Rechtsschutz

Reicht ein Screenshot als Beweis in der Abmahnung?

Veröffentlicht: 13.02.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 13.02.2023
Kamera-Icon

Während ein Werbeprospekt mit einem unberechtigt verwendeten Foto oder einem geklauten Anzeigentext für die Ewigkeit existiert, ist das Internet von Schnelllebigkeit geprägt. Was eben noch da war, kann in Sekundenschnelle schon wieder komplett von der Bildfläche verschwunden sein. Entsprechend schnell müssen Markeninhaber, Urheber und Konkurrenten sein, wenn sie Rechtsverstöße auf fremden Webseiten feststellen und verfolgen wollen.

Den Beweis für den Wettbewerbsverstoß, beispielsweise ein fehlender Grundpreis oder eine irreführende Werbeaussage, hat der Abmahner zu erbringen. Wie macht man es richtig, den Fehler gerichtsfest zu dokumentieren?

Mittel der Wahl: Der Screenshot

Im Wettbewerbsrecht ist es üblich, dass im Abmahnschreiben zum Nachweis einer begangenen Wettbewerbsverletzung zumindest ein Link oder eine Artikelnummer mitgeteilt wird. Andere Abmahner schicken gleich einen oder mehrere Screenshots als Beweis im Abmahnschreiben mit. Zunächst einmal ist es legal, einen Screenshot zu Beweiszwecken anzufertigen. Dieser hat sich auch in der Praxis bewährt und durchgesetzt. 

Der Screenshot in Papierform ist in rechtlicher Hinsicht keine Urkunde (z. B. wie die Vorlage eines Führerscheins), sondern ein sogenanntes Augenscheinobjekt. Seine Beweiskraft bemisst sich nach der freien richterlichen Beweiswürdigung. „Es kommt also immer darauf an, den Richter zu überzeugen - ob der Screenshot ausgedruckt ist oder nicht, spielt dabei grundsätzlich keine Rolle. Es ist auch nicht erforderlich, die Screenshots in Papierform vor Gericht vorzulegen” erklärt uns Oliver Guimaraes, Managing Director bei Globaleyez, die die Screenshot-Anwendung Screenseal anbieten, welche auch als Google Chrome-Erweiterung zur Verfügung steht.

In einem Prozess, in dem der Gegner den Verstoß als solchen nicht bestreitet, wird dem Screenshot auch keine große Beachtung schenken. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen es der Gegner darauf anlegt, den Screenshot anzuzweifeln oder einfach nur, um künstlich Stunk zu machen. Letztendlich muss nun derjenige überzeugt werden, der die Entscheidung trifft: Und das ist der Richter. Dann muss sich das Gericht schon die Mühe machen und den gesamten vorgetragenen Prozessstoff im Zusammenhang mit dem Screenshot bewerten. Auch wenn diese Fälle selten sind, ist Vorsicht besser als Nachsicht.

Screenshot ist nicht gleich Screenshot

Doch auch auf die Umsetzung kommt es an, denn wie der Screenshot gefertigt wurde und was er genau zeigt, ist relevant, ob der Richter ihm im Streitfall Glauben schenken wird. An einem Beispiel, welches vor dem OLG Jena verhandelt wurde, soll einmal verdeutlicht werden, dass ein Screenshot auch inhaltsleer und damit als Beweismittel sogar schädlich sein kann. In dem Rechtsstreit ging es um einen Wettbewerbsverstoß auf Ebay, in welchem auch ein Screenshot zum Beweis vorgelegt wurde. Dieser Screenshot konnte den erforderlichen Beweis für die Verstöße jedoch nicht erbringen. Auf dem Screenshot waren beispielsweise die AGB nicht vollständig abgebildet sowie ein nicht zum Ebay-Angebot passender Link zu sehen. In dem Fall hatte der Screenshot die tatsächliche Gestaltung der Internetseite zum Abrufzeitpunkt daher nicht zutreffend beweisen können (OLG Jena, Urteil vom 28.11.2018, Az.: 2 U 524/17).

