R. I. P. Berechtigtes Interesse

Neuer Entwurf der E-Privacy-Verordnung erschwert Setzen von Cookies deutlich (Update)

Veröffentlicht: 16.11.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 11.02.2021

Die E-Privacy-Verordnung sollte eigentlich gemeinsam mit der Datenschutzgrundverordnung in Kraft treten. Während die DSGVO das Verarbeiten von personenbezogenen Daten insgesamt regelt, soll sich die E-Privacy-Verordnung auf den Schutz der Daten in der elektronischen Kommunikation konzentrieren. Ein Kernthema ist dabei das Setzen von Cookies. Allerdings lässt die Verordnung seit Jahren auf sich warten, weil sich die Mitgliedstaaten der EU einfach nicht einig werden. Nun sorgt ein neuer Entwurf für Furore. 

Cookies nur noch im absoluten Ausnahmefall

Zur Zeit ist das Setzen von Cookies nur mit der Einwilligung des Nutzers zulässig oder aber wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt. Ein solches berechtigtes Interesse wird bei technisch notwendigen Cookies angenommen. Die gute Nachricht zuerst: Der Entwurf sieht vor, dass sich Webseiten-Betreiber nicht mehr den Umweg über ein berechtigtes Interesse für technisch notwendige Cookies nehmen müssen, da solche Cookies explizit als Ausnahme im Entwurf genannt werden. Der Nachteil ist allerdings, dass das „berechtigte Interesse“ komplett als Grund für das Setzen von Cookies gestrichen wurde und die Frage, wann technisch notwendige Cookies gesetzt werden dürfen, laut dem Portal Basic thinking stark reglementiert werden soll. 

Um einen Cookie ohne Einverständnis des Nutzers setzen zu dürfen, muss dieser Eingriff unbedingt technisch erforderlich und dazu auch noch ausdrücklich vom Nutzer gewünscht sein. Das Setzen eines Cookies ist dann unbedingt erforderlich, wenn der Dienst, der vom Nutzer angefragt wird, ohne diesen Zugriff nicht funktioniert. Ausdrücklich erwünscht ist das Setzen dann, wenn aus dem Verhalten deutlich hervorgeht, dass ein bestimmter Dienst genutzt werden soll. Ein einfaches Weitersurfen reicht für diese Willensbekundung möglicherweise nicht aus.

Auf den Online-Handel gemünzt könnte dies bedeuten, dass das Setzen eines Cookies, der die Funktionstüchtigkeit des Warenkorbes gewährleistet nicht bereits dann erlaubt sein könnte, wenn der Nutzer den Shop betritt, weil allein durch das Aufrufen des Shops noch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Nutzer auch tatsächlich eine Bestellung tätigen möchte und daher das Setzen des Warenkorb-Cookies nicht in jedem Fall bereits durch den Seitenaufruf ausdrücklich gewünscht ist.

Kein berechtigtes Interesse mehr

Außerdem wurde das berechtigte Interesse als Grundlage für das Setzen von Cookies gestrichen. Gerade rein werbefinanzierte Medien griffen hier seit dem EuGH-Urteil des letzten Jahres auf die mit dem berechtigten Interesse verbündete Interessenabwägung zurück. Laut Entwurf soll diese Abwägung nicht mehr möglich sein. Eine Interessenabwägung für das Nutzertracking auf Webseiten oder in Apps für Marketingzwecke soll nicht mehr möglich sein. Somit dürften Marketing-Cookies nur noch via Einwilligung gesetzt werden. Dafür kommt erwartungsgemäß Kritik aus Kreisen von Wirtschaftsverbänden, die das Tracken von Nutzerbewegung im Internet als wichtig für Marketing und die Entwicklung neuer Technologien und Tools einschätzen, etwa im Bereich Smart City.

Wie Heise berichtet, bedenkt der Entwurf diesmal auch die rein werbefinanzierten Medien: Wer kostenlos Inhalte zur Verfügung stellt, soll den Zugang zu eben diesen kostenlosen Inhalten mit dem Setzen von Cookies ohne Einwilligung des Lesers verbinden können. 

Über den vorliegenden Entwurf stimmen nun die EU-Mitgliedstaaten im EU-Ministerrat ab. Wenn der Entwurf angenommen wird, nehmen die Mitgliedstaaten Verhandlungen über die Verordnung mit dem Europäischen Parlament auf. Der Entwurf dient dann als gemeinsame Verhandlungsposition der EU-Staaten. 

Update vom 17.11.2020: Vorschlag abgelehnt

Heute wurde bekannt, dass der Entwurf abgelehnt wurde. Ein Sprecher des EU-Ministerrats teilte gegenüber Golem mit, dass der Vorschlag Deutschlands „unausgewogen“ war. Weiter heißt es, dass sich die neue Ratpräsidentschaft ab Januar 2021, die Portugal innehaben wird, weiter mit dem Thema befassen und einen neuen Textvorschlag verfassen wird. Wann das Thema wieder auf der Agenda steht, sei allerdings noch nicht bekannt.

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