Wir wurden gefragt

E-Mail-Werbung ohne Einwilligung – Wann ist das zulässig?

Veröffentlicht: 07.10.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 07.10.2020
Benachrichtigung für E-Mail auf Laptop

Newsletter und Werbung per E-Mail sind für Online-Händler ein einfaches und kostengünstiges Mittel, um viele Kunden zu erreichen und die Bindung zu verbessern – wäre da bloß nicht die Notwendigkeit, die Empfänger vorher um Erlaubnis zu bitten. Denn, da ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ganz deutlich: Eine Einwilligung muss sein. Oder etwa doch nicht? Tatsächlich gibt es da eine Ausnahme: Die sogenannte Bestandskundenwerbung. Sie kommt tatsächlich ganz ohne diese Einwilligung aus. 

Bedeutet das nun tatsächlich, dass Händler hier ganz unverfangen werbliche E-Mails an Kunden verschicken dürfen? Das wurden wir gefragt. 

Der Standardfall: Werbung per E-Mail nur mit Einwilligung

Ausnahmsweise ist es einmal nicht primär die DSGVO, welche eine Einwilligung für den Versand von Werbung per E-Mail erforderlich macht. Ausschlaggebend ist eine Vorschrift aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Demnach ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer – wie Verbraucher, aber auch Gewerbetreibende – in unzumutbarer Weise belästigt wird, unlauter. So steht es in § 7 Abs. 1 UWG. Das Gesetz geht dann einen Schritt weiter und sagt, wann eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen ist.

Zur Werbung per E-Mail heißt es in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG:

„Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen (...) bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt (...)“.

Es braucht also für die Bewerbung per E-Mail eine Einwilligung. Diese Werbung kann z.B. ein Newsletter sein, laut der Rechtsprechung aber zum Beispiel auch die Aufforderung an den Kunden, eine Bewertung für den Shop abzugeben. Völlig unerheblich ist es übrigens, ob der Adressat eine Privatperson oder ein Unternehmer ist. Das Gesetz macht hier keinen Unterschied. 

Die Ausnahme im Gesetz: Bestandskundenwerbung ohne Einwilligung

Von diesem Regelfall gibt es nun die gesetzliche Ausnahme der Bestandskundenwerbung – die oftmals entweder nicht, oder aber falsch genutzt wird.

Schauen wir, was das Gesetz hier für Möglichkeiten gibt: 

„Abweichend von Absatz 2 Nummer 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn

  1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
  2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
  4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.“, so § 7 Abs. 3 UWG. 

Das UWG nennt hier also die konkreten Bedingungen, unter denen der Versand einer Werbe-E-Mail nicht per se unlauter ist, obwohl keine Einwilligung eingeholt wird. 

Vorsicht: Enge Bedingungen der Bestandskundenwerbung

Zusammengefasst sieht die Bestandskundenwerbung hier so aus: Bestehenden Kunden darf Werbung für ähnliche Waren und Dienstleistungen per E-Mail geschickt werden, bis der jeweilige Kunde widerspricht. Und die Bedingungen? Hier darf nun nicht vergessen werden, dass es sich um eine Ausnahmeregelung handelt. Die Bedingungen, unter denen die Bestandskundenwerbung möglich ist, sind entsprechend sehr eng, was Online-Händler jedenfalls beachten sollten. Legen sie die Regeln zu weit aus, drohen ernsthafte Konsequenzen. 

Was also braucht es für die rechtmäßige Bestandskundenwerbung?

  • Der Online-Händler muss die E-Mail-Adresse des Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware/Dienstleistung vom Kunden erhalten haben.

Das bedeutet: Der Kunde muss seine E-Mail-Adresse tatsächlich auch bei einem Kauf hinterlassen haben. Hat er beispielsweise nur ein Kundenkonto angelegt und dabei seine E-Mail-Adresse angegeben, aber keinen Kauf durchgeführt, darf diese also bereits nicht verwendet werden. Gleiches gilt, wenn der Kauf abgebrochen wurde. Der Kunde muss mit dem Händler einen Vertrag geschlossen und ihm dabei seine E-Mail-Adresse gegeben haben. 

  • Es dürfen ausschließlich eigene ähnliche Waren/Dienstleistungen beworben werden. Hier kommt es nun für Online-Händler oft zur entscheidenden Frage: Was sind nun ähnliche Waren? Dafür gibt es keine festen Regeln. Beachtet werden kann, dass es sich eben um eine Ausnahmeregel handelt, weshalb sich nicht allzu weit aus dem Fenster gelehnt werden sollte. 

