Themenreihe Logistik

Transportschäden und Paketverlust: Wer haftet für den Schaden?

Veröffentlicht: 02.05.2023 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 04.05.2023
Zerbrochenes Glas im Paket

Vom Zeitpunkt, zu dem das Paket dem Versanddienstleister übergeben wird, bis die Kundschaft es in den Händen hält, kann einiges passieren. Pakete können verloren gehen, beschädigt werden, bei einer falschen Person abgegeben werden. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass das Paket bei der Nachbarwohnung abgegeben wurde, dort aber niemand mehr die Tür öffnet. Bis auf die richtige Versandverpackung und die Angabe der richtigen Adresse haben Händler:innen oft wenig Einfluss darauf, was mit der Ware unterwegs passiert. Aber wer haftet in diesen Fällen?

Wer haftet, wenn das Paket verloren geht?

Wie es in der Juristerei so üblich ist, heißt es hier: Es kommt drauf an. Entscheidend ist, was für ein Vertrag geschlossen wurde und vor allem, wer die Vertragsparteien sind. Denn danach regelt sich der sogenannte Gefahrenübergang. Der Gefahrenübergang regelt, bis zu welchem Zeitpunkt man dafür verantwortlich ist, dass die Ware von einer anderen Person oder von einem unvorhergesehenen Ereignis beschädigt oder zerstört wird. 

Also ob man seine Pflicht erfüllt hat, sobald man die Waren dem Transportunternehmen zur Verfügung gestellt hat, oder ob man verantwortlich ist, bis das Paket im Hause der Kundschaft angekommen ist. 

Das gilt bei Verbraucherverträgen

Wenn eine gewerblich handelnde Person Verträge mit Verbraucher:innen abschließt, liegt das Transportrisiko grundsätzlich bei der gewerblich handelnden Person, also bei dem Händler oder der Händlerin. Händler:innen sind also nicht ab dem Moment fein raus, ab dem sie das Paket beim Transportdienstleister abgegeben haben. Sondern erst dann, wenn die Ware unversehrt bei der Kundschaft ankommt. 

Bei Transportschäden handelt es sich um einen gewöhnlichen Sachmangel, bei dem ein Anspruch nach dem Gewährleistungsrecht besteht. Wenn die Ware also beschädigt wird, kann Nacherfüllung verlangt werden. Also entweder eine Reparatur oder die Zusendung eines neuen Produkts. Wenn das Paket auf dem Weg verloren geht, wurde die Vertragspflicht noch nicht erfüllt und der Kaufpreis kann, sofern er schon gezahlt wurde, zurückverlangt werden. 

Eine Ausnahme davon, dass das Unternehmen immer haftet, gibt es nach den gesetzlichen Vorgaben allerdings. Im Gesetz heißt es dazu, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung nur dann auf den Käufer oder die Käuferin übergeht, wenn er oder sie den Spediteur, den Frachtführer oder die sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person oder Anstalt mit der Ausführung beauftragt hat. 

Zum besseren Verständnis ein Beispiel:

Unternehmer und Möbelhändler Hans hat Kundin Maria ein Regal verkauft. Da das Geschäft von Hans zufällig in der Stadt ist, in der Marias Schwester Lisa wohnt, schlägt Maria vor, dass Lisa das Regal abholt und Maria mitbringt. Hans stimmt zu und nimmt das Ganze im Vertrag auf. Auf der Autofahrt hat Lisa allerdings einen Unfall und das Regal geht kaputt. 

In diesem Fall haftet Hans nicht, denn die „Gefahr des zufälligen Untergangs“, also dass das Regal zerstört wurde, ohne dass der Verkäufer oder die Käuferin einen Einfluss darauf hatte, ist auf Maria übergegangen. Allerdings hat hier die Kundin selbst bestimmt, dass ihre Schwester das Regal mit dem Auto transportieren soll, in diesem Fall ist es dann auch „ihr Problem“, wenn auf der Fahrt etwas schiefgeht. 

Etwas andere wäre es gewesen, wenn Hans seinen Spediteur losgeschickt hätte oder das Regal an einen Transportdienstleister übergeben hätte. Wenn das Regal auf diesem Wege kaputtgegangen wäre, hätte Hans ein neues Regal liefern müssen.

