Überzogene Mahngebühren

Verbraucherzentrale Sachsen ruft zur Sammelklage gegen Zalando auf

Veröffentlicht: 27.10.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 30.10.2023
Zalando-Zentrale in Berlin

Erst die Ware, dann das Geld. Nach diesem Grundsatz kaufen viele Menschen immer noch gerne im Internet ein. Bleibt bei den Unternehmen dann die fällige Zahlung aus, greifen viele erst zur kostenfreien Zahlungserinnerung und im nächsten Schritt zu einer kostenpflichtigen ersten und zweiten Mahnung. Über die Höhe lässt sich trefflich streiten, denn gefestigte Rechtsprechung gibt es noch nicht. Das könnte sich bald ändern, wenn die von Zalando seit Mitte Oktober 2023 verlangten Mahngebühren auf dem Richtertisch landen.

„So holen wir gemeinsam ihre Mahnkosten zurück“ 

Relativ populistisch weist die sächsische Verbraucherzentrale die säumige Zalando-Kundschaft auf ein vermeintlich rechtswidriges Vorgehen hin. Seit dem 13.10.2023 soll einer der größten deutsche Mode-Shops mit der zweiten Mahnung einen Betrag von 5,30 Euro von seiner säumigen Kundschaft verlangen. „Viele zahlen diesen Betrag, schließlich haben sie die Zahlungsfrist versäumt und vertrauen darauf, dass sich einer der größten europäischen Versandhändler an geltendes Recht hält“, kommentiert die Verbraucherzentrale Zalandos Vorgehen.

Verbraucherinnen und Verbraucher, die eine identische Zahlungsaufforderung per Mail erhalten haben, können sich ab sofort einer möglichen Sammelklage anschließen, denn die Kosten seien nicht mit geltendem Recht vereinbar. Zum einen gäbe es keine Grundlage in den Zalando-AGB. Zum anderen seien die tatsächlich anfallenden Kosten bei E-Mail-Mahnungen „verschwindend gering“.

Unternehmen kommen mit rechtswidrigen Praktiken nicht mehr durch

Teilnehmen können alle Betroffenen, die ebenfalls eine solche Mahnung ab dem 13. Oktober 2023 erhalten und bezahlt haben und das entsprechende Formular der Verbraucherzentrale Sachsen ausgefüllt haben. Die Verbraucherzentrale prüft im Anschluss, ob die für eine Sammelklage nötige Anzahl an Betroffenen zusammengekommen ist und reicht die Klage ein. Auch ein späterer Anschluss ist noch möglich. 

Den Weg frei für die Möglichkeit der Sammelklage eröffnete erst ganz frisch das neue Verbandsklagegesetz, welches genau für solche Fälle geschaffen wurde. Exakt an dem Tag, an dem Zalando seine möglicherweise unlauteren Zahlungsaufforderungen verschickte, trat das Gesetz erst in Kraft und lieferte damit offenbar eine Steilvorlage für die Verbraucherschützer. Damit ist die drohende Sammelklage gleich der erste große Praxistest für die neue Klagemöglichkeit. Vor allem die Kleinstbeträge wie in dem aktuellen Fall können nun gebündelt auf den Prüfstand gelangen, während es nach altem Recht kaum einer wegen fünf Euro auf einen Rechtsstreit ankommen ließ.

Wir haben Zalando um ein Statement gebeten, welches wir ergänzen, sobald es uns vorliegt.

