Erfahrungsbericht eines Händlers

Amazon-Account gehackt: „Der finanzielle Schaden ist noch nicht abzusehen“

Veröffentlicht: 13.03.2020 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 13.03.2020
Amazon-Logo auf einem Smartphone

In der Vergangenheit gab es auf dem Marktplatz von Amazon immer wieder Probleme mit gehackten Konten. Eine große Welle solcher Vorfälle ereignete sich beispielsweise Ende 2016, als zahlreiche Händler und auch Kunden von massiven Betrugsmaschen auf Amazon berichteten. Solche Szenarien sind zum Glück nur Einzelfälle. Dass sie dennoch immer wieder passieren, zeigt der aktuelle Bericht eines Händlers, der sich an die Redaktion von OnlinehändlerNews wandte.

Der Shop des Amazon-Händlers, der im Bereich Lebensmittel auf dem Marketplace tätig ist, wurde demnach in der letzten Februarwoche gehackt. Unmittelbar nachdem der Shop angegriffen wurde, habe er Amazon telefon über die feindliche Übernahme informiert. Auch wurde Strafanzeige gestellt.

15.000 Bestellungen und täglich 100 Anrufe

Die Täter waren nach Aussagen des betroffenen Händlers in der Lage, die hinterlegte E-Mail-Adresse des Seller-Central-Kontos sowie sensible Daten wie die Telefonnummer und das Passwort zu stehlen. Anschließend hätten die Täter den Account mit unzähligen Fake-Angeboten geflutet: Insgesamt 200.000 bis 300.000 Produkte sollen sie über das gekaperte Konto auf dem Marktplatz eingestellt haben.

Um an das Geld der Kunden zu kommen, nutzten die Täter eine Strategie, von der auch andere Amazon-Händler in der Vergangenheit berichteten: Sie nahmen demnach nach einer Bestellung Kontakt zu den Kunden auf und baten diese darum, das Geld auf ein anderes Konto zu überweisen.

Nach der Übernahme verzeichnete der Händler „ca. 15.000 Bestellungen und täglich an die 100 Anrufe von Kunden, die wissen möchten, ob wir die Artikel tatsächlich zu diesem günstigen Preis anbieten. Oder sie wollen wissen, wo die Ware bleibt“, beschreibt er die Folgen. Auch habe er Anrufe von Kunden erhalten, die auf die versandten E-Mails der Hacker geantwortet haben und mitteilten, dass sie das Geld für ihre bestellten Produkte überwiesen hätten. Einen Einblick in die Bestellungen, die über den Marktplatz von arglosen Kunden getätigt wurden, habe er über seinen Account bei Afterbuy erhalten.

Probleme mit dem Amazon-Service

Obwohl der Händler nach eigenen Aussagen Amazon unverzüglich über den Hackerangriff informierte, sei zunächst nichts passiert. Auch erneute Anrufe hätten keine Hilfe gebracht. „Man sei für mich nicht zuständig, aber sie geben es weiter“, soll es vonseiten Amazon geheißen haben. „Für Händler gibt es außerhalb vom Seller-Konto keine Möglichkeit, mit Amazon Kontakt aufzunehmen.“

Auch empfohlene Maßnahmen, die dem Händler von Amazon-Mitarbeitern nahegelegt worden waren, seien wenig nutzbringend gewesen. So wurde ihm beispielsweise empfohlen, das eigene Passwort des Seller-Kontos zu ändern – was allerdings nicht möglich war, da ihm durch die Hacker der Zugang zum eigenen Account nicht möglich war. – Ein Serviceproblem, von dem auch andere Händler in der Vergangenheit erzählten.

