Bitkom-Langfriststudie

„Dramatisch“ wachsender IT-Fachkräftemangel: Lösung liegt in Zuwanderung

Veröffentlicht: 11.04.2024 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 11.04.2024
IT-Job

Der Fachkräftemangel in Deutschland macht sich vor allem im IT-Bereich bemerkbar. Im vergangenen Jahr gab es in deutschen Unternehmen 149.000 unbesetzte IT-Stellen – vor fünf Jahren waren es 82.000. Und die Entwicklung werde sich künftig noch beschleunigen. Davon geht der Digitalverband Bitkom aus, der erstmals eine Langfriststudie zum Thema durchgeführt und nun vorgestellt hat. Demnach werden im Jahr 2040 663.000 IT-Fachkräfte in Deutschland fehlen, wenn nicht schnell gegengesteuert wird. Dabei sind Stellen mit IT-Schwerpunkt in Verwaltung, Bildung und Wissenschaft noch gar nicht eingerechnet.

„Der sich seit Jahren verschärfende Mangel an IT-Fachkräften betrifft das ganze Land und bremst die dringend notwendige Digitalisierung. Eine immer größer werdende Fachkräftelücke in der IT bedeutet einen Verlust von Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung, Wachstum und Wohlstand. Ohne IT-Spezialistinnen und -Spezialisten verspielt Deutschland seine digitale Zukunft“, warnt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.

Gegenmaßnahmen müssen sofort eingeleitet werden

Wintergerst betont, dass es noch nicht zu spät sei, der Entwicklung entgegenzuwirken. Notwendig sei aber, „dass in allen Bereichen gleichzeitig die richtigen Maßnahmen eingeleitet werden“. Bitkom sieht mehrere Möglichkeiten, die rapide Entwicklung zumindest abzuschwächen. Durch die Förderung des Quereinstiegs könnten demnach etwa 129.500 zusätzliche IT-Fachkräfte gewonnen werden. Schon jetzt seien ein Viertel der Fachkräfte Quereinsteiger:innen. Entsprechende Programme zur Förderung des Quereinstiegs müssten aber ausgebaut werden.

Zudem ließen sich durch Maßnahmen im Bereich Studium und Ausbildung knapp 130.000 zusätzliche Fachkräfte gewinnen, und indem ältere Beschäftigte länger im Job bleiben, könnten weitere 68.500 aktiviert werden. Besonderes Augenmerk sollte auf Frauen und Mädchen liegen, denn aktuell sind nur rund 21 Prozent der Studierenden und 10 Prozent der Auszubildenden im Bereich Informatik weiblich. „Es gibt keinen wirklichen Grund, warum nicht genauso viele Frauen einen IT-Beruf anstreben und ergreifen sollten wie Männer“, so Wintergerst.

 

Deutschland muss für ausländische Fachkräfte attraktiver werden

Allerdings: Selbst wenn alle Maßnahmen, die der Digitalverband vorschlägt, greifen, bliebe im Jahr 2040 eine Lücke von 338.000 IT-Fachkräften. Schon allein, weil der Bedarf in der Wirtschaft stetig zunimmt. Für den Digitalverband Bitkom bedeutet das: Ohne Zuwanderung geht es nicht. Zuletzt seien jährlich etwa 13.000 ausländische Fachkräfte aus der EU und anderen Ländern in IT-Berufe zugewandert. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz sieht vor, pro Jahr 75.000 zusätzliche Fachkräfte aus Drittstaaten außerhalb der EU nach Deutschland zu lotsen. Auf IT-Berufe bezogen wären das 4.000 Menschen pro Jahr.

Das ist für Bitkom-Präsident Wintergerst auch bitter nötig: „Wir werden mit dem inländischen Potenzial und der bisherigen Zuwanderung die IT-Fachkräftelücke nicht schließen können. Deutschland muss als Arbeits- und Lebensmittelpunkt für IT-Fachleute viel attraktiver werden“. Diese Menschen werden aber weltweit umworben, daher müsse Deutschland „eine offene, tolerante und freie Gesellschaft bleiben. Xenophilie statt Xenophobie, darum muss es gehen.“

Willkommensagenturen statt Ausländerbehörden

Ein Lösungsansatz für den Digitalverband ist es, Ausländerbehörden in sogenannte Willkommensagenturen umzubauen. Außerdem müsse das internationale Marketing für den IT-Standort Deutschland verstärkt werden und vor allem müsse die Einwanderung entbürokratisiert und beschleunigt werden. Dafür müssen die Verfahren digitalisiert werden. Bitkom sieht bis 2040 ein Potenzial von 321.000 zusätzlichen IT-Fachkräften aus der EU und Drittstaaten.

Würde man alle Maßnahmen des Digitalverbands umsetzen, könnte die Lücke nach eigenen Berechnungen auf etwa 35.800 reduziert werden. „Der Fachkräftemangel ist kein Naturereignis. Wir müssen auf niemanden warten oder auf etwas hoffen, wir müssen selbst aktiv werden. Seit Jahren diskutieren wir über den Fachkräftemangel in der IT und starten einzelne Projekte. Woran es fehlt, ist eine ambitionierte Gesamtstrategie. Sie muss jetzt kommen“, fordert Wintergerst.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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