Zalando im Shitstorm: Über empörte Kunden und kopfschüttelnde Mitarbeiter

Veröffentlicht: 16.04.2014 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 16.04.2014

In scheinbar regelmäßigen Abständen zieht ein Sturm im Online-Paradies auf – und wieder trifft es Zalando. Nachdem dem Fashion-Unternehmen in einem Enthüllungsbericht von RTL menschenunwürdige Arbeitsbedingungen vorgeworfen wurden, machen sich empörte Kunden über Facebook und Twitter Luft. Zalando reagiert recht verhalten und zeigt sich „erschüttert“.

Digitaler Regen: Shitstorm über Zalando

(Bildquelle Digitaler Regen: Refat via Shutterstock)

Bereits gestern haben wir über die drastischen Vorwürfe berichtet, denen sich Zalando momentan stellen muss: Eine Reporterin von RTL hatte mehrere Monate verdeckt im Erfurter Logistikzentrum des Mode-Riesen gearbeitet und danach ihre Erfahrungen in einem Enthüllungsbericht verarbeitet. Darin wurden diverse Punkte kritisiert. So seien die langen Strecken, die im sogenannten „Pick“-Bereich von den Mitarbeitern zurückgelegt werden müssen, unzumutbar, der permanente Leistungsdruck sei viel zu hoch und die ständige Überwachung geradezu nervenaufreibend. Alles in allem formte sich im Zuge der RTL-Doku ein Bild menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen.

Shitstorm: Die Zalando-Kunden sind außer sich

Bereits kurz nach der Ausstrahlung der Sendung am Montag Abend begannen die Kunden in den sozialen Medien wie Facebook und Twitter Sturm zu laufen: „Sehr geerhte Damen und Herren, Sie sind doch absolute, gewissenslose Ausbeuter! Meine erste Bestellung (als Mann), ist somit auch die Letzte gewesen“, war dort zu lesen. Oder von Vergleichen mit „Sklaverei“.

Ein anderer User schrieb: „War nach der Reportage sehr erschüttert über soviel Unmenschlichkeit. Wenn man soviel laufen und stehen muss, darf man sich nicht mal kurz hinsetzen? Dann wird man total überwacht und bespitzelt? Auch die lieben Vorgesetzten sind doch ganz normale Menschen und haben wohl Spaß daran nach unten auszutreten? Nein, nie werde ich etwas bei Zalando bestellen. So etwas will ich nie unterstützen. Ganz furchtbar.“

„Viel problematischer als die körperliche Belastung scheint aber die psychische Belastung zu sein, sei es durch unrealistische Vorgaben, oder noch schlimmer es scheint diese "Stasi 2.0" Mentalität auch hier am Standort üblich zu sein. Also das "Ausspionieren und Verraten" von Kollegen etc. Das ganze erklärt dann auch warum die Mitarbeiterfluktuation dort bei über 10% liegt“, kommentiert ein weiterer Facebook-Nutzer.

Die negativen Kommentare, die das Unternehmen zu Tausenden erreichten, zeigen ein recht gemischtes Bild von Emotionen: Es findet sich Wut und Empörung, genau wie Unverständnis oder auch Ungläubigkeit.

Mittlerweile hat sich sogar eine eigene Facebook-Gruppe gegründet, die zum Boykott gegen das Mode-Unternehmen aufruft. Dort heißt es: „Gegen menschenverachtende Arbeitsbedingungen bei Zalando und für gerechte Behandlung der Angestellten des Onlineshops Zalando. […] Zalando wird diese unmenschlichen Methoden nur unterlassen wenn es erhebliche Konsequenzen spürt und ein Boykott ist der effektivste Weg dazu denn nur über den finanziellen Aspekt kann Zalando zu Veränderungen bewegt werden.“

Zalandos Reaktion auf den Shitstorm und verständnislose Mitarbeiter

Doch auch Zalando selbst blieb nicht tatenlos. Bereits kurz nach Beginn des Shitstorms begann das Unternehmen zu tun, was in seiner Macht stand, um die aufgebrachte Menge zu beruhigen, so zum Beispiel auf Twitter:

Auch auf Facebook versicherte das Unternehmen immer wieder, dass es bestürzt über den RTL Beitrag sei:

„Liebe Follower, auch wir sind über den Beitrag erschüttert. Wir setzen uns kritisch mit dem eigenen Unternehmen auseinander und nehmen die Vorwürfe sehr ernst. Wir wissen natürlich, dass der Beitrag viele Fragen und Kommentare aufwirft. Dafür haben wir auf der Themenseite eine aktualisierte ausführliche Stellungnahme […] sowie Antworten zu den einzelnen Kritikpunkten veröffentlicht“.

Doch nicht nur das Unternehmen selbst, auch Mitarbeiter oder ehemalige Angestellte versuchten, die Darstellungen in dem RTL-Beitrag zu relativieren. Viele von ihnen kritisierten, dass der Bericht nicht hinterfragt, sondern einfach zum Anlass genommen wird, sich dem Shitstorm anzuschließen.

„Auch ich arbeite bei Zalando, im Qualitätsmanagement (ehemals Stow) und kann diese Unterstellungen in der Form nicht bestätigen“, schrieb ein Facebook-Nutzer. „Wenn Leute lesen und sich wirklich erkundigen würden, gäbe es diesen Shitstorm hier garnicht erst... Und die schlauen RTL-Zuschauer haben nach der 2. Zeile wahrscheinlich schon aufgehört zu lesen... Sich seine Informationen aus dem TV zu holen ist ja auch einfacher....“

Darüber hinaus wurde auch die Arbeitsweise der RTL-Reporterin in Frage gestellt. So schrieb ein weiterer Nutzer: „Das ist Fließband-Arbeit und kein Spaß - sicher sind die Kritikpunkte wie Pausenzeiten glaubwürdig. Aber glaubt doch nicht wirklich alles, was ne 21-jährige ehrgeizige Reporterin erzählt. Das ist völlig unreflektierte Medienrezeption. Viel Spaß beim Shoppen mit gutem Gewissen morgen bei Aldi und H&M.“

Betrachtet man sich die immer noch hitzigen Auseinandersetzungen im Social Web, dann ist anzunehmen, dass es wohl noch einige Zeit dauern wird, bis sich die Gemüter im Fall Zalando wieder beruhigt haben.

 

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.