Dreist oder berechtigt?

Ware behalten: Kundin holt sich Geld über Amazon zurück

Veröffentlicht: 09.02.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 06.02.2023
Amazon-Pakete, die übereinander gestapelt sind
In unserer neuen Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

Der Handel auf Amazon kann auch mal zum Abenteuer werden. Das betrifft insbesondere die A-Z-Garantie. In dieser Woche geht es um eine Amazon-Sellerin, der die Entscheidung des Marktplatzes Bauchschmerzen bereitete: Sie hatte eine Kundin mit einem Fahrrad beliefert. Nach dem abgeschlossenen Versand gab die Kundin gegenüber Amazon an, dass das Rad einen Mangel habe. Amazon gibt der Kundin recht und erstattet auf Grundlage der A-Z-Garantie den Kaufpreis. Nun hat die Kundin also sowohl Ware als auch den Kaufpreis. Die Sellerin sieht das nicht ein. Immerhin hat sie doch auch Rechte. Sie versendet daraufhin eine Mahnung, in der sie die Käuferin zur Zahlung des Kaufpreises auffordert. Diese lehnt die Forderung ab. Immerhin hat Amazon hier eine endgültige Entscheidung gefällt. Zu Recht? 

Grundsatz: A-Z-Garantie als Vertrag zwischen Amazon und der Kundschaft

Bei der A-Z-Garantie handelt es sich, wie eben bei jeder Garantie, um einen Bonus. Anders als das gesetzliche Gewährleistungsrecht, ist die Garantie ein extra Versprechen, welches nicht nur durch den Verkaufenden, sondern auch durch Dritte, wie etwa das herstellende Unternehmen, gegeben werden kann. 

Genauso ist es auch mit der A-Z-Garantie: Amazon verspricht in seinen AGB, den Kaufpreis in bestimmten Fällen zu erstatten. So ein Fall ist beispielsweise dann gegeben, wenn die Kundschaft der Ansicht ist, dass das Produkt nicht die vereinbarten Eigenschaften aufweist.

 

Dass damit die A-Z-Garantie für verkaufende Unternehmen nicht bindend ist, stellte erst 2022 der Bundesgerichtshof (Urteil vom 01.04.2020, VIII ZR 18/19) fest. Alles andere wäre laut BGH auch unfair: Wird ein A-Z-Garantie-Antrag nämlich zu Ungunsten der Käuferschaft entschieden, kann sich diese mittels des gesetzlichen Gewährleistungsrechts noch direkt an den Verkäufer oder die Verkäuferin wenden. Andersherum muss der Weg zu den gesetzlichen Ansprüchen auch offen bleiben und eben nicht durch die A-Z-Garantie gesperrt sein. 

Fazit: Käuferin darf sich nicht auf Amazon-Entscheidung ausruhen

Für den Ausgangsfall bedeutet das, dass die Verkäuferin sehr wohl eine Mahnung aussprechen darf, wenn sie der Ansicht ist, dass ihr nach den gesetzlichen Vorschriften mehr zusteht, als die Entscheidung über den A-Z-Garantieantrag hergibt. Die Kundin kann sich bei einem Sachmangel natürlich auf die gesetzliche Gewährleistung berufen. Allerdings führt das Gewährleistungsrecht eher nicht zu dem Ergebnis, dass sie am Ende Ware und Kaufpreis einbehalten darf. Vielmehr muss sie der Händlerin zunächst die Möglichkeit geben, das Fahrrad auf den behaupteten Mangel hin zu prüfen. Ist der Mangel tatsächlich vorhanden, gilt es zunächst den Nacherfüllungsanspruch zu erfüllen. Erst, wenn dieser nicht erfüllt wird, darf über einen Rücktritt nachgedacht werden. Allerdings liegt es auch hier in der Natur der Sache, dass die mangelhafte Ware am Ende des Rücktrittes bei der Händlerin ist, während der Kaufpreis an die Käuferin zurückerstattet werden muss.

Die einfache Ablehnung der Mahnung mit Verweis auf Amazons Entscheidung ist unberechtigt und damit dreist. 

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