Urteil des OLG Frankfurt

Markenverletzung: Angebote auf Amazon sollten geprüft werden

Veröffentlicht: 27.01.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 27.01.2020

Angebots-Detailseiten auf Amazon stehen grundsätzlich nicht nur demjenigen offen, der sie erstellt hat. Auch andere Händler können und sollen sich an das jeweilige Angebot anhängen, wenn sie das entsprechende Produkt ebenfalls anbieten. Für Kunden soll die Vielfalt vorhandener Warenangebote so übersichtlicher werden. Für Händler hingegen birgt diese Gestaltung ein Risiko. Denn wenngleich es einen Ersteller des jeweiligen Angebots gibt, kann dieses auch von anderen bearbeitet und verändert werden. Online-Händler sind insofern gehalten, genutzte Angebote, bzw. ASINs, regelmäßig auf potentielle Rechtsverstöße zu kontrollieren.

Die Richter des Oberlandesgerichts Frankfurt beschäftigten sich nun mit einem Fall, in dem in einigen solcher Angebote Marken nachträglich entfernt bzw. eingefügt worden waren (Urteil v. 05.12.2019, Aktenzeichen 6 U 182/18). 

Wurde die Verletzung von Markenrecht provoziert? 

Ins Rollen kam der Fall, als sich der hier Beklagte an den Kläger wendete und eine sogenannte Berechtigungsanfrage stellte. In vom Kläger genutzten Angeboten tauchte nämlich die Marke der Beklagten auf. Der Kläger informierte daraufhin Amazon: Er habe die jeweiligen Angebote ursprünglich erstellt und dort seine Marke verwendet, dann sei die Produktbeschreibung jedoch verändert und die Marke der Beklagten hinzugefügt worden – und dies durch die Beklagten. Amazon fügte seine Marke darauf hin wieder in das Angebot ein. Der Vorwurf des Klägers lautet also auf das „Kapern“ seiner Produktbeschreibung durch die Beklagten. Zudem hatte er bei der Beklagten einen Testkauf durchgeführt, bei dem sie Waren lieferte, die nicht aus seinem Hause stammten – obwohl nun wieder seine Marke im Angebot genannt wurde. 

Die Beklagten (das beklagte Unternehmen sowie die ebenfalls beklagte Geschäftsführerin) behaupteten hingegen, dass der Kläger nun dafür gesorgt habe, dass die Produktbeschreibungen, welche zunächst ihre Marke enthielten, nachträglich mit dessen Marke versehen wurden. Dieser habe damit die Markenrechtsverletzung der Beklagten provoziert. 

Im Verfahren richtet sich nun der Kläger mit seinen Ansprüchen gegen die Beklagten.

Dritte können Angebotstexte auf Amazon ändern

Die Richter stellen zunächst fest, dass der Kläger einen Unterlassungsanspruch gegenüber den Beklagten wegen der Nutzung seiner Klagemarke hat. Diese seien dabei im Zuge der sogenannten Störerhaftung verantwortlich. Nach diesem Prinzip kann zusammengefasst derjenige in Anspruch genommen werden, der willentlich und ursächlich zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beigetragen hat – etwa weil er gegen Prüfpflichten verstoßen hat. Vergleichbar ist dies mit der nun nicht mehr gegebenen Störerhaftung beim Betrieb von Wlan-Hotspots.

Der Beitrag der Beklagten lag hier laut den Richtern nun darin, dass diese einen Artikel auf Amazon eingestellt haben und das Angebot dabei als Marke des Klägers ausgewiesen hat. Auch gegen die Pflicht, die Produktbeschreibungen auf vorgenommene Änderungen regelmäßig zu überwachen und zu prüfen, hätten sie verstoßen. Schließen würden die auf Amazon aktiven Händler in der Regel auch davon wissen, dass es in den Angeboten folgenreiche Änderungen bspw. durch Mitstreiter geben kann. In diesem Fall wussten die Beklagten sogar, dass sich dort die Marke des Klägers befand – die hatte Amazon dort ja wieder platziert. Sie blieben dennoch angehängt und kamen ihren Prüfpflichten insofern nicht nach. Dabei stellen die Richter klar, dass das bloße Melden eines vermeintlichen Verstoßes an Amazon nicht ausreicht, die Beklagten hätten stattdessen aufhören müssen, Waren unter einer fremden Marke anzubieten. 

Marktplatz-Händler müssen Angebote regelmäßig prüfen

Dabei sei es seitens des Klägers hier auch nicht missbräuchlich, seine markenrechtlichen Ansprüche anzubringen. Dies hatten die Beklagten vorgeworfen, weil die Marke des Klägers auf sein Betreiben hin durch Amazon wieder in das Angebot aufgenommen worden war, und der Kläger nun eine „Retourkutsche“ fahre – dem widersprechen die Richter aber. Schlussendlich sei auch korrekt festgestellt worden, dass der Kläger die Angebote zuerst genutzt, bzw. gestaltet hat, und die Meldung an Amazon erfolgte, um den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und seine Marke wie ursprünglich dort zu platzieren. 

Was das OLG Frankfurt auch feststellt: Einen Anspruch des Klägers darauf, dass die Beklagten nicht ihre eigene Marke in „sein“ Angebot einfügen und es damit sozusagen übernehmen darf, hat er nicht. Eine gezielte Behinderung durch die Beklagten im Sinne des Gesetzes liege nicht vor, da es nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür gebe. Diese hätten ihm beispielsweise bewusst eine Falle stellen müssen. Allein die Änderung lasse aber nicht den Schluss zu, dass diese auch der Behinderung eines Mitbewerbers diene.

Dieser Fall zeigt, dass Prüfungen von Angeboten, an die man sich angehängt oder welche man gar selbst erstellt hat, für Händler grundsätzlich wichtig sind. Andernfalls drohen etwa Konsequenzen wegen Markenrechtsverletzungen. Amazon macht zwar selbst Vorgaben dazu, inwiefern Angebote verändert werden dürfen, diese spielen im Verhältnis zwischen Dritthändlern aber keine Rolle, wie auch das Urteil besagt. Händler sollten insofern regelmäßig tätig werden und ihre Angebote auf mögliche Verstöße oder Unregelmäßigkeiten prüfen. Gesetzliche Vorgaben zum Intervall gibt es keine. Auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung sollte die Untersuchung jedoch idealerweise werktäglich erfolgen. Dies sollte auch fortlaufend protokolliert werden – falls es einmal zu einer Streitigkeit kommen sollte.

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