Dreiste Verbraucher – So schlagen Sie betrügerischen Kunden ein Schnippchen

Veröffentlicht: 16.03.2018 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 16.03.2018

Verbraucher haben eine starke Lobby in Politik, Wirtschaft und Medien. Dieser Aussage wird wohl jeder – insbesondere Online-Händler – zustimmen können. Durch zahlreiche Gesetze werden ihnen umfangreiche Rechte gewährt. Das Widerrufsrecht im Internet oder Erleichterungen bei der Beweisführung sind nur zwei Beispiele. Doch während immer wieder – und zu Recht - betrügerische Händler an den Pranger gestellt werden, sind es in den wenigsten Fällen die Verbraucher, denen man auf die Finger klopft.

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Ist der Kunde immer König?

Kunden meckern, bis sich die Balken biegen. Ist es die zu lange Lieferzeit oder zu hohe Versandkosten, oder manchmal einfach nur die Tatsache, dass der Kunde am Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden ist. Getreu dem Motto „Der Kunde ist König“ schlucken die Händler ihren Frust herunter und machen gute Miene zum bösen Spiel. Doch das Thema Betrug durch Verbraucher rückt im Online-Handel immer mehr in den Fokus.

Das Forschungsprojekt ABBO (Analyse und Bekämpfung bandenmäßigen Betruges im Onlinehandel) hat mit Hilfe einer Umfrage untersucht, wie oft Online-Händler Opfer von bandenmäßigem Betrug geworden sind. Die Unternehmen seien häufig von Warenkreditbetrug (51 Prozent) oder Missbrauch des Widerrufsrechts (49 Prozent) betroffen. Mit Blick auf die Häufigkeit der jeweiligen Delikte pro Jahr gaben die befragten Händler an, im Durchschnitt fünf Mal pro Jahr betroffen gewesen zu sein.

Wir haben das Feedback unserer Leser gesammelt und wollen nun zu den Strategien der häufigsten Maschen der Verbraucher Stellung nehmen.

Missbrauch des Widerrufsrechtes

Dem Verbraucher steht bei Internet-Bestellungen ein Widerrufsrecht zu. Punkt. Daran gibt es nichts zu rütteln. Nur für sehr wenige Ausnahmen, etwa für Spezialanfertigungen oder schnell Verderbliches, ist der Kauf unumkehrbar. Fällt ein Widerruf unter keine der dort genannten Ausschluss- und Erlöschensgründe und hat tatsächlich ein Verbraucher bestellt, muss von einem bestehenden Widerrufsrecht ausgegangen werden.

Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Missbrauchs kommt nur ausnahmsweise in Betracht, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer. Um arglistiges Verhalten eines Verbrauchers handelt es sich, wenn es dem Kunden darauf angekommen wäre, den Händler zu schädigen oder zu schikanieren. Das zu beweisen ist unmöglich und entsprechend sind Präzedenzfälle Mangelware. Allein aus der Tatsache, „dass“ Kunden massenhaft bestellen und dann retournieren, kann man dem Kunden das Widerrufsrecht nicht verwehren.

Online-Händler können ihren Kunden aber zumindest die Retoure „erschweren“, wenn sie folgende Fakten verinnerlichen:

  • Meist haben Kunden nur ein Widerrufsrecht von 14 Tagen, welches mit der Zustellung beginnt. Mit rechtzeitiger Rücksendung ist die Frist gewahrt. Dennoch schadet es nie, hier einmal nachzuprüfen, ob die Frist eingehalten wurde oder der Kunde den Zeitraum bereits überschritten hat. Dann kann der Händler kulant sein – oder bei besonders dreisten Fällen - eben nicht.
  • In der Widerrufsbelehrung kann vereinbart werden, dass der Käufer stets die Kosten der Rücksendung zu tragen hat.
  • Außerdem findet sich standardmäßig in jeder Widerrufsbelehrung der Hinweis, dass die Erstattung des Kaufpreises erst erfolgt, wenn die Retoure wieder beim Händler eingetroffen ist oder der Kunde einen Versandbelegt eingereicht hat.
  • Vorkasse-Zahlungsarten (auch PayPal) können den Kunden ebenfalls davon abhalten, massenhaft Waren zu bestellen. Wer die Rechnungszahlung nicht verwehren will, kann jedoch zumindest auf Zahlungsanbieter zurückgreifen, die die Abwicklung übernehmen.
  • Von der Sperrung des Kundenkontos wegen zu vieler Retouren ist jedoch abzuraten, da es hierzu bisher keine feste Gesetzesgrundlage gibt.