Wenn man hier also nicht sorgfältig und nach dem Motto Qualität UND Quantität vorgeht, kann ein Screenshot als Beweis ausscheiden. Dann hat man höchstens noch den Abmahner und seinen Rechtsanwalt als Zeugen beziehungsweise die Vernehmung als Partei, doch diesen Aussagen wird meist wenig Beweiswert beigemessen. Will man es richtig machen, sollte man also zum einen auf die technische Anfertigung des Screenshots selbst achten und zudem auf die Qualität der gezeigten Inhalte. 

Qualität UND Quantität

Im Falle einer irreführenden Werbeaussage beispielsweise sollte nicht nur der Claim festgehalten werden, sondern die Darstellung des gesamten Kontextes, insbesondere auch der URL, auf dem Screenshot mit gesichert wird.

Sichtbar sollten sein:

  • der gesamte Kontext der gezeigten Wettbewerbsverletzung (z. B. komplette AGB im Fenster)
  • auch Unterseiten wie das Impressum
  • Datum und Uhrzeit (z. B. in der Taskleiste)
  • URL im Browserfenster (diese sollte auch digital gespeichert werden, damit die Webseite, wenn der Verstoß gelöscht wurde, ggf. noch über die vorhandene URL aufrufbar ist).

Im Falle von Hate Speech im Netz hat der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V. (VBRG e. V.) noch einen weiteren wertvollen Tipp: „bitte nicht nur die URL von deren Facebook-Seite eingeben und runterscrollen bis zu dem Post, der gesichert werden soll – sondern den einzelnen Post als Seite aufrufen."

How to Screenshot

Bei der Art, wie man den Screenshot aus technischer Sicht anfertigt, gibt es ebenfalls diverse Möglichkeiten. Die einfachste Variante ist natürlich das Foto des Browserfensters über die „Druck“-Taste auf der Tastatur. Über die Tastenkombination „Alt, Druck und Strg” oder „Seite drucken“ kann man den Zustand der Seite ebenfalls festhalten.

Optional kann hierfür auch eine eigene Software wie Snipping Tool verwendet werden. Das Screenshot-Tool von Screenseal bietet im Unterschied zu herkömmlichen, meist kostenfreien, Anbietern weitere technische Funktionen wie die automatische Angabe von Uhrzeit, Datum und URL des aufgenommenen Inhalts, was die Beweisführung noch einmal untermauert. Screenshots, die mit diesem Tool aufgenommen werden, werden außerdem mit einem digitalen Zeitstempel von einer unabhängigen Quelle versehen, die eine Manipulation (z. B. durch Einstellen der Uhrzeit Ihres Computers auf eine andere Zeitzone) ausschließen, fügt Oliver Guimaraes hinzu. 

Das Fehlen dessen führte beispielsweise im Fall vor dem OLG Jena zum Ausscheiden als Beweismittel, denn auf dem Screenshot fand sich an keiner Stelle eine Datumsangabe, erst recht nicht in Form eines zertifizierten Zeitstempels. Mit regelmäßig kostenpflichtigen Angeboten wie Screenseal Pro kann und sollte man sogar die gesamte Website, Webinhalte mehrerer Browser-Tabs gleichzeitig (Bulk-Screenshots) und Videoframes erfassen. In jedem Fall sollte man die Dateien digital sichern und nicht nach dem Druck löschen.

Screenshots zur eigenen Sicherheit

Nicht nur als lästiges Anhängsel einer Abmahnung können Screenshots verwendet werden, sondern auch zur eigenen Absicherung. Hat man beispielsweise eine Unterlassungserklärung unterzeichnet und muss die Verstöße sofort oder ab einem bestimmten Stichtag beseitigt haben, kann man Screenshots auch zur eigenen Entlastung nutzen. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit von Screenshots sind übrigens auch die beweissichere Dokumentation von Vertragsverhandlungen und Abschlüssen, z. B. von Bestellprozessen. Auch im Online-Marketing oder Vertrieb können Händler und Unternehmer Screenshot-Tools nutzen, um erreichte Ziele und Erfolge zu dokumentieren und zu veröffentlichen.

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.