Laptop und Ferien

Workation: „Der Tapetenwechsel wird durchweg geschätzt“

Veröffentlicht: 12.07.2023 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 12.07.2023
Person mit Laptop in der Hängematte am Strand

Der Sommer ist da – und angesichts der Temperaturen und Verlockungen zahlreicher Urlaubsregionen stellt sich für die eine oder den anderen womöglich gerade einmal mehr die Frage nach einer guten Work-Life-Balance. Remote Work ist für all jene Tätigkeiten, für die man vor der Pandemie noch ins Büro musste, inzwischen in vielen Branchen zum Standard geworden. Konzepte wie „Workations“ sind im Zuge dessen ebenfalls in den Fokus gerückt. 

Dabei handelt es sich um die Verbindung von Arbeit, englisch Work, und Urlaub, englisch Vacation – also remotes Arbeiten auf Reisen beziehungsweise im Ausland. Während etwa zwei Drittel der Leute den Begriff Workation noch nie gehört haben (YouGov-Umfrage, Januar 2023 bei Statista), geben wiederum 11 Prozent an, eine solche bereits einmal mitgemacht zu haben (YouGov-Studie, März 2023). Nach Angaben des TUI-Workation-Index hat sich das prozentuale Google-Suchvolumen für die Begriffe „Workation“ und „Arbeitsurlaub“ zwischen 2017 und 2022 um 1.529 Prozent erhöht. Das ein oder andere Unternehmen hat diese Art „Auszeit“ vom Büro mit ins Benefit-Portfolio aufgenommen. Doch dass Angestellte nun massenweise mit Latops in Hängematten chillen, ist noch nicht in Sicht. Ein Überblick.

Workation geht noch nicht für Jede:n

Warum Workations für Beschäftigte interessant sind, ist unterschiedlich. Es reicht von dem Wunsch, einfach besseres Wetter zu haben oder die Work-Life-Balance zu optimieren übers Kennenlernen von Leuten vor Ort, etwas Sightseeing bishin zum Sprachenlernen. Doch auch andere Gründe können in der Praxis für diese Variante sprechen, wie etwa Vodafone berichtet. Das Unternehmen ermöglicht es den eigenen Angestellten, insgesamt 20 Tage im Jahr aus dem EU-Ausland arbeiten zu können: „Manchmal wird ein Wochenende um ein paar Tage verlängert, indem aus der Urlaubsunterkunft gearbeitet wird. Aber auch der Besuch bei der im Ausland lebenden Familie wird genannt.“ Die Erfahrungen mit der Option seien sehr gut, sie werde häufig nachgefragt und 1.250 Mitarbeitende hätten sie bereits genutzt. „Der Tapetenwechsel wird durchweg geschätzt und als inspirierend wahrgenommen“, berichtet der Mobilfunkkonzern. 

Auch weitere Firmen – darunter etwa TUI, SAP, die Telekom, Microsoft, Deutsche Börse oder die Deutsche Bank – bieten Workations, insgesamt haben sich derlei Konzepte haben sich aber noch längst nicht durchgesetzt, wie eine Umfrage des ifo-Instituts im Auftrag des Personaldienstleisters Randstad im Frühjahr belegt: Erst acht Prozent der hiesigen Firmen setzen das Modell um. Selbst wenn es die Option gibt, werde sie im Schnitt wohl nur von etwa 3,3 Prozent der Belegschaft wahrgenommen – bei kleinen Unternehmen sei der Anteil etwas höher, bei größeren niedriger, schreibt der Spiegel zu diesen Untersuchungsergebnissen. Vor allem aber die größeren Firmen mit mehr als 1.000 Angstellten haben die Arbeitsurlaube bisher überhaupt eingeführt.

Der Ansatz funktioniert offenbar nicht für alle gleichermaßen gut, sondern vorrangig für Männer, die in Vollzeit beschäftigt sowie im mittleren Alter sind – und darüber hinaus mehrheitlich bereit seien, die eigene Freizeit für die Karriere zu opfern. Das ergab einerseits die YouGov-Umfrage vom März, den Trend bestätigt zudem eine Untersuchung der Unternehmensberatung PwC. Von den männlichen Befragten arbeitete jeder Zweite schon ein- oder mehrmals vom Ausland aus, bei den Frauen war es nur ein Drittel. Ob das Angebot wahrgenommen wird oder nicht, hänge außerdem Geld: Nur zwei Prozent der Befragten mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 2.000 Euro haben mehrmals von der flexiblen Arbeitsmöglichkeit im Ausland Gebrauch gemacht. Bei jenen, die zwischen 2.000 Euro und bis zu 4.000 Euro verdienen waren es 15 Prozent. Bei einem Einkommen ab 4.000 Euro war es schon mehr als ein Fünftel.  

