Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – Alles nur Fassade

Veröffentlicht: 07.11.2016 | Geschrieben von: Peggy Sachse | Letzte Aktualisierung: 20.12.2016

Die ADR-Richtlinie bezweckte die Errichtung von Schlichtungsstellen in allen EU-Staaten. Der Schlichterspruch der qualifizierten Juristen hätte Verbrauchern und Unternehmern den teuren und langwierigen Weg vor die Gerichte erspart. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Schlichtungsstellen jedoch verhindert.

Streitschlichtung
© Lightspring – shutterstock.com

Verbraucherschlichtungsstelle darf sich nur eine Einrichtung nennen, welche anerkannt wurde. Die nicht vorhandenen Schlichtungsstellen in Deutschland sprechen Bände. Die Gründe hierfür finden sich im deutschen Umsetzungsgesetz zur ADR-Richtlinie, dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz. 

Verbraucherschlichtungsstellen finanziert durch Unternehmer

Verbraucherschlichtungsstellen müssen sich finanziell tragen. Da die Schlichtungsverfahren für Verbraucher kostenlos sein sollen, ist klar, dass wieder einmal die Unternehmer zur Kasse gebeten werden. Damit sich die Schlichtungsstelle trägt, müssten sich zunächst einmal genügend Unternehmer zusammenfinden und die Errichtung vornehmen.

Unnötig teure Schlichter

Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz verlangt, dass die Streitmittler die Befähigung zum Richteramt besitzen müssen. Dies bedeutet, dass die Juristen zwei Staatsexamen vorweisen und damit Volljurist bzw. Rechtsanwalt sein müssen. Die ADR-Richtlinie schreibt nur vor, dass die Schlichter ein allgemeines Rechtsverständnis besitzen sollen. Diese Schlichter kann keine private Verbraucherschlichtungsstelle bezahlen. 

Erfahrene Schlichter, die aber keine Erfahrungen sammeln durften

Ein weiteres Kriterium des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes für die Schlichter ist das Vorweisen von Fachwissen im Verbraucherschutz. Allerdings darf der Streitmittler in den letzten drei Jahren vor seiner Bestellung weder für Unternehmen oder Unternehmerverbänden noch für Verbraucherverbände tätig gewesen sein. Damit darf ein vertieftes Fachwissen im praktischen Verbraucherschutz nicht erworben werden. 

Unabhängige Schlichter, aber abhängige Schlichtungsstellen 

Den Todesstoß erfährt das Vorhaben einer Verbraucherschlichtungsstelle dann dadurch, dass zwingend ein Verband an allen wichtigen Entscheidungen zu beteiligen ist. Ein Mitspracherecht muss bei der Auswahl der Schlichter, bei der Verfahrensordnung und jeder Änderung hieran gewährleistet sein. Kein Unternehmen möchte sich bei allen grundlegenden Dingen das Wohlwollen eines Dritten einholen. Hinzu kommt, dass dieser Verband seine Mühen wohl nicht kostenlos zur Verfügung stellen wird. 

Schlichtungsgebühren, die höher als der Streitwert sind 

Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz hält noch eine weitere Überraschung bereit, denn die Schlichtungsgebühren dürfen den Streitwert theoretisch sogar übersteigen. So darf bei einem Streitwert bis 100,00 € die Gebühr für die Schlichtung 190,00 € tragen. Die einzige existierende allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle in Deutschland verzichtet allerdings in seiner Kostenordnung auf solch überhöhte Kosten.

Da es jedoch keine privaten Verbraucherschlichtungsstellen gibt, wird Unternehmen die Entscheidung abgenommen. Fraglich ist allerdings, wie die Unternehmer ihrer ab 1. Februar 2017 geltenden Informationspflicht nachkommen sollen, die Verbraucher auf eine für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen. 

Fazit 

Die deutsche Überregulierung hat dazu geführt, dass Verbraucherschutz und Verbraucherschlichtungsverfahren verhindert werden. Wir hatten auch hier schon berichtet. Die Zielstellung der ADR-Richtlinie, dass der Zugang zu Schlichtungsstellen von den EU-Mitgliedstaaten geschaffen wird, wurde komplett verfehlt.

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