Kann ich in meinem Shop versicherten Versand anbieten?

Da Unternehmer:innen bei einem Verbrauchsgüterkauf ohnehin dafür haften müssen, wenn auf dem Versandweg etwas passiert, hat das Angebot von versichertem Versand der Kundschaft gegenüber keinen Vorteil. Wenn Händler:innen ihren Versand versichern lassen wollen, bringt es lediglich ihnen selbst einen Vorteil. Das Werben mit versichertem Versand stellt sogar regelmäßig einen Abmahngrund dar, da es sich um Werben mit Selbstverständlichkeiten handelt und somit einen Wettbewerbsverstoß darstellt. 

Zudem sind auch AGB-Klauseln, in denen das Transportrisiko auf die Verbraucherseite abgewälzt werden soll, unzulässig. Da es sich um eine gesetzliche Vorschrift zugunsten von Verbraucher:innen handelt, die nicht eingeschränkt werden darf. 

Das Paket wurde in der Nachbarwohnung abgegeben und ist nicht auffindbar

In der Praxis kommt es allerdings häufig vor, dass Pakete nicht bei den Käufer:innen selbst abgegeben werden, sondern ein netter Nachbar oder eine nette Nachbarin dieses annimmt. Und in den meisten Fällen hat das ganze für beide Seiten Vorteile. Der Kunde oder die Kundin muss weder zur Filiale laufen, um das Paket abzuholen, noch muss ein neuer Zustellversuch unternommen werden. Doch was passiert, wenn der Nachbar, nachdem er das Paket angenommen hat, dem eigentlichen Käufer nicht mehr aufmachen möchte, oder meint, er habe das Paket nie erhalten?

Solange der Kunde oder die Kundin nicht ausdrücklich erlaubt hat, dass das Paket woanders abgegeben werden kann (zum Beispiel mit einer Abstellgenehmigung), gilt die Ware noch nicht als zugestellt. 

Der Schaden wird erst nach 4 Wochen entdeckt

Verbraucher:innen sind nicht dazu verpflichtet, die Waren beim Eintreffen auf einen Mangel zu überprüfen. Dementsprechend gelten hier die gesetzlichen Verjährungsfristen für einen Sachmangel und diese liegen regelmäßig bei zwei Jahren. Kund:innen können also grundsätzlich das Paket auch erst Monate später öffnen und noch Mängelansprüche geltend machen. 

Wenn die Ware auf dem Transportweg verloren geht oder beschädigt wird, steht man allerdings, auch wenn man zunächst der Kundschaft gegenüber haften muss, nicht komplett ohne Ansprüche dar. Denn den entstandenen Schaden kann man gegenüber dem Transportdienstleister geltend machen. 

Haftung bei B2B- und C2C-Verträgen

Anders sieht es aus, wenn es sich um einen B2B-Vertrag handelt, also wenn auf beiden Seiten des Vertrags ein Unternehmen ist. In diesem Fall regelt das Gesetz, dass der Gefahrenübergang auf den Käufer übergeht, sobald die Ware an die „zur Ausführung der Versendung bestimmte Person“ übergeben wurde. Also etwa um ein Speditionsunternehmen oder dem Transportdienstleister. Wenn hier auf dem Transportweg ein Schaden entsteht, müssen Käufer:innen selbst für den Schaden aufkommen. Das Gleiche gilt für Verträge zwischen Privatpersonen, wenn keine der Vertragsparteien beim Verkauf unternehmerisch tätig ist. 

Eine weitere Besonderheit bei B2B-Verträgen ist die Rügepflicht aus dem Handelsgesetzbuch. Im Gegensatz zu Verbraucher:innen können Transportschäden bei einem sogenannten Handelsgeschäft nicht erst Wochen später geltend gemacht werden. Kaufleute müssen die Lieferung unverzüglich auf Mängel überprüfen und wenn ein Mangel vorliegt, muss dieser auch unverzüglich gerügt werden. Eine konkrete Frist, was „unverzüglich“ bedeutet, ist im Gesetz nicht geregelt. Hier kommt es auf den Einzelfall an und auch darauf, wie aufwändig eine Untersuchung der Ware ist.

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