Funktionierende Homeoffice-Regelungen als Voraussetzung  

Entscheidend dafür, wie Workations in Unternehmen angeboten bzw. auch genutzt werden können, ist auch die Frage, ob und welche Homeoffice-Regelungen es schon gibt. Kann beispielsweise bereits gänzlich remote gearbeitet werden, so nutzten laut PwC etwa 38 Prozent der Befragten die Variante, ein Fünftel sogar mehrmals.  

Bei Vodafone wird beispielsweise seit 2012 flexibles Arbeiten angeboten – 50 Prozent der Arbeitszeit konnte bereits außerhalb des Büros erledigt werden. Im Herbst 2021 erfolgte dann ein größere Umstellung auf das Konzept „Full Flex“, und diese Prozentregelung gänzlich gekippt, abgesehen von den Filialmitarbeiter:innen können nun alle immer ortsflexibel tätig sein. Um dies zu ermöglichen, stellt das Unternehmen auch die Homeoffice-Ausstattung – vom Bürostuhl, Monitor & Co über die passende Software bis zur Kostenübernahme des Internet-Anschlusses, alle Mitarbeitenden sind im Homeoffice zudem rund um die Uhr unfallversichert. Dies auch auf Auslandsaufenthalte auszweiten, erscheint damit konsequent. Damit die Variante generell in Anspruch genommen wird, hat Vodafone einen vollautomatisierten Workflow entwickelt, mit dem Mitarbeitende ihren Auslandsaufenthalt nach kurzer Rücksprache mit der Führungskraft beantragen können. Allerdings gilt es dabei auch, sich intensiv mit den rechtlichen und vertraglichen Rahmenbedingungen solcher Aufenthalte auseinanderzusetzen.

Remote Work im Ausland – komplexe Gesetzeslage

Die Umsetzung von Arbeitsaufenhalten im Ausland ist nämlich nicht ganz so einfach, weiß Dominik Skalet, International Tax Manager des HR-Dienstleisters Remote: „Leider hat Remote Work noch einen großen Haken – und das ist die Gesetzeslage, die nicht mit dem, was die Digitalisierung bereits möglich gemacht hat, mithalten kann.“ Menschen, die im Ausland arbeiten, müssten „im schlimmsten Fall mit Steuer- oder Strafzahlungen rechnen“, warnt Skalet. „Je nach Land gelten sie sogar als steuerpflichtig, sobald sie nur den Laptop aufklappen oder eine E-Mail auf dem Smartphone beantworten. Auch die Frage nach einer Arbeitserlaubnis kann eine Rolle spielen. Zum Beispiel in den USA ist diese auch dann zwingend erforderlich, wenn das Unternehmen in einem anderen Land ansässig ist.“ Immerhin, die OECD prüfe aktuell, inwiefern es notwendig ist, Steuer- und Beschäftigungsregeln anzupassen, damit ein rechtlich angemessenes Fundament für Remote Work geschaffen werden kann. 

Doch auch schon auf EU-Ebene gebe es zahlreiche Unterschiede in Bezug auf den gesetzlichen Rahmen. Personalverantwortliche müssen die entsprechenden Anforderungen genau kennen. „Im Prinzip muss je nach Einzelfall recherchiert werden, welche Gesetze in einem bestimmten Land gelten“, so der Remote-Experte. So können EU-Bürger:innen zwar wegen des Freizügigkeitsgesetzes innerhalb der EU arbeiten, doch die beispielsweise arbeitsrechtliche Anforderungen wie Arbeits- und Pausenzeiten sowie Vergütungsvorschriften können sich unterscheiden.  

Auch Vodafone hat für die Praxis entsprechend klare Regelungen erlassen. Neben der Beschränkung der Tätigkeiten auf 20 Tage müssen diese im Rahmen von 'Full Flex EU' müssen „aus privaten Räumen“ erfolgen. Außerdem ist eine rechtzeitige Beantragung einer A1-Bescheinigung zu beachten Sie ist eine notwendige Voraussetzung, mit ihr weisen Beschäftigte nach, dass sie bei einer Dienstreise ins europäische Ausland über das Heimatland sozialversichert sind. Dennoch handelt es sich bei dem Aufenthalt per Vodafone-Definition wiederum nicht um eine dienstliche, sondern eine private Reise. Reise- oder sonstige Kosten werden vom Unternehmen also beispielsweise nicht übernommen.

 

Arbeiten im Urlaub – wie lange und wo? 

