Können Unterlassungserklärungen bei rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen gekündigt werden?

Veröffentlicht: 20.04.2018 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 20.04.2018

Dem Abmahnschreiben liegt regelmäßig im Anhang eine Unterlassungserklärung bei, die der abgemahnte Online-Händler unterzeichnen soll. In den meisten Fällen wird diese Erklärung auch tatsächlich (in modifizierter Form) abgegeben. Wir wurden gefragt, wie man eine Unterlassungserklärung wieder loswird, wenn sich die ursprüngliche Abmahnung später als rechtsmissbräuchlich herausstellt.

Rechtsmissbrauch
© jocic / Shutterstock.com

Fälle von Rechtsmissbrauch schwer nachweisbar

Die Meinungen zum Thema Abmahnungen sind geteilt: Einige Online-Händler finden sich schlicht und ergreifend damit ab, dass sie mit Abmahnungen im E-Commerce leben müssen. Andere hingegen geben auf und machen bei größeren finanziellen Engpässen die Schotten dicht. Wiederum andere finden Abmahnungen durchaus berechtigt, wenn sich Konkurrenten mit cleveren Tricks einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Festzuhalten bleibt, dass Abmahnungen nach wie vor eine legale Maßnahme sind, um den ordnungsgemäßen Wettbewerb zu sichern. Wenn der gerügte Verstoß aber nur deshalb geltend gemacht wird, um „überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen“ zu verfolgen, ist dies rechtsmissbräuchlich. Stellt sich die Abmahnung tatsächlich später als rechtsmissbräuchlich heraus, kann der Abgemahnte die Erstattung der eigenen Rechtsverfolgungskosten verlangen.

Unterlassungserklärung zunächst verbindlich 

Abgesehen von den Rechtsanwaltskosten hat die unterzeichnete Unterlassungserklärung jedoch noch viel schlimmere Konsequenzen. Der Online-Händler, der einmal eine Unterlassungserklärung unterzeichnet hat, ist durch diese grundsätzlich sein ganzes Leben lang gebunden. Solange sich der zur Unterlassung verpflichtende Online-Händler an die Vorgaben der Unterlassungserklärung hält, muss er nichts befürchten. Begeht er aber in der Folge denselben Fehler wieder, droht die Zahlung einer (sehr hohen) Vertragsstrafe. 

Hier gilt generell: Vertrag ist Vertrag! Auch wenn sich später herausstellt, dass die Abmahnung unberechtigt war, gilt: Eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung ist trotzdem wirksam (vgl. Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 29.04.2014, Az.: 6 U 10/13). Dies gilt auch für Fälle, in denen sich die ursprüngliche Abmahnung im Nachhinein als rechtsmissbräuchlich herausstellt. Auch diese Unterlassungserklärungen werden nicht automatisch hinfällig, sondern bestehen weiter fort.

Kündigung einer Unterlassungserklärung wegen Rechtsmissbrauch

Oft steht zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Unterlassungserklärung noch gar nicht fest, ob die Abmahnung rechtsmissbräuchlich ist. Viele Fälle von Rechtsmissbrauch kommen erst später ans Tageslicht, beziehungsweise werden erst viele Monate oder Jahre später von Gerichten als verbindlich rechtsmissbräuchlich eingestuft. Dann wurde die Unterlassungserklärung aber bereits unterzeichnet und muss befolgt werden.

Betroffene Händler haben jedoch die Möglichkeit der Kündigung der Unterlassungserklärung: Ist es aufgrund der missbräuchlichen Abmahnung zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages gekommen, kann der Abgemahnte den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen (Landgericht München I, Urteil vom 31.01.2017, Az.: 33 O 20356/15; Kammergericht Berlin, Urteil vom 09.12.2016, Az.: 5 U 163/15, 5 W 27/16). 

Außerdem kann im Falle der Forderung einer Vertragsstrafe schon vor dessen Kündigung der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden.

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