Nicht alle Shops wollen oder können eine versandkostenfreie Bestellung anbieten, darunter immer noch große und bekannte Shops. Sie berechnen einen Unkostenbeitrag für den Versand. Entscheidet sich der Kunde jedoch, die Bestellung komplett zu widerrufen, will der Händler natürlich trotzdem nicht auf den einmal angefallenen und vom Kunden bezahlten Hinsendekosten sitzen bleiben. Zu recht?
Laut dem Gesetz gilt Folgendes: „Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren.” Mit den im Gesetz genannten „Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung“ sind die Versandkosten gemeint, also die beim Hinversand der Ware an den Verbraucher entstandenen Hinsendekosten.
So verwenden Online-Händler meistens sinngemäß auch folgende Formulierung in der Widerrufsbelehrung: „Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), […] zurückzuzahlen […].“
Faktisch läuft dies also darauf hinaus, dass der Händler, ob er nun die Versandkosten extra berechnet oder sie mit einpreist, bei einem vollständigen Widerruf immer den bereits im Voraus gezahlten Gesamtpreis erstatten muss. Hat der Kunde noch nicht bezahlt, muss er die Rechnung (bestehend aus Kaufpreis und Versandkosten) nicht mehr begleichen.
Das Gesetz macht jedoch eine Ausnahme: Von der Erstattung nicht erfasst wären zusätzliche Kosten, die über die günstigste Standardlieferung hinausgehen. Beispiele dafür wären der Expressversand oder die Zustellung zur Wunschzeit. Entscheidet sich ein Verbraucher bei der Bestellung für eine teurere Versandart, zum Beispiel für einen Expressversand statt der Standardlieferung, müssen Online-Händler diese Differenz nicht erstatten, die Standardversandkosten aber schon.
Häufig bestellen Kunden aber mehrere Artikel und entscheiden sich schließlich nur für oder gegen einen Teil der Bestellung, ein sogenannter Teilwiderruf. Das Gesetz selbst kennt und erwähnt diesen Fall übrigens (wie so oft) gar nicht. Daher müsste man eigentlich von einem Alles-oder-Nichts-Prinzip ausgehen. Weil der Teilwiderruf praktisch aber eine so große Bedeutung hat, sollte man von einer unbewussten Lücke im Gesetz ausgehen und diesen Teilwiderruf für alle teilbaren Leistungen zugunsten der Verbraucher akzeptieren. Denkbare Fälle sind beispielsweise die Bestellung verschiedener Kleidungsstücke, nicht jedoch Sets zu einem einheitlichen Gesamtpreis (z. B. Pyjama bestehend aus Ober- und Unterteil).
Dem Verbraucher müssen in so einem Fall die Hinsendekosten nicht zurückerstattet werden, die ohnehin und für den für den Teil der Bestellung angefallen wären, den er behalten möchte. Das trifft vermutlich auf die meisten Versandkostenmodelle zu, bei denen Shops eine Versandkostenpauschale unabhängig vom Warenwert berechnen. Staffelt der Händler seine Versandkosten beispielsweise nach Gewicht, was mittlerweile eher selten ist, muss berechnet werden, welche Versandkosten angefallen wären, wenn der Kunde nur die behaltene Ware bestellt hätte.
Der Fall kann jedoch auch anders liegen und der Kunde mit seiner Bestellung eigentlich eine Versandkostenfreigrenze überschreiten. Schickt er nun einen Teil der Bestellung zurück, unterschreitet er damit möglicherweise die Versandkostenfreigrenze und hätte eigentlich Versandkosten zahlen müssen.
Es ist aus unserer Sicht nicht statthaft, dem Kunden nach einem erfolgten Widerruf, durch welchen er die Versandkostenfreigrenze unterschreitet, die Versandkosten nachzuberechnen und von der Summe, die erstattet wird, nachträglich abzuziehen. Denn mit einem Widerruf würde er quasi eine Strafe aufgebürdet bekommen und kann so den Widerruf nicht mehr frei ausüben.