Im Schnitt werden bei Unternehmen derzeit durchschnittlich Workations mit bis zu 30 Tagen im Jahr angeboten. Angestellte wünschen sich indes sogar mehr, nämlich im Schnitt 45 Tage. Ganz unmöglich sind längere Aufenthalte dabei nicht: Schon heute gibt es einige Länder, „die bedenkenlos für eine Workation bereist werden können“, erläutert Domnik Skalet. „Dazu gehören vor allem Indonesien und Schweden, in denen Nicht-Einheimische bis zu 183 Tage steuerfrei arbeiten dürfen. In Neuseeland und Taiwan ist dasselbe für 92 beziehungsweise 90 Tage möglich und Hongkong und Singapur erlauben einen bis zu 60-tägigen Remote-Work-Aufenthalt.“  

Mit Blick auf die beliebtesten Ziele liegen nach Angaben des HomeToGo Workation Index 2023 die Städte Lissabon und Porto ganz weit vorn, gefolgt von Barcelona, Amsterdam, Dublin oder Paris. Bei den Ländern seien es TUI zufolge wiederum Thailand, Dänemark, Rumänien, Frankreich, Ungarn und Spanien. Das wichtigste vor Ort ist aber allen voran eine stabile Internetverbindung. Daneben können aber auch Datensicherheitsstandards eine wesentliche Rolle spielen. 

Benefits rund um die Work-Life-Balance weiter im Fokus

Für sechs von zehn Beschäftigen ist es für die Jobwahl entscheidend sei, ob ein Unternehmen Workations anbietet, ergab eine Studie des Portals Workation.de aus dem Juni des letzten Jahres. Die Hälfte der Leute würde demnach Arbeitgeber:innen, die dies per Vertrag anbieten, bevorzugen und vier von zehn Personen würden zwei Wochen Workation jährlich einer Gehaltserhöhung vorziehen. Vor allem für Nachwuchskräften sei das Modell ein essenzielles Kriterium für die Arbeitsplatzwahl.  

Insgesamt prägt die Frage nach einer guten Work-Life-Balance die neue Arbeitswelt zunehmend. „Immer mehr Menschen sehnen sich nach Flexibilität, um mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern oder Hobbies und Leidenschaften nachgehen zu können“, so Dominik Skalet. Das bestätigt auch Vodafone: „Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Arbeitsleben mit den persönlichen Interessen, Herausforderungen und Wünschen gut vereinbaren können, arbeiten sie motivierter und haben eine engere Bindung ans Unternehmen.“ Deshab gibt es in der Düsseldorfer Zentrale seit 2007 und inzwischen auch an weiteren Standorten eine Betriebskita, Gleitzeit-Arbeitskonten, individuelle Vereinbarungen sowie konkrete Hilfs- und Beratungsangebote mit Kostenübernahmen helfen, die Pflege von Angehörigen zu ermöglichen. Doch Work-Life-Balance ist noch mehr: „Attraktive Arbeitsbedingungen im Büro und im Homeoffice, eine offene, wertschätzende, diverse Unternehmenskultur und gegenseitiges Verständnis sind uns wichtig bzw. sind die Basis für unsere Art, zu arbeiten. Das spiegelt sich auch positiv in unserer Produktivität wider“, betont das Unternehmen.

Ob man tatsächlich neben der Arbeit auch genügend abschalten und somit den fremden Aufenthaltsort genießen kann, bleibt sicher fraglich. So fällt es laut Bitkom ja bereits zwei Dritteln der Deutschen im Urlaub sehr schwer, nicht zu Arbeitsangelegenheiten erreichbar zu sein: „In Zeiten von Homeoffice und mobilem Arbeiten vermischen sich bei vielen Berufstätigen im Arbeitsalltag private und berufliche Tätigkeiten. Umso wichtiger ist deshalb, den Urlaub zur Erholung zu nutzen“, meint Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Arbeitgeber sind hier in der Pflicht, klare Regeln wie Vertretungslösungen zu etablieren, zu kommunizieren und durchzusetzen. Der Urlaub sollte nur im äußersten Notfall gestört werden.“ Entsprechende Regelungen bei Firmen sollten daher, im Sinne eines Mehrwertes für alle Beteiligten, auch diesen Aspekt berücksichtigen.

Neben den umfangreichen Leistungen in puncto Rechtssicherheit im Online-Shop bietet der Händlerbund auch den Rundum-Service für Arbeitgeber. Mit den neuen Arbeitsrecht-Paketen stehen Arbeitgebern nicht nur umfangreiche Vorlagen und Checklisten zur Verfügung, sondern auch die Rechtsberatung. Weitere Informationen zu den Arbeitsrecht-Paketen finden Sie hier.

Über die Autorin

Hanna Behn
Hanna Behn Expertin für: Usability

Hanna fand Anfang 2019 ins Team der OnlinehändlerNews. Sie war mehrere Jahre journalistisch im Bereich Versicherungen unterwegs, dann entdeckte sie als Redakteurin für Ratgeber- und Produkttexte die E-Commerce-Branche für sich. Als Design-Liebhaberin und Germanistin hat sie nutzerfreundlich gestaltete Online-Shops mit gutem Content besonders gern.

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