Fragwürdige Schönheitsideale

Norwegen führt Gesetz zur Kennzeichnung retuschierter Werbung ein

Veröffentlicht: 14.10.2022 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 14.10.2022

Egal, ob in sozialen Medien, auf und in Magazinen oder auf Werbeplakaten – überall lächeln uns Menschen mit perfekten Körpern entgegen. Diese idealisierten Darstellungen haben wenig mit der Realität zu tun, aber in der Vergangenheit trotzdem zu vielen fragwürdigen Körpertrends geführt. Mit der No-Filter-Bewegung (#nofilter) setzte zwar eine Art Gegentrend ein, der zum Ausdruck bringen soll „Hier wird nichts geschönt”, doch die Werbeindustrie ist noch Lichtjahre von einem realistischen Bild entfernt. 

Label „Werbung” und „Retuschierte Person” 

Wenn ein bekanntes Unternehmen ein großes Werbebudget einsetzt oder sich ein populärer Influencer für Geld im Netz in Szene setzt, wird nichts dem Zufall überlassen und es wird glatt gebügelt und aufgehübscht, bis sich die Balken biegen. Gegen diesen ungesunden Körperdruck führte der norwegische Staat ein Gesetz ein. In Frankreich soll übrigens ein vergleichbares Gesetz seit 2017, in Israel seit 2013 gelten.

Voraussetzung: Retusche führt zu Körperdruck

Seit dem 1. Juli dieses Jahres müssen Werbeanzeigen und kommerzielle Posts, die in Norwegen platziert werden, gekennzeichnet werden, wenn sie Personen enthalten, deren Äußeres verändert wurde. Mit „verändern” gemeint ist eine Anpassung der Körpergröße, der Körperform und/oder der Haut (Hautfarbe, Teint) der gezeigten Person.

Hat ein Model also mittels eines externen Bildbearbeitungsprogramms oder auswählbaren Filters in einem sozialen Netzwerk plötzlich einen makellosen Teint, erscheint fünf Kilo leichter oder zehn Zentimeter größer, setzt eine Kennzeichnungspflicht ein. Voraussetzung ist vor allem, dass die Retusche einen gewissen Druck erzeugt, weil die gezeigte Person als perfekt und makellos dargestellt wird, was sie in Wirklichkeit aber nicht ist.

Der Hinweis erfolgt mittels eines Logos, welches deutlich auf dem Bild platziert werden und sieben Prozent der Bildfläche einnehmen muss. Es gibt drei Versionen, wovon eine in der oberen linken Ecke der Anzeige platziert werden soll. Das standardisierte Etikett kann von den Seiten der norwegischen Verbraucherschutzbehörde heruntergeladen werden. Überwacht werden soll die Umsetzung von ebendieser Behörde, die bei einem Verstoß zur Kennzeichnung auffordern oder bei Unterlassen ein Bußgeld verhängen kann. Die Regelung gilt für jegliche gewerbliche Werbung, also auch für Influencer, die Anzeigen im Internet und in sozialen Medien schalten. Private Posts gelten nicht als Werbung und können wie bislang bearbeitet werden. 

Photoshop-Gesetz mit Hintertürchen

Wie Profis das Gesetz umgehen können und mit Kameratricks, Beleuchtung, Make-up oder Schönheitsoperationen trotzdem zum perfekten Foto kommen, wird sich noch zeigen. Jedenfalls sieht das Gesetz hier Erleichterungen vor. Anpassungen der Beleuchtung beim Fotografieren oder Filmen fallen beispielsweise nicht unter die Kennzeichnungspflicht, so das FAQ der norwegischen Verbraucherschutzbehörde.

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