Sichere Lebensmittel

Versandhändler darf keine Sägemehlkekse vertreiben

Veröffentlicht: 22.12.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 22.12.2020

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Selbst bei der Frage, ob man nun „Über Geschmack lässt sich streiten" oder "Über Geschmack lässt sich nicht streiten" sagt, fallen die Ansichten auseinander. Ganz besonders gilt das natürlich für Lebensmittel, um die es auch im vorliegenden Artikel geht. Genauer: Um Kekse. 

Kurz vor den Feiertagen entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Falle eines Versandhändlers, der selbst hergestellte Kekse vertreibt – oder nun eher vertrieb. Denn anbieten darf er der Pressemitteilung des Gerichts zufolge zumindest eine Sorte nicht mehr: Sägemehlkekse (Urteil v. 21.12.2020, Az. 3 K 2148/19, nicht rechtskräftig). 

Vertriebsuntersagung: Händler klagt gegen Stadt

Abnehmer scheint er für sein Gebäck gefunden zu haben, dieses stellt er nämlich schon seit immerhin 20 Jahren her und vertreibt es auch. Sägemehl finde sich dabei auch auf der Zutatenliste, wie das Gericht wissen lässt. 2014 hatte sich der Inhaber des Versandhandels schriftlich an die Stadt Karlsruhe gewandt, die in diesem Fall die Beklagte ist. Eine Antwort blieb sie allerdings schuldig. 2017 dann ließ die Stadt eine Probe der Kekse untersuchen und untersagte dem Händler den Vertrieb.

Nachdem das Widerspruchsverfahren erfolglos verlief, griff der Händler zur Klage. Hier führte er unter anderem an, ausschließlich mikrobiologisch einwandfreies Sägemehl zu nutzen. Es handele sich um ein pflanzliches Produkt und habe ganz ähnliche Eigenschaften wie Getreidekleie. Tatsächlich sei Mehl besonders in Notzeiten durch Sägemehl ersetzt worden, Backrezepte mit dieser Zutat würden sich aber auch in normalen Zeiten finden lassen. Konnte er damit überzeugen?

Gericht: Kekse seien kein sicheres Lebensmittel

Die Überschrift des Artikels deutet es schon subtil an: Nein. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, dass die Kekse als Lebensmittel nicht sicher seien, sondern vielmehr für den Verzehr durch Menschen ungeeignet. Es sieht das Sägemehl als „Füll- und Trägerstoff für technische Anwendungen“ und unterstreicht seine Sicht durch die Aussage, dass Sägemehl noch nicht einmal in Tierfutter verwendet werden würde. 

Auch das spezielle Recht steht dem Vertrieb der Kekse im Weg: Das verwendete Sägemehl sei als Lebensmittel neuartig, finde sich allerdings nicht auf der Positivliste für zugelassene neuartige Lebensmittel nach der sogenannten Novel-Food-Verordnung der EU. Weder sei die Verwendung von Sägemehl für den Verzehr durch Menschen in nennenswertem Umfang belegt, noch gebe es eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel. Diese könne man ebenso wenig aus der Verwendung in Notzeiten folgern wie aus einer speziellen Ernährungslehre. Die Klage des Versandhändlers wurde damit abgewiesen, sodass die Untersagung des Vertriebs durch die Stadt weiterhin Bestand hat.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, die Beteiligten können die Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen. 

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