das Urteil rechtfertigt.

Offiziell und praktisch gibt es keinen Missbrauch.

Alle diese "Verbände" wie IDO "Sozialer Wettbewerb" etc. wollen die fairen Wettbewerb Frau Bachmann?
Glauben Sie Frau Bachmann, dass auch es auch nur einen Verband gibt, der nicht nur kassieren will?
Bitte nennen sie uns Händlern einen oder mehrere und begründen Sie bitte!!!
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#2 cospoartde 2023-04-06 11:33
Solche sich in ihrer Art wiederholende BGH Urteile sind natürlich einerseits unmissverständl iche politische Botschaften an die Unternehmer unserer Gesellschaft. Andererseits, wer etwas Erfahrung mitbringt, nimmt schon zur Kenntnis das gerichtliche Entscheidungen zunächst das Eigeninteresse der Branche - die Erhaltung und Maximierung der Streitfälle - berücksichtigen .
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#1 Matze 2023-04-05 14:59
Es gibt inzwischen viele BGH - Urteile die nicht nachvollziehbar sind
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