Die Deutschen und ihre Retouren

Veröffentlicht: 21.07.2014 | Geschrieben von: Julia Ptock | Letzte Aktualisierung: 21.07.2014

Retouren machen einen großen Teil im Gesamtvolumen der Logistik aus. Hanjo Schneider, Vorstandsvorsitzender der Hermes Europe GmbH, spricht in einem Interview mit der Welt von circa 30 Prozent und damit ist Deutschland Spitzenreiter. Vielen Online-Händlern macht die Retouren-Flut jedoch ganz schön zu schaffen.

(Bildquelle Pakete: Tashatuvango via Shutterstock)

Die Logistik gehört mit zu den Kernkompetenzen des E-Commerce. Dass das Retourenmanagement dabei nicht außen vorgelassen werden darf, ist klar. Wie hoch die Masse an zurückgehenden Paketen dabei genau ist, ist schwer zu sagen, da sich die Händler zu dem Thema eher bedeckt halten.

Dabei ist das Problem wohl ein historisch gewachsenes. Anders als in anderen Ländern hat sich das Zahlen per Rechnung in Deutschland durchgesetzt. Damit stehen die Käufer nicht vor dem Problem, dass sie sich um die Erstattung der Kaufsumme kümmern müssen.

Modebranche hat mit besonders vielen Retouren zu kämpfen

Die Forschungsgruppe der Universität Bamberg, die sich wissenschaftlich mit dem Phänomen der Retouren beschäftigt, hat sich umfassend mit dem Problem befasst. Laut einer Statistik aus dem Jahr 2012 gehen die Forscher davon aus, dass im Modebereich, wenn per Rechnung bezahlt wird, eine Rücksendewahrscheinlichkeit von über 55 Prozent besteht. Bei Vorkasse sinkt die Wahrscheinlichkeit der Retour auf etwa 30. Bei den Bereichen Elektronik und Medien dagegen liegt die sogenannte Alpha-Retourenquote bei maximal 18,60 %.

Dass vor allem die Modebranche mit diesen hohen Zahlen umgehen muss, liegt in der Natur der Ware. Viele Käufer bestellen den Artikel in unterschiedlicher Größe und Farbe und senden Sachen, die nicht passen, zurück. Dieter Urbanke – Chef von Hermes Fulfilment – vergleicht das bei Zeit.de mit dem stationären Handel: "In den Läden können die Menschen schließlich auch die Kleidung anprobieren."

Missbrauch durch Retouren einfacher

Allerdings ist es für Kunden leichter, bei Retoursendungen zu betrügen. Während im stationären Handel die Angestellten Ware mit eindeutigen Gebrauchsspuren ablehnen können, ist das beim Online-Handel kaum möglich. Jeder Kunde kann seine Willenserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Einen Grund braucht er dafür nicht. Durch die neue Verbraucherrechterichtlinie sind Kunden jetzt zumindest zu einer Erklärung gegenüber dem Unternehmer verpflichtet. Damit ist eine kommentarlose Rücksendung nicht mehr möglich.

Die Bamberger Forscher haben drei Tatbestandsmerkmale definiert, nach denen ein „Missbrauch“ der Retour vorliegt. Dazu gehört zum einen, dass die Ware nur zum Spaß und ohne jede Kaufabsicht bestellt wird und zum anderen das Zurücksenden von Ware in einem deutlichen schlechteren Zustand. Als dritter Missbrauch wird die Nutzung der Ware angesehen, die weit über das Prüfen der Eigenschaften und Funktionen hinausgeht und trotzdem wieder retourniert wird.

So wird das Retour-Paket für den Verkäufer zur Überraschung. Besonders dreiste Kunden, die eindeutig benutzte Ware zurücksenden, sind jedoch in der Minderheit.

Retouren kosten Händler viel Geld und Nerven

Vor allem für die Händler sind Retouren teuer. Die Forschungsgruppe der Uni Bamberg setzt rund 8 Euro pro Rücksendung an. Je nach dem wie viele Retouren bewältigt werden müssen, sinkt oder steigt die finanzielle Aufwendung. Unternehmen mit unter 10.000 Rücksenungen zahlen durchschnittlich mahr als 17 Euro, während ab 50.000 nur noch um die fünf Euro Prozesskoten entstehen. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass in diese Prozesskosten ein eventueller Wertverlust von 13,1 Prozent noch nicht einberechnet ist.

Online-Händler haben wenige Möglichkeiten sich vor diesen Kosten zu schützen. Höhere Verkaufspreise, in denen die Kosten für viel Retournierer enthalten sind, sind eine Variante um die die Kosten aufzufangen. Zudem haben Händler auch die Möglichkeit, Kundenkonten zu schließen. Allerdings wird nur selten so zu einer drastischen Maßnahme gegriffen.

 

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