Wir wurden gefragt

Versandkosten im Gewährleistungsfall – Wer muss zahlen?

Veröffentlicht: 15.09.2021 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 18.08.2022

Nicht immer läuft im Handel alles am Schnürchen: Mal dreht das Paket noch eine Extrarunde auf dem Weg zum Kunden, mal fällt dem Besteller ein, dass er schon mehrere Jahre nicht mehr unter der angegebenen Anschrift wohnhaft ist. Aber auch mit der Ware selbst kann etwas schiefgehen. Zum Beispiel funktioniert der verkaufte Kopfhörer nach zwei Wochen nur noch auf einer Seite. 

Letzteres ist unter Umständen ein Fall für die Gewährleistung. Insbesondere für Online-Händler spielt hier das Thema Versandkosten eine Rolle. Denn irgendwie muss die angeblich mangelhafte Sache überprüft werden, und die reparierte oder Ersatzware auch zum Käufer kommen. Wir wurden gefragt: Wer ist für die Versandkosten im Gewährleistungsfall zuständig? Und ändert sich etwas mit der Rechtslage durch die Warenkaufrichtlinie, deren Umsetzung zu Beginn 2022 in Kraft tritt?

Gewährleistungsfall: Versand zur Warenprüfung

Macht ein Verbraucher einen Mangel geltend, hat der Händler zunächst grundsätzlich das Recht, sich selbst ein Bild von der Sache zu machen. Gewährleistungsrechte bestehen schließlich dann, wenn ein Mangel überhaupt und tatsächlich vorliegt, und das auch schon im Zeitpunkt des Gefahrübergangs auf den Käufer der Fall war. Auch spielt es natürlich eine Rolle, ob und mit welchem Aufwand der Mangel behoben werden kann. 

Auf die Ferne gelingt das dem Händler in der Regel schlecht. Daher trifft den Verbraucher die Obliegenheit, die Ware zur Überprüfung dem Händler zuzuschicken. So hat es der Bundesgerichtshof vor einigen Jahren festgestellt. Ein Hinweis am Rande: Das gilt allerdings nicht in jedem Fall, wie der EuGH (Urteil v. 23.05.2019, Rs. C-52/18) für sperrige oder etwa besonders zerbrechliche Kaufsachen klarstellt; hier muss sich der Händler gegebenenfalls zum Käufer bemühen. 

Der Käufer ist also, soviel lässt sich festhalten, im Falle einer Mängelrüge grundsätzlich dazu verpflichtet, die betreffende Ware zum Händler zu schicken – wenn der Händler dies verlangt. Und wie sieht es mit den Kosten dafür aus? 

Online-Händler müssen Vorschuss leisten

Hier gibt es im Ergebnis zwei mögliche Ausgänge:

Käufer hat Gewährleistungsanspruch

Stellt sich heraus, dass der Käufer einen Gewährleistungsanspruch hat, muss der Verkäufer die Kosten des Versands der betreffenden Ware zu ihm selbst übernehmen. In § 439 Abs. 2 BGB heißt es dazu „Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen“. 

Käufer hat keinen Gewährleistungsanspruch

Es kann aber auch sein, dass kein solcher Anspruch besteht; etwa weil der Käufer selbst für den Mangel verantwortlich ist. Dann liegt die Kostentragungspflicht für den Versand zum Händler beim Käufer.  

Nun könnte der Händler auf die Idee kommen, die Versandkosten erst dann zu erstatten, wenn er die Ware erhalten und geprüft hat und sich der Gewährleistungsanspruch als erwiesen herausstellt. Der gesetzgeberischen Intention würde das allerdings zuwider laufen. Daher gilt eine Vorschusspflicht für den Händler, er muss die Versandkosten also auslegen – etwa durch vorherige Überweisung, oder indem er dem Kunden ein passendes Versandlabel zur Verfügung stellt. Zeigt sich später, dass kein Gewährleistungsanspruch besteht, kann er die Kosten jedoch ggf. zurückverlangen. 

Versand zurück zum Käufer – was gilt hier?

Ein weiterer Versandweg kann erforderlich sein. Hat der Verbraucher die Ware an den Händler geschickt, und es stellt sich heraus, dass gar kein Gewährleistungsfall vorliegt, muss die Sache wieder zurück zum Käufer. In diesem Fall muss auch der Käufer die Kosten des Versands tragen, ein Gewährleistungsfall lag ja schließlich nicht vor. 

Anders liegt wiederum der Fall, in dem ein Gewährleistungsanspruch gegeben ist. Hat sich der Käufer etwa mit der Bitte um Reparatur an den Händler gewendet, muss auch hier die (reparierte) Ware zum Käufer zurückkommen. Hier kommt wieder die Vorschrift § 439 Abs. 2 BGB zum Tragen: Der Rückversand der Ware an den Käufer ist hier nun Teil der Nacherfüllungspflicht des Händlers. Die Kosten muss er selbst tragen. 

Warenkaufrichtlinie – Was ändert sich zum 1. Januar 2022?

Anfang 2022 werden sich diverse vertragsrechtliche Bereiche ändern, da zum 1. Januar die Umsetzung der Warenkaufrichtlinie in Kraft tritt. Mit dabei sind auch Anpassungen im Hinblick auf die Rechtslage bei Nacherfüllungen. Was ändert sich?

  • Dem Verkäufer die Ware zur Prüfung zur Verfügung zu stellen, wenn ein Mangel geltend gemacht wird, ist künftig ausdrücklich als Pflicht im Gesetz normiert und nicht mehr nur eine Obliegenheit mit Wurzeln in der Rechtsprechung. 
  • In dem Fall, dass Verkäufer eine mangelhafte Sache ersetzen, haben Sie bislang einen Anspruch darauf, dass der Käufer die mangelhafte Sache zurückgewährt. Klar, schließlich wäre der Verbraucher unter Umständen deutlich besser gestellt, wenn er einen Ersatz bekommt und die mangelhafte Sache auch noch behalten darf. Doch die Situation kann auch anders herum sein: Gerade große Händler überlassen die kaputte Ware bislang oft dem Verbraucher – ein Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren Händlern, die die mangelhafte Ware für den Lieferantenregress benötigen oder es sich nicht leisten können, mangelhafte Ware zu ersetzen, ohne sie vorher zu prüfen. Künftig sind Händler verpflichtet, die Ware (auf ihre Kosten) zurückzunehmen, besagt die Gesetzesbegründung.
  • Nach jetzigem Rechtsstand müssen Händler bei entsprechenden Waren auch für die Ein- und Ausbaukosten aufkommen. Klargestellt ist künftig, dass der Verbraucher auf diesen Kostenersatz keinen Anspruch hat, wenn er zum Zeitpunkt des Einbaus schon von dem Mangel wusste. 

Mehr Informationen über die anstehenden Änderungen durch die Warenkaufrichtlinie gibt es hier

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