Berechtigte Äußerung?

BGH: Darf eine negative Ebay-Bewertung entfernt werden?

Veröffentlicht: 28.09.2022 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 29.09.2022
Hände halten Smiley-Sticker

Vor dem BGH geht es heute um die Bewertung – oder genauer um den Anspruch, sie entfernen zu können. Der beklagte Verfasser einer Bewertung hatte auf Ebay vier Gelenkbolzenschellen erworben. Etwa ein Viertel des zu zahlenden Preises machten die Versandkosten aus. „Ware gut, Versandkosten Wucher!!“ war dann der Inhalt der Bewertung, die der Käufer dem Händler hinterließ. Ist das eine zulässige Aussage, oder besteht für den Händler etwa ein Anspruch auf Entfernung? 

Update: Der BGH hat ein Urteil in der Sache gefällt. Mehr Informationen gibt es hier. 

Ebay-Händler hält Bewertung für unzulässig

Schon so mancher Unternehmer hat Erfahrungen mit Bewertungen gesammelt, die nicht seinen Erwartungen entsprechen. Ist die geäußerte Kritik berechtigt, muss sie unter Umständen ausgehalten werden. Doch gibt es auch genügend Fälle, in denen der Bewertete gegen die Bewertung und ihren Verfasser rechtlich vorgehen kann, weil das Gesagte den Rahmen der Zulässigkeit verlässt – etwa wenn es sich um Schmähkritik handelt oder ein Verstoß gegen entsprechende vertragliche Bedingungen vorliegt. Nicht immer ist auf den ersten Blick eindeutig, ob der Inhalt einer Bewertung nun zulässig ist oder nicht. Und so hat es auch dieser Fall bis vor den Bundesgerichtshof geschafft. 

Der beklagte Verkäufer hatte bei einem Unternehmen aus Bayern vier Gelenkbolzen gekauft und 19,26 Euro brutto gezahlt. 4,90 Euro davon entfielen auf die Versandkosten. Nach dem Erhalt der Ware bewertete der Käufer den Händler mit dem Eintrag „Ware gut, Versandkosten Wucher!!“. Der Händler hielt diese Bewertung im Hinblick auf die Wucher-Aussage für unzulässig. 

Amtsgericht meint: zulässiges Werturteil

Nun hatten sowohl Käufer als auch Verkäufer zuvor den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ebay zugestimmt, die auch Regeln zu Bewertungen auf dem Marktplatz enthalten. „Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten“, heißt es in § 8 der AGB. 

In erster Instanz vor dem Amtsgericht hatte der Kläger mit seiner Klage, die auf Entfernung der Bewertung abzielt, keinen Erfolg. Die Bezeichnung „Wucher“, so die Richter, sei ein Werturteil, das nur dann unzulässig wäre, wenn es sich um Schmähkritik handeln würde. Um solche handle es sich hier aber nicht, weil die Bewertung im Zusammenhang mit den Versandkosten einen Sachbezug aufweisen würde. 

Berufungsgericht sieht die Sache anders – Was sagt der BGH?

In der Berufung dann sah es allerdings anders aus: Das Landgericht verurteilte den Käufer zur Entfernung der Bewertung und zum Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die Begründung: Der beklagte Käufer habe eine nachvertragliche Nebenpflicht verletzt und dadurch einen Schaden verursacht – die negative Bewertung wirke sich ungünstig auf die Möglichkeit weiterer Geschäfte des Händlers aus. Die Bewertung verstoße nämlich gegen das Sachlichkeitsgebot aus den Ebay-AGB, aus denen sich ein Schutz ergibt, der über die Abwehr von Schmähkritik und unwahren Tatsachenbehauptungen hinausgehen würde. Das Gericht meint im Gegensatz zum Amtsgericht, dass es sich um eine überspitzte Beurteilung ohne sachlichen Bezug handele, denn für einen objektiven Leser sei nicht erkennbar, warum sich die Versandkosten als Wucher darstellen. Gegen diese Entscheidung ging nun der beklagte Käufer vor dem BGH in Revision. 

Ob die Richter bereits jetzt auch schon eine Entscheidung fällen, das ist unklar – jedenfalls ist der Termin als Verhandlungstermin angesetzt. Prinzipiell stellen sich im Kontext des Falls ein paar spannende Fragen: Kann die Abgabe einer negativen Bewertung eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht darstellen? Inwiefern handelt es sich bei der betreffenden Aussage um ein Werturteil, und wäre sie nach den AGB von Ebay zulässig oder nicht?

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