Da die ersten Versuche, das Problem über den Amazon-Kundenservice zu lösen, scheiterten, wandte er sich schließlich über Twitter an Amazon. Daraufhin erhielt er eine andere E-Mail-Adresse, an die er sich wenden sollte. Allerdings war auch dies „keine Fachabteilung für Händler“, wie er erzählt. „Trotzdem stand ich mit der Mitarbeiterin im Kontakt. Sie hat immer etwas versucht, was jedoch auch nicht geklappt hat.“

Mittlerweile habe Amazon das Händler-Konto „so geschlossen, dass die Verbrecher meinen Account nicht mehr hacken können“. Weder er noch die Fremden hätten aktuell Zugriff auf das Konto. „Vorher haben die Verbrecher es immer wieder geschafft, Amazon auszutricksen, und Ihre Produkte immer wieder hochzufahren“, erzählt er weiter. Alles in allem habe es mehr als eine Woche gedauert, bis sein Konto gesperrt wurde.

„Ich bin ein Amazon-Händler mit 99 % positiven Bewertungen – das ist Geschichte“ 

Die Auswirkungen aufgrund des Kontenübergriffs sind bislang unklar. Verkaufen könne er über die Plattform aktuell nicht mehr. „Der finanzielle Schaden ist noch nicht abzusehen“, meint der Händler weiter. Innerhalb des kleinen Teams gibt es hingegen schon jetzt Auswirkungen: Seine beiden Mitarbeiter habe er in Urlaub schicken müssen. Hinzu kommen langfristige Schäden, die er befürchte: „Kurz bevor mein Account weg war, habe ich meine Bewertungen angeschaut. Ich bin ein Amazon Händler mit 99 % positiven Bewertungen – das ist Geschichte.“

Statement von Amazon: „Wir entwickeln unsere Prozesse kontinuierlich weiter“

Wir haben Amazon zum Thema angefragt und dabei von einer Sprecherin folgendes Statement erhalten:

„Wir möchten, dass Kunden jederzeit vertrauensvoll bei Amazon.de einkaufen. Amazon duldet daher betrügerische Aktivitäten in keiner Weise und schützt jeden Kunden bei Bestellungen von Amazon Verkaufspartnern mit der A-Z Garantie, sofern die Zahlung über die Website von Amazon.de erfolgt. Sollte ein Produkt einmal nicht ankommen oder vom beworbenen Zustand abweichen, können Kunden den Amazon Kundenservice kontaktieren und mit Hilfe der A-Z Garantie die Erstattung des vollen Kaufpreises beantragen.

Wir raten Kunden für Bestellungen bei Verkaufspartnern niemals Bezahlungen außerhalb der Amazon Website zu veranlassen und stellen umfangreiche Informationen zu ihrem Schutz zur Verfügung. Wir leiten auch Zahlungen erst an Verkaufspartner weiter, wenn wir sicher sind, dass Kunden ihre bestellten Produkte oder Services erhalten haben. Sollten Verkaufspartner gegen die von ihnen akzeptierten Teilnahmebestimmungen verstoßen, ergreifen wir umgehend Maßnahmen zum Schutz der Kunden. Diese beinhalten natürlich auch die etwaige Schließung von Verkaufspartner-Konten. Amazons Systeme analysieren automatisch und fortlaufend zahlreiche Informationen, um betrügerische Aktivitäten zu erkennen. Und wir entwickeln unsere Prozesse kontinuierlich weiter, um jederzeit für eine sichere und geschützte Einkaufsumgebung zu sorgen und kooperieren mit den Behörden, um sie bei ihren Maßnahmen gegen Betrüger zu unterstützen.“

Amazon empfiehlt Zwei Faktor-Authentifizierung für Händler

Mit Blick auf die Händler, die den Amazon-Marktplatz als Verkaufsplattform nutzen, ließ das Unternehmen verlauten:

„Für Verkaufspartner gibt es mehrere Schritte, um den eigenen Account zu schützen, unter anderem sollte das Passwort regelmäßig geändert werden. Wichtig ist insbesondere, dass die Zwei Faktor-Authentifizierung genutzt wird. Verkaufspartner sollten sich bei Verdachtsfällen sofort über den Seller-Service Support an Amazon wenden, damit wir der Sache nachgehen können.

Weitere Informationen finden Verkaufspartner unter diesem Link: https://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=200355430.“

Folgende weiterführende Links empfiehlt Amazon seinen Verkaufspartnern:

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