Europäischer Gerichtshof

Amazon haftet nicht für Markenrechtsverstöße von Dritthändlern

Veröffentlicht: 02.04.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 01.07.2022
Grafik Online-Marktplatz

Das bloße Lagern markenrechtsverletzender Ware stellt keine Markenrechtsverletzung durch Amazon dar, das besagt das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 2. April 2020 (Urteil v. 2.4.2020, Aktenzeichen C-567/18). 

Der Bundesgerichtshof hatte den EuGH hier um eine Auslegung des europäischen Rechtsrahmens gebeten. Ende 2019 hatte der zuständige Generalanwalt beim EuGH in Luxemburg bereits seine Schlussanträge eingereicht und kam zu dem Schluss, dass das Unternehmen nicht von der Haftung befreit sei, wenn es selbst aktiv am Vertrieb teilnehme – etwa im Rahmen von Fulfillment by Amazon. 

Wenngleich die Richter des Europäischen Gerichtshofes diesen Anträgen oftmals folgen, ist dies nicht immer der Fall – so auch hier.

Hat Amazon die verletzte Marke selbst benutzt?

Im Rechtsstreit war das deutsche Unternehmen Coty Germany, welches Parfums wie „Davidoff Hot Water“ vertreibt und an der Unionsmarke Davidoff eine Lizenz hält, durch Testkäufe an solche Produkte gekommen. Ein auf Amazon aktiver Händler hatte Flakons auf dem Marktplatz angeboten. Der Vorwurf an zwei Unternehmen des Amazon-Konzerns war nun, dass diese die Parfüms gelagert und versandt hätten. Die notwendige Zustimmung von Coty für das Inverkehrbringen in der EU lag allerdings nicht vor, weshalb der Rechteinhaber auf Unterlassung klagte. 

Ob die Ansprüche nach dem Markenrecht gegen Amazon bestehen, hängt im Wesentlichen auch davon ab, ob das Unternehmen die Marke Davidoff selbst benutzt hat. Vom Europäischen Gerichtshof wollte der BGH daher wissen, „ob ein Unternehmen, das markenrechtsverletzende Waren für einen Drittanbieter lagert, ohne Kenntnis von der Markenrechtsverletzung zu haben, selbst diese Marke benutzt“, wie es in der Pressemitteilung des EuGH heißt. 

Keine Markenverletzung durch Amazon-Unternehmen

Die Richter antworteten heute, dass eine Benutzung der Marke in diesem Fall nur gegeben ist, wenn das die Waren lagernde Unternehmen genauso wie der Verkäufer den Zweck verfolgen würde, die Waren zum Verkauf anzubieten oder in den Verkehr zu bringen. Im vorliegenden Fall und damit im Hinblick auf die beiden Amazon-Unternehmen sei dies laut dem BGH aber nicht gegeben: Den Zweck des Verkaufes verfolge hier ausschließlich der entsprechende Marktplatz-Händler. Von Amazon selbst wurde die Marke also nicht benutzt, womit es auch zu keiner Markenrechtsverletzung durch Amazon kam. 

Allerdings weisen die Richter darauf hin, dass Inhaber von Rechten an geistigem Eigentum auch andere Möglichkeiten des gerichtlichen Vorgehens hätten. So könne gegen einen „Mittler“, der einem anderen die rechtswidrige Nutzung einer Marke ermöglicht hat, auch auf Basis der Vorschriften zum elektronischen Geschäftsverkehr und zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums gegen solche vorgehen. Damit ließe sich etwa ein Versandstopp erzielen. 

Nachdem der EuGH damit auf die Vorlagefrage des BGH geantwortet hat, muss der Rechtsstreit zwischen Amazon und Coty selbst nun in Deutschland fortgeführt werden. „Amazon investiert weiterhin stark in die Bekämpfung von Fehlverhalten in unseren Stores und setzt sich dafür ein, Produktfälschungen auf null zu reduzieren. Deutsche Gerichte haben in den ersten beiden Instanzen dieses Verfahrens zu unseren Gunsten entschieden, und nach einer ersten Einschätzung des Urteils begrüßen wir die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs“, teilte uns ein Unternehmenssprecher von Amazon zum Urteil mit. 

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