Ausstehende Zahlungen

Klagewelle von Masken-Lieferanten rollt auf Gesundheitsministerium zu

Veröffentlicht: 11.08.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 11.08.2020
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit einem Mundschutz

Am Anfang der Coronakrise war nicht nur das Klopapier knapp, sondern auch die Masken. Das spürte auch der Gesundheitssektor: In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen fehlten die dringend benötigten Schutzmasken. Für das Gesundheitsministerium war klar, dass hier schnell gehandelt werden musste. Also wurde ein sogenanntes Open-House-Verfahren ausgearbeitet. Anders, als beim üblichen Vergabeverfahren, sucht sich der Bund beim Open-House-Verfahren die Vertragspartner nicht aus, sondern verpflichtet sich dazu, mit jedem, der ein Angebot macht, einen Vertrag zu schließen und die Masken zu erwerben. Dabei wurde vom Bund ein Preis von 4,50 Euro pro FFP-2-Masken bzw. 60 Cent pro OP-Maske festgelegt. 

Mangelhafte und ungeeignete Produkte

Das Bundesgesundheitsministerium habe durch dieses Open-House-Verfahren gut 738 Aufträge vergeben. Dem Maskenmangel sollte damit wirksam entgegen gewirkt werden. Allerdings berichtete der Tagesspiegel im Juni, dass Hunderttaussende der mehr als eine halbe Millionen Masken im Lager vor sich hin stauben.

Der große Ansturm war für den Bund überraschend. Immerhin müssen die Masken vor der Weitergabe an die Kassenärztliche Vereinigung und die Länder vom TÜV geprüft werden. Dabei kündigte sich bereits der nächste Ärger an: Jede fünfte Maske habe „nicht den Normanforderungen“ entsprochen.

Doch auch auf Händlerseite sorgte das Vergabeverfahren für Frust: Zum einen berichteten viele Lieferanten, dass das Ministerium nicht auf Nachrichten reagieren würde, zum anderen lässt das Geld auf sich warten. 

400 Millionen Euro werden eingefordert

Offenbar wollen einige Lieferanten nun nicht mehr auf ihr Geld warten und haben stattdessen Klage beim zuständigen Landgericht Bonn gegen das Bundesgesundheitsministerium eingereicht. Wie die Zeit berichtet, sollen aktuell 48 Klagen bei Gericht anhängig sein. Außerdem sollen pro Woche etwa zehn neue hinzu kommen, heißt es weiter unter Berufung auf Angaben des Gerichts. Gut einhundert weitere Lieferanten bereiten gerade rechtliche Schritte gegen den Bund vor. Insgesamt sollen so schätzungsweise 400 Millionen Euro eingefordert werden. 

Die betroffenen Händler geben an, gar nicht oder nur teilweise vom Bund bezahlt worden zu sein. Das Bundesministerium gibt indes an, dass dort nur 21 Klagen mit einem Volumen von 59 Millionen Euro bekannt seien. Diese Aussage ist allerdings nicht weiter verwunderlich: Es kann durchaus sein, dass von den bei Gericht eingegangenen Klageschriften noch nicht alle an das Ministerium zugestellt wurden. Außerdem seien Qualitätsmängel und falsch gestellte Rechnungen der Grund für die „Verzögerungen beim Zahlungsziel“, berichtet die Zeit weiter unter Verweis auf die Welt am Sonntag. 

Ernst & Young sollte helfen

Um die chaotischen Verhältnisse wieder in den Griff zu bekommen, beauftrage Jens Spahn Ernst & Young mit dem Management. Hier kündigt sich allerdings bereits anderer Ärger an: Die Vergabe an Ernst & Young war möglicherweise rechtswidrig, da die Wirtschaftsberater ohne öffentliche Ausschreibung beauftragt wurde. Da laut Tagesspiegel eine Verfahrensrüge eingereicht wurde, beschäftigt sich nun seit Juli das Kartellamt mit dem Fall. 

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