Die Masche mit gefälschten Bewertungen

So tricksen chinesische Online-Händler bei Amazon – Update

Veröffentlicht: 12.09.2019 | Geschrieben von: Markus Gärtner | Letzte Aktualisierung: 17.09.2019
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Das Problem mit gefälschten Online-Bewertungen ist in der digitalen Welt weithin bekannt. Amazon hat vor kurzem erst jede Menge Händler wegen vermeintlicher Fake-Bewertungen gesperrt. Auf dem deutschen Amazon-Marktplatz sollen vor allem chinesische Händler mit erkauften Fake-Bewertungen das organische Ranking manipulieren und so die Konkurrenz ausstechen, klagt jetzt ein deutscher Online-Händler, der sich in die Szene der Auftrags-Bewerter einschleichen konnte. Er warnt in einem Forumsbeitrag vor den dramatischen Folgen der „China-Artikelflut“ für alle deutschen Online-Händler.

„Schockiert“ über die Vorgehensweise chinesischer Händler

Der Ersteller ist der Redaktion namentlich bekannt, möchte aber anonym bleiben. Seine These: „Wenn das so weiterläuft, kann ein großer Teil der Kleinpreishändler, Private-Label- oder Noname-Handelswaren-Verkäufer in 1-2 Jahren ihren Onlinehandel dichtmachen!“ Er sei „regelrecht schockiert, mit welcher Schlagzahl und Vorgehensweise die Chinesen ihre Präsenz hier im Lande erhöhen“.

Er habe über verschiedene Gruppen auf Facebook und Co. einen Einblick in die Arbeit als Ersteller von gefälschten Bewertungen bekommen und erhalte mittlerweile nach eigenen Angaben „über 1.000 Angebote aus allen möglichen Bereichen und Preislagen“. Innerhalb weniger Tage habe er selbst über 25 Produkte getestet.

So läuft die Masche mit Fake-Bewertungen auf Amazon

Und so funktioniert laut dem Online-Händler der Trick mit den in Auftrag gegebenen Bewertungen: Chinesische Online-Händler suchen über verschiedene Gruppen in sozialen Netzwerken und WhatsApp nach vielen Fake-Testern, die sich in solchen oft schnelllebigen Gruppen bereits gesammelt haben. Die Fake-Tester handeln mit den jeweiligen Händlern die Bedingungen aus, erhalten die nötigen Informationen und führen dann auf Amazon scheinbar eine Suche nach bestimmten Artikeln aus, legen mehrere Produkte in den Warenkorb und bestellen schließlich das in Auftrag gegebene Produkt des Anbieters, meist Prime-Artikel. 

Nach Erhalt des Artikels schreibt der Fake-Tester eine 5-Sterne-Bewertung, darf dafür das Produkt behalten und erhält, zusätzlich zur Erstattung des Kaufpreises, möglicherweise auch noch eine Extra-Zahlung. Der Effekt für den Online-Händler: Die Masse der positiven Bewertungen katapultiert das jeweilige Produkt im Amazon-Ranking nach oben, das wiederum steigert die Verkäufe. Andere Händler haben so kaum noch Chancen. „In meiner Branche bestehen die ersten zwei Suchergebnisseiten zu 90% inzwischen aus China-Angeboten und wer dahinter gelistet ist, oft mit nicht vermeidbarem höheren Preis, der hat ein echtes Problem“, warnt der deutsche Händler. 

Update: Das sagt Amazon

Amazon hat sich auf unsere Anfrage zu dem Fall geäußert. „Jeder Versuch, Kundenbewertungen zu manipulieren, ist bei Amazon strengstens verboten. Amazon ist fortwährend bemüht, die Glaubwürdigkeit von Kundenbewertungen zu schützen“, erklärt ein Sprecher. Dafür seien allein im vergangenen Jahr über 400 Millionen US-Dollar investiert worden. Amazon arbeite sowohl mit Prüfteams als auch mit automatisierten Systemen, die auf maschinellem Lernen beruhen. Zudem kooperiere man auch mit sozialen Netzwerken.

Bei Verstößen gegen die Teilnahmebedingungen für Rezensenten und Verkaufspartner könne es für diese zu vorübergehenden Sperren, dauerhaften Ausschlüssen oder auch rechtlichen Schritten kommen. „Wir arbeiten intensiv daran, das Einkaufserlebnis für unsere Kunden mit authentischen Bewertungen von echten Kunden noch weiter zu verbessern und wir werden nicht nachlassen, bis wir jeden Einzelnen aufspüren, der sich am Missbrauch von Bewertungen beteiligt“, so der Amazon-Sprecher.

Der Online-Händler, der sein eigenes Geschäft aufgeben will, sieht für sich und andere Anbieter nur einen Ausweg: „Das Umsatteln auf echte Markenware (insofern möglich) oder unvergleichbare Produkte, welche nicht schnell und günstig in China produziert werden können.“

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