Update vom 30.10.2023

Zalando teilte unserer Redaktion mit, dass man für eine zweite Mahnung lediglich eine Gebühr von 3,50 Euro in Rechnung stelle, was jedoch nur einen geringen Anteil der Kund:innen überhaupt betreffe. Auf Nachfrage machte das Unternehmen jedoch keine weiteren Angaben zu den beanstandeten Mahngebühren. Ob das vorgeworfene Mahnprozedere daher aktuell noch angewandt wird, ist unklar. Auch zu der aktuell drohenden Sammelklage machte Zalando keine Angaben.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#5 Ralf 2023-10-30 13:28
Wegen 5,30 Mahngebühr? Und die würden angeblich nicht Relation zu Kosten stehen? Glauben die eine KI verschickt die? Wenn man anmahnt, prüft man in der Regel manuell nach, ob die Zahlung vom System nicht zugeordnet werden konnte. Für jedes Seriöse Unternehmen ist es wichtig keine Mahnung fälschlicherwei se zu versenden, daher wird immer geprüft, ob die Zahlung übersehen oder vom System nicht identifiziert worden konnte und das ist Zeit und damit Arbeitslohn was kostet.
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#4 alf 2023-10-30 11:40
5,30 € das ich nocht Lache, es ist zwar schade wenn man das zahlen muss, aber irgendwie müssen sich zusätzliche Mahnabteilungen auch finanzieren. Sollen diese Kosten etwa alle Kunden tragen in dem solche Aufwandskosten gleich in den Produktpreis mit einkalkuliert werden ?

Würden alle Kunden pünktlich Zahlen, bräuchte der Handler keine Mitarbeiter für das Mahnwesen, Keine Software für das Mahnwesen etc.. Das alles kostet Geld und wer die Dienstleistung des "extrem später zahlen" in Anspruch nimmt sollte auch dafür zahlen.
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#3 luxxx 2023-10-30 10:14
Ich mag es nicht auf offene Rechnung zu kaufen. Das spätere bezahlen ist nur ein zusätzlicher Schritt der streßt, an den man also denken muß, den man vergessen / verpassen kann. Dann muß man nur wieder ein schlechtes Gewissen gegenüber seinem Kundenbetreuer (z.B. Großhandel) haben oder hat sogar Mehrkosten.

Ich habe selbst meine Ware die ich in China für mich produzieren lassen habe immer komplett vorab in Vorkasse bezahlt. Und das waren immer 5 stellige Beträge.

Das einzige was noch schlimmer ist als die Zahlung auf Rechnung, ist die Raten Zahlung. Sowas habe ich erst 1 mal in meinem Leben gemacht. Meine Spülmaschine war unterm Strich mit Ratenzahlung damals 50€ billiger als ohne, vermutlich weil da eine Provision der finanzierenden Bank floß. Also habe ich in den sauren Apfel gebissen und sie über 1 Jahr finanziert.

Sinn macht eine Zahlung auf Rechnung meiner Meinung nach nur, wenn man bei einem komplett unbekannten Unternehmen (ohne Referenzen) und ohne den Schutzschirm eines Marktplatzes für einen höheren Betrag bestellt. Das kommt bei mir aber in der Regel nicht vor, weil man bei solchen Anbietern im Preisvergleich selten attraktiven Preise findet. Oder es Fakeshops sind, die man nur per Vorkasse bezahlen kann (was ich natürlich lasse). Ausnahmen sind erfahrungsgemäß nur wenige mittelgroße Anbieter, die erkannt haben, dass es konsequent richtig ist ihre Ware, die sie auf Marktplätzen anbieten, für ein paar cent weniger auch über den eigenen Webshop zu verkaufen. Sowas nutze ich, wenn ich es sehe auch ohne Bedenken per Vorkasse.
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#2 René 2023-10-30 07:56
Wer in heutigen Zeiten noch auf Vorkasse verkauft dem ist nicht mehr zu helfen und es braucht auch keine Mahnungen. Inzwischen interessiert es den "Kunden" nicht mehr ob gemahnt wird. Die meisten wissen gar nicht das sie etwas gekauft haben geschweige denn in welcher Höhe.
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#1 DS 2023-10-30 07:55
Was ein Unfug - wer zweimal vergisst zu zahlen muss blechen - ganz einfach. Schließlich wurde zuvor auch eine Leistung erbracht. Ich persönlich sehe da kein Problem. Aber das ist mal wieder typisch deutsch. Immer schön gegen die Wirtschaft und sich dann wundern, wenn hier keiner mehr ernsthaft ein Unternehmen aufbauen will. Von den vielen ARbeitsplätzen mal abgesehen...
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