Wir wurden gefragt

Retoure geht nach Widerruf verloren – Wer haftet?

Veröffentlicht: 11.07.2022 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 19.07.2022

Manchmal passt es einfach nicht: Gefällt Verbrauchern die im Internet bestellte Ware nicht, haben sie gegenüber Händlern das Recht zum Widerruf – von dem auch fleißig Gebrauch gemacht wird. Grundlos können sie ihre Ware zurückschicken, sind an den Vertrag entsprechend nicht mehr gebunden und erhalten, sofern bereits bezahlt, ihr Geld zurück. 

Was aber, wenn das Paket unterwegs verschwindet und den Händler nicht erreicht? Musst das Geld dann dennoch erstattet werden? Wir wurden gefragt. 

Der Fall: Paket nach Widerruf verschwunden 

Fassen wir den Ausgangspunkt kurz zusammen: Angenommen, Verbraucherin K hat wirksam den Widerruf erklärt, verpackt die zurückzusendenden Waren ordnungsgemäß und gibt das Paket beim Versanddienstleister auf. K macht sich zunächst keine weiteren Gedanken. In der Zwischenzeit aber geht es nicht so wirklich voran mit ihrem Paket. Womöglich ist es irgendwo vom Band gefallen und von einem Mitarbeiter des Transportdienstleisters zu Unrecht für Abfall gehalten worden.

Später fällt K beim Blick auf ihre Kontoauszüge auf, dass der Kaufpreis der zurückgesendeten Artikel nie erstattet wurde. Erbost meldet sie sich beim Händler, der die Erstattung aber verweigert, da die Rücksendung bei ihm gar nicht angekommen sei. 

Rücksendung verloren gegangen – wer trägt das Risiko? 

Wie liegt der Fall hier? Ein Blick in das Gesetz hilft weiter. § 355 Abs. 3 S. 4 BGB verrät mit Blick auf das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen: „Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren“. Dabei geht es natürlich nicht um eine Gefahr, die von der Sendung selbst ausgeht, sondern um die Gefahr, dass die Rücksendung zufälligerweise zerstört oder beschädigt wird. Zum Beispiel, indem der Transportdienstleister sie verliert. Nicht gemeint ist hingegen die Situation, in der die Beschädigung oder der Verlust darauf zurückzuführen wäre, dass die Lieferung nicht ordnungsgemäß von K verpackt wurde – diese Aufgabe resultiert aus ihrer vertraglichen Rücksichtnahmepflicht. 

Geld zurück auch ohne Eingang der Retoure beim Verkäufer?

Das Risiko, dass der Transportdienstleister die Rücksendung nach der Erklärung des Widerrufs verliert, liegt also beim Unternehmer, sprich Online-Händler. Dieser muss den Kaufpreis also prinzipiell zurückerstatten. Aber gilt das auch, wenn er das Paket überhaupt nicht erhält? 

Hier sagt das Gesetz in § 357 Abs. 4 S. 1 BGB: „Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat.“ Die Rücksendung muss also nicht zwingend beim Online-Händler ankommen. Ausreichend ist erstmal also schon, dass K nachweisen kann, die Lieferung mit den Waren beim Transportdienstleister aufgegeben zu haben. Dafür kann regelmäßig der Einlieferungsbeleg herangezogen werden oder die Sendungsnummer, was Online-Händler auch häufig in solchen Fällen fordern. 

Angenommen, K hat das Paket ordnungsgemäß und vollkommen korrekt verpackt und eingeliefert – kann aber den Einlieferungsbeleg mit der Sendungsnummer nicht mehr auftreiben. Oder sie hat gar keine Sendungsnummer, weil die Lieferung ohne diese und ohne Versicherung zurückgeschickt wurde. Ist das das Problem von K? Nein. Das Gesetz verlangt nicht den Nachweis per Sendungsnummer, sondern nur den Nachweis. Kann der erbracht werden, kann sich der Verkäufer nicht mehr auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen. Da kann am Ende zum Beispiel auch eine valide Zeugenaussage ausreichen. 

Wer kommt dann für den Schaden auf? 

Ware verschwunden, Geld erstattet – Bleibt der Händler nun auf der Situation sitzen? Unter Umständen ja. Theoretisch hat er die Möglichkeit, sich an den Transportdienstleister zu wenden und hier einen Ersatz zu verlangen. Ob das geht, das hängt nicht nur von den Bedingungen des jeweiligen Versanddienstleisters ab, sondern kann auch aus praktischen Gründen schwierig sein. Etwa, weil K den Vertrag über die Rücksendung mit dem Transportdienstleister geschlossen hat und der Händler gar nicht Vertragspartner ist. Aus juristischer Sicht kann man solche Fälle über eine Drittschadensliquidation lösen, die unter Umständen aber mit Aufwand und Anwälten einhergeht. 

Andere Möglichkeiten? Man könnte an den Wertersatz denken, der im Widerrufsrecht eine Rolle spielt. Die Anwendungsfälle sind im Gesetz aber umrissen, und der Verlust durch den Transportdienstleister gehört nicht dazu. Auch durch Einbau einer entsprechenden Klausel in den AGB können Händler diese Bestimmung nicht umgehen – vielmehr würden sie Gefahr laufen, deswegen auch noch abgemahnt zu werden. 

Hilft das Mitsenden eines Retourenlabels?

Tatsächlich aber können Händler über praktische Gestaltungsmöglichkeiten nachdenken. Etwa, selbst ein Retourenlabel zur Verfügung zu stellen. Das müssen Käuferinnen und Käufer zwar nicht nutzen, aber wenn sie es tun, dann hat der Händler quasi die Wahl des Versanddienstleisters in der Hand und ist auch dessen Vertragspartner – die Klärung mit dem Versanddienstleister dürfte so häufig einfacher gelingen. Von Vorteil kann es auch deswegen sein, weil der Händler so den Leistungsumfang bestimmen und etwa versicherten Versand wählen kann. Verbraucherinnen und Verbraucher dürfte er zur Wahl des versicherten Versands nämlich nicht verpflichten. Dabei muss das Zurverfügungstellen eines Retourenlabels auch nicht bedeuten, die Kosten auf die eigene Kappe nehmen zu müssen. 

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