Existenzen bedroht: Amazons Kampf gegen Fake-Shops trifft normale Händler

Veröffentlicht: 17.05.2017 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 23.06.2017

Amazon muss sich schon seit Monaten mit dem Problem der Fake-Shops beschäftigen. Um den betrügerischen Machenschaften auf seiner Plattform ein Ende zu bereiten, scheint das Unternehmen aber mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

Amazon-Karton

© pixinoo / Shutterstock.com

Für den Händler war es eigentlich nur ein kleiner Vorgang: Nachdem er sein Geschäftskonto zu einer anderen Bank verlegt hatte, wollte er die Bankverbindung in seinem Amazon-Verkäuferkonto ändern. Schließlich sollten die Einnahmen aus seinen Verkäufer ja weiter bei ihm landen. Doch mit diesem Klick löste der Händler eine Kette aus, die ihn zwischenzeitlich an den Rand der Existenznot gebracht hat. Denn Amazons Algorithmus hat den Shop nach der Änderung der Bankverbindung als Fake-Shop identifiziert und prompt gesperrt. So beschreibt es ein betroffener Händler gegenüber OnlinehändlerNews.

Die Änderung der Bankverbindung ist zugegebenermaßen ein Hinweis auf mögliche betrügerische Machenschaften. Oft genug haben Betrüger echte Shops gekapert, die Bankverbindung geändert und so Händler um viel Geld gebracht. Das Fake-Shop-Problem auf Amazon nimmt kein Ende (wir berichteten). Dass das Unternehmen allerdings direkt die Sperrung des Accounts durchführt und keine zweite Verifikation vorzunehmen scheint, ist alarmierend.

Login von einem anderen Computer reicht schon

Es braucht aber nicht einmal eine Änderung im Verkäuferkonto, um den Sperr-Hammer von Amazon zu erleben. Im Sellercentral-Forum schildern verschiedene Händler Fälle, in denen das Konto gesperrt wurde, weil sie sich von einem anderen Computer als sonst eingeloggt hatten oder weil es einen Verdacht auf einen Phishing-Angriff gab. „Ist ja prima, dass Amazon endlich mal reagiert auf die vielen gekaperten Konten“, meint eine Betroffene. „Aber nun soll ich mich doch bitte einloggen, um das zu überprüfen und mein Konto wieder freischalten zu lassen. Nur ist das Konto auch für mich gesperrt.“ Das Problem lasse sich damit also nicht einfach lösen. Auch in einem anderen Fall gebe es tagelang keine Reaktion von Amazon auf die Anfragen der Betroffenen. Kritisch wird es da, wenn der Einnahmenausfall die Existenz bedroht: „Rechnungen und Kosten laufen weiter, das Konto leert sich langsam“, schildert ein weiterer Händler im Forum.

Aber ein solches Missverständnis muss man doch schnell aus der Welt räumen können – meint man zumindest. Doch vielen Betroffenen zufolge kamen von Amazon lediglich Aufforderungen als Antwort, die den Händlern zufolge nicht zur Lösung des Problems beitragen, und keine wirkliche Hilfe von dem Marktplatz. Immer wieder heiße es nur, dass der Fall an die zuständige „Spezial-Abteilung“ weitergeleitet wurde und man sich kümmere. Einen direkten Kontakt zu den zuständigen Mitarbeitern sei den Betroffenen verwehrt geblieben.

Weitere Verkaufskanäle können sinnvoll sein

Einen guten Ausgang gab es immerhin für den betroffenen Händler, der sich an OnlinehändlerNews gewandt hatte. Nach mehreren Tagen hatte Amazon die Artikel seines Shops wieder sichtbar gemacht. Eines vermisst der Händler allerdings weiterhin: Eine Entschuldigung von Amazon. Ihn erreichte lediglich eine nüchterne Benachrichtigung darüber, dass er wieder auf dem Marktplatz verkaufen dürfe.

Amazon hat in diesen Fällen wieder einmal gezeigt, welche Macht das Unternehmen über die Shops der Händler hat. Und diese Position baut der Marktplatz einigen frustrierten Händlern zufolge weiter aus – Rücksichtnahme sei dabei immer weniger zu spüren. Den Einnahmenausfall wird das Unternehmen den betroffenen Händlern vermutlich nicht erstatten. Für manche ein Grund, sich nach neuen Verkaufskanälen umzusehen. „Ich nutze jetzt die Zeit, um auf anderen Marktplätzen präsent zu werden und hoffe, dass ich bald wieder Einnahmen generieren kann“, verkündet ein Händler im Sellercentral-Forum. Dies ist auch durchaus sinnvoll, denn somit entgehen Händler der Gefahr eines Totalausfalls der Einahmen, wenn ein Konto gesperrt wird.

Von Amazon blieb eine Reaktion auf diese Fälle bisher aus – das Unternehmen hat die Anfrage von OnlinehändlerNews dazu bislang nicht beantwortet.

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