Anrede im Online-Shop

Fehlende dritte Option bei der Auswahl des Geschlechts ist diskriminierend

Veröffentlicht: 27.01.2022 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 27.01.2022
Auswahl Mann Frau

Eine Person, die sich keiner binären Geschlechtsidentität zuordnet, konnte bei einer Bestellung in einem Online-Shop nur zwischen den Anreden „Frau“ oder „Herr“ auswählen.

Dabei handelt es sich um einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und es stellt eine Verletzung gegen das Persönlichkeitsrecht dar. 

Geklagt hatte eine Person mit nicht binärer Geschlechtsidentität gegen ein Bekleidungsunternehmen. Bei der Bestellung muss eine Auswahl zwischen „Frau“ und „Mann“ getroffen werden. Eine andere Option gab es nicht. Auch die Möglichkeit, diese Auswahl komplett wegzulassen, gab es nicht. 

Die betroffene Person machte vor Gericht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro sowie einen Unterlassungsanspruch geltend. Die Forderung blieb sowohl außergerichtlich als auch vor dem Landgericht Heidelberg erfolglos. 

Eine Diskriminierung liegt vor, ein Entschädigungsanspruch nicht 

Zwar liegt wegen der eingeschränkten Auswahl eine unmittelbare Benachteiligung von Personen vor, deren Geschlechtsidentität außerhalb des binären Systems liegt, allerdings besteht kein Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Die betroffene Person konnte den Einkauf nicht abschließen, ohne eine Auswahl über das Geschlecht zu treffen, die für sie nicht zutreffend ist. 

Wie schon das Landgericht bestätigt nun auch das Oberlandesgericht, dass die Auswahlmöglichkeit das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Ausprägung des Schutzes der geschlechtlichen Identität verletzt, aber nicht jede Verletzung den Anspruch auf Entschädigung rechtfertigt. Damit eine Entschädigung in Form einer Geldzahlung gerechtfertigt ist, muss eine schwerwiegende Verletzung des Benachteiligungsverbots, die eine gewisse Intensität der Herab- und Zurücksetzung erreicht, vorliegen, so das OLG. 

Auswahlmöglichkeit wurde bereits angepasst

Auch ein Anspruch auf Unterlassung besteht nicht, da der betreffende Online-Shop die Auswahl bereits angepasst hat. Im Anredefeld kann nun neben den Bezeichnungen „Mann“ und „Frau“ auch die Auswahl „Divers/keine Anrede“ getroffen werden. Wird diese Option gewählt, erfolgt die Anrede mit „Guten Tag [Vorname Nachname]“. Weitere Verletzungen des Persönlichkeitsrechts sind daher von dem beklagten Unternehmen nicht mehr zu erwarten. 

Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig.

Bereits im Jahr 2017 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Auswahlmöglichkeiten „männlich“ und „weiblich“ im Geburtenregister intersexuelle Personen diskriminiert. Seit Ende 2018 können Menschen, die sich nicht als männlich oder weiblich identifizieren, im Geburtenregister die Option „divers“ auswählen.  

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