Wurde dem Kunden ein Pullover verkauft, wird man ihm auch andere Oberteile anbieten können. Ebenso ist das Bewerben von Zubehör- und Ersatzteilen erlaubt. Insbesondere Fachhändler sollten jedoch nicht der Annahme verfallen, sie könnten nun beliebige Produkte ihres gesamten Sortiments als ähnliche Waren in die Bestandskundenwerbung einbetten. Das macht die Werbe-E-Mail unter Umständen nicht nur rechtswidrig, sondern wird gegebenenfalls auch die Adressaten missmutig stimmen. Und die können sich durchaus wehren, dazu später. 

  • Dieser Punkt besteht genau genommen aus zwei Bedingungen: Einerseits darf der Kunde der Verwendung seiner E-Mail-Adresse nicht widersprochen haben. Das setzt andererseits voraus, dass der Kunde darum überhaupt weiß: Er muss bei Erhebung der E-Mail-Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich informiert werden, dass seine E-Mail-Adresse zum Versand von Werbung genutzt wird und er dieser Verwendung jederzeit widersprechen kann. 

Die gesetzliche Anforderung, den Kunden bei der Verwendung seiner E-Mail-Adresse auf seine Widerspruchsmöglichkeit hinzuweisen, kann weitgehend einfach mit einem Hinweis bzw. einem Link zum Abbestellen in der jeweiligen Werbe-E-Mail realisiert werden. 

Vielen Händlern wird jedoch die Hinweispflicht bei der Erhebung der E-Mail-Adresse zum Verhängnis, weil sie schlichtweg nicht erfolgt ist. Zu dem Zeitpunkt, zu dem der Online-Händler durch einen Kauf die E-Mail-Adresse vom Käufer erhält, muss er diesen über seine Widerspruchsmöglichkeit informieren, z.B. über einen deutlichen Hinweis am Formularfeld. Nicht selten entscheiden sich Online-Händler aber erst im späteren Verlauf, die Bestandskundenregelung zu nutzen – wenn die E-Mail-Adresse bereits erhoben ist, und es somit keinen ordnungsgemäßen Hinweis gab. Das ergibt ein Problem mit den rechtlichen Anforderungen für die Bestandskundenwerbung.

Achtung, hier kommt die DSGVO!

Zwar braucht es auch nach der DSGVO keine Einwilligung, wenn die Voraussetzungen der Bestandskundenwerbung eingehalten werden. Die Datenverarbeitung lässt sich hier über ein berechtigtes Interesse rechtfertigen. Bei Erhebung der E-Mail-Adresse muss der Kunde insofern auch transparent über die Datenverarbeitung und deren Zweck informiert werden. Hält der Händler die Regeln der Bestandskundenwerbung jedoch nicht ein, gefährdet das auch die datenschutzrechtliche Rechtmäßigkeit und stellt das berechtigte Interesse auf mehr als wackelige Füße. Die Werbung ist also unter Umständen nicht nur nach dem UWG unlauter, sondern der Händler begeht auch noch einen Datenschutzverstoß. 

Und schließlich muss ein Widerspruch eines Kunden natürlich berücksichtigt werden. Auch dann, wenn er z.B. nicht den Link nutzt, den der Online-Händler zum Abmelden in die E-Mail gesetzt hat, sondern alternative Kommunikationswege nutzt. 

Konsequenzen: Das droht bei Verstößen

Werden bei der Nutzung die Vorschriften zur Bestandskundenwerbung nicht eingehalten, kann das für den Werbenden Folgen haben. Hier ergibt sich zunächst das Risiko von Abmahnungen und Unterlassungsansprüchen. Die können hier im übrigen auch von Verbrauchern selbst nach dem BGB geltend gemacht werden. 

Auch die Datenschutzbehörden kann ein Verstoß hier auf den Plan rufen, insbesondere wenn sie durch einen Empfänger über das Geschehen informiert werden. Hier besteht dann das Risiko von Bußgeldern. 

Online-Händler sollten die Bedingungen der Bestandskundenwerbung daher gut kennen und die Ausnahmeregelung nicht überstrapazieren. Alternativ sollte darüber nachgedacht werden, das Ganze vielleicht doch lieber über die gute alte Einwilligung zu lösen. Informationen erhalten Online-Händler auch auf der Händlerbund-Wissenseite zum Versand von E-Mail-Werbung. Dort findet sich zudem ein Mustertext zur Hinweispflicht bei Erhebung der E-Mail-Adresse. 

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