Schlappe gegen die HB E-Commerce Kanzlei

Ido – Rechtsmissbrauch, geschwärzte Listen und Geldmacherei

Veröffentlicht: 03.08.2022 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 30.03.2023

Die Liste der Gerichtsentscheidungen, die dem Ido unfaires Verhalten bescheinigen, ist mittlerweile alles andere als kurz. Nun reiht sich ein neues Verfahren in die Liste ein. Diesmal ist der Ido-Verband sogar bis ans Oberlandesgericht gegangen – und hat dann auf dringendes Anraten der Richter die Berufung zurückgezogen.

Abmahnung wegen Grundpreisen für Kerzen

Abgemahnt wurde ein Mitglied des Händlerbundes wegen der fehlenden Grundpreisangabe bei Kerzen. Grundpreise müssen immer dann angegeben werden, wenn Produkte beispielsweise nach Gewicht verkauft werden. Ob dies bei Kerzen der Fall ist, ist umstritten. Daher wurde die Abmahnung nicht einfach im Raum stehen gelassen. „Wir haben argumentiert, dass der Preis pro Kilogramm bei Kerzen für den Kunden irrelevant ist. Entscheidend dürften eher Parameter wie die Brenndauer und die Qualität des Wachses sein“, erklärt uns dazu Rechtsanwältin Christin Gehder von der HB E-Commerce Kanzlei, die den Fall betreut hat. Selbst große Drogerien sind sich hier unsicher, ob die Angabe eines Grundpreises notwendig ist, oder eben nicht.

Das war allerdings nicht der einzige Punkt, den man zunächst vor dem Landgericht Frankfurt und später vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main anbrachte. Es ging wie sooft um geschwärzte Mitgliederlisten, das Verschonen der eigenen Mitglieder und natürlich Rechtsmissbrauch.

Geschwärzte Listen haben Taktik

Da die Abmahnung aus dem Zeitraum vor dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (1. Dezember 2021) stammte, musste der Ido-Verband nachweisen, dass er genug Mitglieder hat, die im gleichen Marktsegment tätig sind, wie der abgemahnte Händler. Dieser Nachweis erfolgt über Mitgliederlisten. Hier ist es üblich, dass der Verband zunächst eine geschwärzte Mitgliederliste vorlegt. Im gerichtlichen Verfahren wurde allerdings dann das Vorlegen einer ungeschwärzten Liste erzwungen. Diese wurde allerdings erst eine Woche vor dem Gerichtstermin übersendet. „Dieses Verhalten hat System“, erklärt uns die Anwältin Christin Gehder weiter. „Durch das späte Zusenden der Mitgliederliste, bleibt uns natürlich weniger Zeit, um die Liste zu überprüfen.“

Trotz der knappen Zeit konnten die genannten Mitglieder überprüft werden. Dabei kam heraus, dass ein Teil der Mitglieder gar nicht am Markt tätig war und der überwiegende Teil, der es war, den abgemahnten Verstoß selber begingen. 

Abmahnungen als Mittel zum Zweck

Tja, warum die Mitgliederlisten oft nicht auf dem aktuellen Stand sind, darüber lässt sich nur spekulieren. Entweder hat der Ido schlicht selbst keinen Überblick und pflegt die Listen nicht anständig oder es wird darauf spekuliert, dass die Liste in der Kürze der Zeit keiner detaillierten Überprüfung seitens der Gegner unterzogen wird. 

Das „Warum“ spielt auch erst einmal keine Rolle. Wichtig ist, dass die Liste eben nicht dazu geeignet ist, eine Abmahnlegitimation zu belegen. „Darum warfen wir dem IDO das systematische Verschonen der eigenen Mitglieder vor und im Umkehrschluss, dass Abmahnungen, die gegenüber Nicht-Mitgliedern ausgesprochen werden, nicht dem Schutz des Wettbewerbs, sondern allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausgesprochen werden sowie mit dem Zweck, neue Mitglieder zu akquirieren“, schildert die Rechtsanwältin das weitere Vorgehen.

Dieser Ansicht schloss sich dann im Ergebnis auch das Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 27.08.2021, Az: 3 - 10 O 123/19) an und sprach ein Urteil zugunsten des Händlerbund-Mitgliedes. 

Ido macht vor OLG einen Rückzieher

Gegen das Urteil legte der Ido-Verband allerdings noch Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main an. Allerdings kam es hier zu keiner Entscheidung. Bei der mündlichen Verhandlung vor dem OLG am 21. Juli 2022 schlossen sich die Richter der Ansicht des Landgerichts Frankfurts an und regten dringend an, die Berufung zurück zu nehmen. Das tat der Ido dann auch. Damit ist das Urteil aus der ersten Instanz rechtskräftig und zeigt erneut, dass der Ido eben nicht dem Schutz des fairen Wettbewerbs dient, sondern ganz eigene Interessen erfolgt.

Leider hat dieser Rückzug vor dem OLG die Folge, dass die Frage, ob ein Grundpreis bei Kerzen angegeben werden muss, noch immer nicht obergerichtlich entschieden ist. „Daher empfiehlt es sich, Grundpreise bei Kerzen grundsätzlich anzugeben. Aber wir konnten dem Ido, gegen den wir mit vereinten Kräften seit Jahren kämpfen, mal wieder beweisen, dass er mit seinen Abmahnungen sachfremde Motive verfolgt und hoffentlich bald ganz von der Bildfläche verschwindet. Auf der Liste der qualifizierten Einrichtungen ist er nach wie vor nicht“, heißt es abschließend von Rechtsanwältin Christin Gehder.

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