Eingeschränkte Meinungsfreiheit

TikTok filtert offenbar bestimmte Wörter in Kommentaren heraus

Veröffentlicht: 05.10.2022 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 05.10.2022
TikTok

Wer in Kommentaren auf TikTok bestimmte Begriffe verwendet, muss offenbar damit rechnen, dass diese Kommentare nicht öffentlich angezeigt werden. Dies legen Recherchen von NDR, WDR und Tagesschau nahe. Mindestens 20 Wörter sollen demnach über automatisierte Filter zu Sperrungen führen. Unter den Begriffen finden sich „Nazi“, „Porno“ oder „Heroin“, welche möglicherweise rechtswidrige Inhalte nahelegen. Aber auch „LGBTQ“, „schwul“ oder „Sexarbeit“ seien im September bei TikTok teilweise blockiert gewesen.

TikTok bedient sich dabei offenbar dem sogenannten Shadow-Banning. Die Nutzer, deren Kommentare gesperrt werden, werden den Recherchen zufolge nicht darüber informiert, sie erhalten den Eindruck, ihre Kommentare seien öffentlich. TikTok nutzt für Sperrungen vor allem automatisierte Systeme. Man setze Technologien ein, die „proaktiv nach Kommentaren suchen, die gegen unsere Richtlinien verstoßen oder die ein Spam-Verhalten darstellen“, so eine Sprecherin des Unternehmens. Bezüglich der durch NDR, WDR und Tagesschau belegten Sperrungen, räumt die Sprecherin ein, dass „Kommentare, die nicht gegen unsere Community-Richtlinien verstießen, fälschlicherweise als potenziell schädlich gekennzeichnet“, wurden.

Keine klare Linie

Schon im Februar deckten Recherchen auf, dass TikTok Kommentare mit bestimmten Begriffen ausblendet. Das Unternehmen gelobte damals Besserung und erklärte, seine Strategie überarbeiten zu wollen. Manche Begriffe wie „homosexuell“ oder der Name der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai, die damals geblockt worden seien, waren danach wieder sichtbar. Bestimmte Begriffe allerdings, die nach den Recherchen im Februar nicht mehr geblockt wurden, waren nun im September wieder blockiert, etwa „LGBTQI“ oder „gay“.

Kurios: Bestimmte Begriffe sind unter einigen Videos geblockt, unter anderen offenbar nicht. „Kokain“, „Cannabis“ und „Crack“ werden immer gefiltert, „Crystal Meth“ und „Ecstasy“ nur manchmal. Auch „Klimakrise“ und „Klimawandel“ sowie Begriffe in Verbindung mit dem Krieg in der Ukraine seien von TikTok oft blockiert worden. Dieses, so genannte „Agenda Cutting“ sehen Wissenschaftler ebenfalls kritisch. „Zunächst erscheint das subtil, indem ich einfach zentrale Begriffe nicht zulasse, aber wenn es funktioniert, diskutiert man über diese Themen nicht mehr und das heißt dann auch, dass die Menschen, die über diese Themen diskutieren wollen, unter Umständen TikTok verlassen“, so Caja Thimm, Professorin für Medienwissenschaft und Intermedialität an der Universität Bonn, gegenüber der Tagesschau. Wenn TikTok beginne, seine Nutzergruppen subtil zu sortieren, sei dies „höchst problematisch“.

„Da findet öffentlicher Diskurs statt, aber solange wir nicht wissen, wie TikTok genau moderiert, mit welchen Werkzeugen und mit welcher Arbeitskraft, ist das ein Problem“, so Christian Stöcker, Medienwissenschaftler an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. TikTok hat angekündigt, „ausgewählten Forschenden“ noch in diesem Herbst Zugang zu der Moderationssystem-API der Plattform zu geben.

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Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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