Mit chinesischen Händlern

Temu startet Angriff auf den US-Markt

Veröffentlicht: 15.03.2024 | Geschrieben von: Ricarda Eichler | Letzte Aktualisierung: 15.03.2024
Temu auf Smartphone

Der chinesische Billig-Marktplatz Temu möchte seinen internationalen Einfluss weiter ausbauen. Doch gegenüber Amazon hatte die Plattform bisher einen riesengroßen Nachteil: Sämtliche Waren wurden aus China geliefert und brauchten hierfür natürlich deutlich länger. Das soll sich jetzt, zumindest in den USA, ändern. Wie eine Recherche von Marketpulse zeigt, wurden mittlerweile rund 1.000 Händler:innen mit Lagerstandort in den USA aufgenommen. Bei diesen handelt es sich jedoch ausschließlich um chinesische Unternehmen.

Spricht Temu gezielt chinesische Amazon-Seller an?

Mit der im Januar angekündigten Öffnung für US-Seller machte Temu an sich einen Schritt in Richtung Öffnung für den US-Markt. Doch statt tatsächlichen US-Unternehmen befinden sich unter den ersten 1.000 neuen Verkaufskonten vor allem chinesische Shops, welche lediglich einen lokalen Lagerstandort in den USA betreiben.

Viele dieser Seller seien ebenfalls bereits auf Amazon vertreten und hatten hierfür ohnehin bereits Lager in den USA, um die auf Amazon notwendige schnelle Lieferung ermöglichen zu können. Die betreffenden Unternehmen verkaufen die Produkte auf Temu dabei teilweise zu günstigeren, teilweise zu teureren Produkte. Die Unterschiede könnten auf verschiedene Gebührenmodelle zurückzuführen seien. 

Laut Prognosen von Marketpulse wird Temu aller Wahrscheinlichkeit nach versuchen, sämtliche auf Amazon verkaufende Unternehmen auch für sich zu gewinnen. Der Schritt hätte für Temu klare Vorteile. Die betreffenden Unternehmen sind die Herangehensweise eines Marktplatzes gewohnt, haben bereits lokal gelagerte Inventare und trotzdem einen Unternehmenssitz in China, was regulatorische Absprachen durchaus vereinfachen kann.

 

Temus Logistik nähert sich dem Amazon-Modell zunehmend an

Die flächendeckende Lieferung aus China zählt mit zu einem der größten Kritikpunkte an Temu. Für Umweltschützer:innen ist sie vor allem wegen des hohen Co2-Ausstoßes ein Dorn im Auge. Doch auch durch Amazon-verwöhnte Verbraucher:innen erfreuen sich wenig an den deutlich längeren Lieferzeiten.

Indem Temu jetzt verstärkt auf lokale Lager setzt, soll sich das ändern. Ähnlich wie auch auf Amazon gibt es auf dem Temu-Marktplatz dann zweierlei Seller-Arten: Jene, die das durch die Plattform angebotene Fulfillment nutzen, sowie jene, die ihr Fulfillment selbst oder durch ein Drittunternehmen umsetzen. 

Das hauseigene Fulfillment bei Temu unterscheidet sich jedoch deutlich vom Amazon-Modell. Statt lediglich den Versand auszulagern, handelt es sich vielmehr um eine Art Kommissionshandel, bei welchem die Seller ihre Waren nach China auslagern und den Verkauf praktisch vollständig durch Temu abwickeln lassen. 

Öffnung soll auch in Europa erfolgen

Auch in Europa soll es dieser Tage mit der Aufnahme hiesiger Verkäufer:innen losgehen. Ob diese ein Erfolg wird, bleibt abzuwarten. Bereits die Versuche chinesischer Plattformen wie Wish oder AliExpress, mit europäischen Unternehmen zu kooperieren, verliefen eher kläglich. Trotz ihres wirtschaftlichen Erfolgs haben alle drei Plattformen ein gewisses Ramsch-Image, welches größere Marken eher meiden wollen.

Dennoch lässt sich die wachsende Bedeutung Temus nicht von der Hand weisen. Mit den neuen Verkaufsoptionen und dem eigenständigen Versand entwickelt man sich zunehmend zu einer Konkurrenz für Amazon. Von Kontensperrungen und anderen Problemen geplagte Amazon-Seller könnten darin schließlich auch eine Chance sehen.

Über die Autorin

Ricarda Eichler
Ricarda Eichler Expertin für: Nachhaltigkeit

Ricarda ist im Juli 2021 als Redakteurin zum OHN-Team gestoßen. Zuvor war sie im Bereich Marketing und Promotion für den Einzelhandel tätig. Das Schreiben hat sie schon immer fasziniert und so fand sie über Film- und Serienrezensionen schließlich den Einstieg in die Redaktionswelt.

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Kommentare  

#1 Roland Bär 2024-03-18 10:05
Ich bin kein Fan von Temu, aber ich hoffe Amazon wird nachhaltig geschwächt und muss die abartige Behandlung der Verkäufer aufgeben. Die relative "Verkäuferfreun dlichkeit" von ebay kam durch die Konkurrenz von Amazon.
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