Wiener Wohnen: 220.000 neue Klingelschilder ohne Namen durch DSGVO

Veröffentlicht: 15.10.2018 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 19.10.2018

Die kommunale Hausverwaltung Wien sorgt gerade mit Klingelschildern für Aufsehen. 220.000 davon sollen jetzt ausgetauscht werden, der Name soll der Wohnungsnummer weichen. Schuld daran soll die DSGVO sein. Ein Mieter hatte sich in seiner Privatsphäre beeinträchtigt gesehen.

Sogenannte Top-Nummern an der Klingel
© Lisa S. / Shutterstock.com

Ein alltägliches Bild, aber wohl keine Selbstverständlichkeit: der Name auf dem Klingelschild. In der österreichischen Hauptstadt Wien will die kommunale Hausverwaltung „Wiener Wohnen“ jetzt aber rund 220.000 Namensschilder an Gemeindewohnungen austauschen lassen – gegen Schilder mit der Wohnungsnummer. In Gang gesetzt hat dies die Beschwerde eines Mieters. Wie die Zeit berichtet, hatte sich der Mann in seiner Privatsphäre nicht genügend geschützt gesehen, wenn sein Name öffentlich zugänglich auf dem Klingelschild stehe. Mitarbeiter der Hausverwaltung richteten sich daraufhin an die zuständige Stelle für Datenschutzangelegenheiten.

Nummern statt Namen – auch private Vermieter in der Pflicht

Mit der Antwort kam die Erkenntnis. Die Magistralverwaltung schätzt die Lage so ein, dass die Verbindung von Name und Wohnungsnummer gegen die DSGVO verstößt. Eine Handlung seitens Wiener Wohnen ist spätestens damit nötig geworden: „Wir müssen die standardgemäße Beschilderung also austauschen“ teilte der Wiener-Wohnen-Sprecher der Zeit mit. Mieter, die ihren Namen auf ihrem Schild sehen wollen, können sich nach Aussage der Hausverwaltung selbst ein entsprechendes Klingelschild anfertigen.

Die Österreichische Gesellschaft für Datenschutz, ARGE Daten, sieht nicht nur kommunale, sondern auch private Vermieter in der Pflicht, wie der ORF berichtet. Auch in solchen Fällen sei das Anbringen des Namens im öffentlichen Raum eine Datenschutzverletzung. Sie empfiehlt betroffenen Mietern die Abmahnung des jeweiligen Vermieters oder der Hausverwaltung mit Fristsetzung. Zusätzlich ergebe sich ein Schadensersatzanspruch, der in vergleichbaren Fällen um die 1.000 Euro je Betroffenem betragen hat. Eine verlässliche Höhe hat die Rechtsprechung bisher aber bisher nicht ermittelt.

Vergleichbare Rechtslage schon vor DSGVO

Einen Grund für DSGVO-Bashing bietet dieser Sachverhalt allerdings weniger. Es geht zwar um Datenschutz, aber die Rechtslage in Österreich war auch vor Einführung der DSGVO schon vergleichbar mit der jetzigen Situation – bereits seit 1980 besteht die „Verpflichtung zur Anonymität“ laut ORF. Der Rundumschlag der kommunalen Wiener Hausverwaltung hätte insofern auch vermieden werden können, wenn man mit dem Mietvertrag auch die nötige Einwilligung der Mieter eingeholt worden wäre.

Ähnliches gilt für Deutschland, auch hier hätte das Veröffentlichen des Namens durch das Klingelschild einen Vorgang dargestellt, der unter den Wortlaut der alten Fassung des Bundesdatenschutzgesetzes zumindest hätte fallen können. Die DSGVO hat ihren Beitrag also vor allem insofern geleistet, als dass sie das Bewusstsein über den Umgang mit persönlichen Daten geschärft hat und dies mit höheren Sanktionen als nach bisherigem Recht auch in der Öffentlichkeit präsenter macht. 

Nachtrag: Um blinden Aktionismus zu vermeiden, hat sich der Eigentümerverband Haus & Garten mit einer Anfrage an die Bundesbeauftragte für Datenschutz gewandt. Diese ist der Meinung, dass bei analogen Klingelschildern keine Entfernung notwendig ist (wir berichteten)

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