Wir wurden gefragt

Benötigen Upcycling-Produkte eine Textilkennzeichnung?

Veröffentlicht: 19.07.2022 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 28.07.2022
Schneiderin wertet Jeanshemd mit anderem Stoff auf

Beim Upcycling geht es darum, aus einem fertigen Produkt ein neues zu machen. Dabei werden meistens gebrauchte Stücke verwenden. Am Ende wird so aus einer kaputten Jeans, eine Handtasche oder aus einem Hemd ein Kinderkleid. Oftmals werden dabei auch verschiedene Stücke gemixt. Das führt zu der Frage, ob Upcycling-Produkte eine Textilkennzeichnung benötigen. Immerhin sieht die Textilkennzeichnungsverordnung eine Ausnahme für gebrauchte Kleidung vor – oder etwa doch nicht?

Grundsatz der Textilkennzeichnungsverordnung

Die Europäische Verordnung über Textilkennzeichnung (TKVO) sieht vor, dass Textilien immer dann mit einer Textilkennzeichnung versehen werden müssen, wenn der Gewichtsanteil an Textilfasern mindestens 80 Prozent beträgt. Die Kennzeichnung muss mit Hilfe eines festen Etiketts oder einer Kennzeichnung direkt auf dem Produkt erfolgen. Bei Mischgeweben muss die Zusammensetzung nach Prozentanteilen aufgeschlüsselt werden.

Um dabei keine Abmahnung zu riskieren, dürfen nur die Faserbezeichnungen verwendet werden, die im Anhang 1 der EU-Verordnung Nr. 1007/2011 aufgelistet sind. Der Händlerbund hat die zulässigen Bezeichnungungen in einer Liste zusammengetragen. Die Verwendung von anderen Bezeichnungen werden als irreführend angesehen und können durch eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung abgestraft werden.

Da die Textilkennzeichnung so erfolgen muss, dass der Kunde vor Abschluss des Kaufes über die Fasern informiert wird, muss die Zusammensetzung auch in der Produktbeschreibung im Online-Shop oder auf dem Marktplatz korrekt angegeben werden.

Ausnahme für gebrauchte Ware

Die Textilkennzeichnungsverordnung sieht aber auch Ausnahmen vor. Eine Ausnahme besteht für „gebrauchte, konfektionierte Textilerzeugnisse, sofern sie ausdrücklich als solche bezeichnet sind“. Für solche Textilien ist keine Kennzeichnung notwendig. Allerdings fallen Upcycling-Produkte gerade nicht unter diese Ausnahme.

Die Ausnahme setzt voraus, dass ein gebrauchtes, konfektioniertes Textil weiterverkauft wird. Es muss also ein Textil sein, welches bereits auf eine bestimmte Passform zugeschnitten ist und in seiner derzeitigen Form bereits in Verwendung war. Beim Upcycling werden aber neue Produkte hergestellt, die auch nicht als Gebrauchtware verkauft werden, sonst würde man sie als solche bezeichnen und nicht etwa als Upcycling-Produkt.

Erzeugnisse unbestimmter Zusammensetzung

Nun kann es aber sein, dass es gar nicht so einfach ist, zu ermitteln, aus welchen Fasern die geupcycelten Produkte bestehen. Das kann daran liegen, dass die verwendeten Materialien und Stücke vom Flohmarkt oder aus Geschäftsauflösungen kommen. In so einem Fall sieht die Textilkennzeichnungsverordnung in Artikel 9 eine Ausnahme vor.

Dort heißt es, dass „Textilerzeugnisse, deren Zusammensetzung zum Zeitpunkt ihrer Herstellung schwierig zu bestimmen ist, die Bezeichnungen ‚diverse Faserarten‘ oder ‚Erzeugnis unbestimmter Zusammensetzung‘ auf dem Etikett oder der Kennzeichnung“ tragen dürfen. Dabei kommt es darauf an, ob die Zusammensetzung in technischer Hinsicht schwierig zu bestimmen ist. Das ist beispielsweise bei Schnittabfällen in der Regel der Fall.

Fazit: Keine Ausnahme für Upcycling-Produkte 

Eine generelle Ausnahme von der Textilkennzeichnung für Upcycling-Produkte gibt es nicht. Das bedeutet allerdings nicht, dass jedes textile Produkt gekennzeichnet werden muss. So sieht die Verordnung in Anhang V eine Reihe von Produkten vor, die nicht gekennzeichnet werden müssen. Dazu gehören beispielsweise Spielzeug, Teewärmer und Taschen (zur Liste des Händlerbundes).

Werden gebrauchte Stoffe verwendet, deren Zusammensetzung in technischer Hinsicht nicht einfach zu bestimmen ist, darf außerdem bei der Kennzeichnung auf die Bezeichnungen „diverse Faserarten“ oder „Erzeugnis unbestimmter Zusammensetzung“ zurückgegriffen werden. 

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