Wir wurden gefragt: Darf der Kunde statt Reparatur auf eine Neulieferung bestehen?

Veröffentlicht: 17.02.2016 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 17.02.2016

Auch wenn der Umgang mit Kunden bei Defekten und anderen Gewährleistungsfällen längst zum Alltagsgeschäft gehört, ergeben sich aufgrund des komplexen Rechtsgebietes immer wieder Fragen. Kürzlich wurde uns die Frage gestellt, ob der Kunde statt Reparatur auf eine Neulieferung bestehen darf.

© Jan Engel / Fotolia.com

Wahlrecht des Käufers

Ist ein Produkt nicht mehr intakt sehen viele Kunden die große Chance, ohne finanziellen Aufwand an ein neues Produkt zu kommen. Ist an der schönen aber mittlerweile gebrauchten Designer-Espressomaschine ein kleinerer Defekt, wird es kein Kunde verwehren, wenn er als Ersatz eine nagelneue und wieder funkelnde Espressomaschine geliefert bekommt. Händler sehen dies gar nicht gerne – bedeutet es für sie teilweise einen hohen finanziellen Aufwand, der möglicherweise vom Hersteller nicht ersetzt wird.

So viel zur Theorie: Tritt ein Defekt an einem verkauften Gegenstand auf, hat der Käufer das Wahlrecht zwischen Nacherfüllung durch sog. „Nachbesserung“, d. h. Beseitigung des Mangels, und sog. „Nachlieferung“, d. h. Neulieferung einer mangelfreien Sache. Dieses dem Kunden zustehende Wahlrecht kann durch die AGB des Verkäufers auch nicht eingeschränkt werden.

Online-Händler darf Wahl des Käufers verweigern

In den meisten Fällen, die uns Händler geschildert haben, bestand der Käufer auf eine Neulieferung, weil diese für ihn vorteilhafter war. Mit der Wahl des Käufers muss sich der Händler jedoch nicht in jedem Fall abfinden.

Der Online-Händler hat die Möglichkeit, die Wahl des Kunden zu verweigern, wenn diese gegenüber der anderen Möglichkeit unverhältnismäßige Kosten verursacht. Dabei ist die Schätzung der voraussichtlichen Kosten im Verhältnis zum objektiven Wert der Kaufsache im mangelfreien Zustand (nicht zum Kaufpreis) maßgeblich.

Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen:

Beispiel 1:

Der Käufer verlangt bei einer defekten Armbanduhr, die im mangelfreien Zustand einen Wert von 50 Euro hat, eine Reparatur, weil er an dem guten Stück hängt. Für die Reparatur der Armbanduhr belaufen sich die Kosten jedoch schätzungsweise auf 300 Euro. Der Verkäufer kann also diese Art der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßigen Kosten ablehnen.

Beispiel 2:

Eine beschädigte Taste oder ein Leck im Wasserschlauch an unserer Espressomaschine ist ohne geringen Aufwand austauschbar. Die komplette Neulieferung einer ganzen Espressomaschine wäre dagegen unverhältnismäßig. Der Verkäufer kann also diese Art der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßigen Kosten ablehnen.

Wenn ein Nacherfüllungsanspruch scheitert und nur noch der andere Nacherfüllungsanspruch möglich bleibt, beschränkt sich der Anspruch des Kunden auf die noch mögliche Art der Nacherfüllung.

Um zu unserem Espressomaschinen-Beispiel zurückzukehren: Scheitert die Nachbesserung, also die Reparatur der Taste an der Espressomaschine, ist nur noch die Nachlieferung einer neuen Kaffeemaschine als Nacherfüllungsanspruch möglich. Der Käufer hat in diesem Fall dann nur noch den Anspruch auf Nachlieferung als Art der Nacherfüllung.

Antwort:

Es kommt darauf an:

  • Der Grundsatz ist: Der Käufer hat das Wahlrecht zwischen Beseitigung des Mangels und Neulieferung des Kaufgegenstandes.
  • Der Online-Händler hat die Möglichkeit, die Wahl des Kunden zu verweigern, wenn diese gegenüber der anderen Möglichkeit unverhältnismäßige Kosten verursacht.
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