Bleibt noch das Problem der beschmutzten, benutzten oder beschädigten Retouren. Kommt die Ware in einem schlechteren Zustand wieder beim Händler an, kommt unter bestimmten Voraussetzungen ein Wertersatz infrage. Es ist dem Käufer zwar ausdrücklich gestattet, den erworbenen Gegenstand zu prüfen. Geht der Umgang jedoch über das zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren „Notwendige“ hinaus, kommt ein Wertersatz ins Spiel. Bei der Beurteilung, ob dem Händler ein Wertersatz zusteht, ist zwar wie so oft im Einzelfall zu entscheiden. Bei hohen Kaufsummen macht es jedoch durchaus Sinn, einmal näher hinzuschauen und weitere Schritte abzuwägen.

Paket nicht erhalten oder unvollständig? Die Masche mit dem Warenbetrug

Es ist das Horror-Szenario eines Händlers, wenn der Kunde behauptet, überhaupt keine Ware erhalten zu haben. Dann geht eine ewige Litanei der Spurensuche los, die nicht selten im Zwist mit dem Kunden endet. Bei einem Transportverlust ist der Verkäufer verpflichtet, dem Kunden den Kaufpreis zu erstatten, wenn dieser glaubhaft versichern kann, dass er die Ware nie erhalten hat. Glaubhaft machen kann der Kunde das beispielsweise mit der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Ob hier das Vertrauen oder Misstrauen in den Kunden überwiegt, ist Geschmackssache.

Lassen Sie jedoch nicht locker und werden besonders bei Kunden stutzig, bei denen dies mehrfach vorkommt. Dienstleister, die die Echtheit einer Adresse prüfen können, sind ebenfalls ein Ausweg. Zudem kann bei solchen Kunden künftig auch eine abweichende Lieferanschrift, etwa eine Zustellung in einer Postfiliale, vereinbart werden.

Weil die Sendungsnachweise meist belegen können, ob der Kunde recht hat, versuchen es betrügerische Kunden auf andere Weise. Sie behaupten, sie haben zu wenig erhalten. In der Rechtsfolge ist so eine (behauptete) Zuweniglieferung ein Gewährleistungsfall, und kommt einem Defekt gleich. Hier wird dem Kunden zunächst per Gesetz geglaubt, er habe zu wenig erhalten. Sie können jedoch durch Zeugen, Lieferscheine oder Versandbelege (mit Gewichtsnachweis) den Gegenbeweis erbringen. 

Fehlende Zahlungsmoral

Insbesondere die Anonymität des Internets macht es möglich, bei der Zahlungsmoral vom rechten Weg abzukommen. Ein eigenes Risikomanagement ist daher für Unternehmer unverzichtbar. Kundenservice hin oder her... ohne Methoden, die die Identität und Liquidität in Echtzeit überprüfen, gehen Händler früher oder später wegen Zahlungsausfällen baden.

Das deutsche Datenschutzgesetz ermächtigt Händler zur Bonitätsprüfung für Zahlungsarten wie dem Kauf auf Rechnung. Warum sie nicht in vollumfänglichen Maß nutzen? Wer hierfür weder Zeit noch Kapazitäten hat, greift auf spezialisierte Zahlungsanbieter zurück, die das volle Risiko eines Zahlungsausfalls übernehmen.

Bleibt die Zahlung trotzdem aus, ist auch der Gang über die Strafverfolgungsbehörden nicht verwehrt:

 

Ungeachtet der Strafbarkeit bleibt die offene Zahlung verfolgbar – über den zivilrechtlichen Weg. Allerdings benötigen Unternehmer hier einen langen Atem. Der Weg über Rechtsanwälte, Inkassounternehmen und Gerichte erfordert Einiges an Geduld. Das Risiko, dass beim säumigen Schuldner am Ende „nichts zu holen“ ist, sollte daher ebenfalls in die Waagschale geworfen werden.

Die Negativbewertung als Druckmittel

Das Vertrauen potenzieller Kunden zu gewinnen, ist eine der anspruchsvollsten Aufgaben im Online-Handel. Kundenbewertungen sind zu einem wichtigen Bewertungskriterium geworden und Kunden legen großen Wert auf authentische Rezensionen - sie sind die Mund-zu-Mund-Propaganda des Online-Handels und deshalb nicht zu unterschätzen.

Die Studie des Händlerbundes zu unfairen Kundenbewertungen zeigt jedoch auch die zehn Brennpunkte im deutschen Online-Handel. Darunter stehen Negativbewertungen, die als reines Druckmittel gegen Händler angewandt werden an zweiter Stelle. Klingt nach Erpressung? Ist ein Kunde unzufrieden und droht an, das auch öffentlich kundzutun, ist dies zwar moralisch verwerflich. Den Straftatbestand der Erpressung erfüllt die Drohung aber noch nicht, da jeder seine Meinung frei äußern darf.

Angesichts des Ausmaßes negativer Kritik im Netz fragen sich viele Händler jedoch: Was kann ich gegen negative Kommentare tun und was ist rechtlich erlaubt? Gegen Meinungsäußerungen und wahre Tatsachenbehauptungen kann man zunächst gar nichts tun. Rechtsschutz bietet sich jedoch bei folgenden Fällen an:

  • Der Bewertende behauptet Unwahrheiten.
  • Der Bewertende beleidigt Sie.

Strategien gegen solche negative Bewertungen können sein:

  • Kontakt mit dem Kunden suchen und ihn um Löschung bitten;
  • in einigen Fällen kann es auch Sinn machen, die Bewertung selbst neutral zu kommentieren;
  • Aufforderung der Plattform oder des Bewertungsportales, die Bewertung zu löschen;
  • Anzeige bei der Polizei, wenn die Aussagen unwahr oder beleidigend sind;
  • zivilrechtlicher Weg über einen Rechtsanwalt und eine Klage auf Löschung der Bewertung.

Anwalt oder Polizei?

Betroffene Online-Händler dürfen den Gang zur Polizei keinesfalls scheuen, um eine effektive Strafverfolgung zu gewährleisten. Aber Vorsicht: Die Erstattung einer Anzeige bei der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft setzt Ermittlungen in Gang. Nur, wer ernsthafte Gründe zur Annahme einer strafbaren Handlung hat, sollte diesen Weg wählen.

Parallel zur strafrechtlichen Verfolgung durch die Strafbehörden ist der zivilrechtliche Weg nicht zu vergessen. Bestellen beispielsweise einzelne Kunden massenhaft Waren auf Rechnung und haben keine Absicht, diese zu bezahlen, ist neben der strafrechtlichen Verantwortlichkeit auch die Einforderung der Zahlung nicht zu vergessen. Vertrag ist Vertrag. Wer einkauft, muss auch zahlen können. Tut er dies nicht freiwillig, wird er zur Zahlung durch Mahnverfahren und/oder Inkassodienste gezwungen.

Fazit

Sicherlich werden Ihnen beim Lesen noch viele andere Konstellationen und Maschen einfallen. Wie weit hier eine rechtliche Auseinandersetzung getrieben werden soll, ist Geschmackssache. Von exzellentem Kundenservice bis hin zur Strafanzeige wegen Warenbetruges ist alles möglich. Der goldene Weg liegt gewiss in der Mitte. Während die Konfrontation mit dreisten Verbrauchern bei kleinen Händlern schon zu Existenzproblemen führen können, geht es dem mittelständischen Händler oft um die Genugtuung und er kann meist aus Kulanz für einen zufriedenstellenden Kundenservice sorgen.

Kommt es zu Problemen mit dem Kunden, ist trotzdem, insbesondere bei hochpreisigen Artikeln, rechtlicher Rat einzuholen. Eine Alternative zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kann auch das Online-Schlichtungsverfahren sein.

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