Themenreihe Logistik

Zukunft der Logistik: Alles auf grün

Veröffentlicht: 01.03.2021 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 01.03.2021
Zukunft Logistik Pakete

David Randall ist Director Sustainable Delivery bei Metapack. Er kümmert sich bei dem Logistikdienstleister im Grunde also um die Nachhaltigkeit in der Branche. Randall lebt und arbeitet seit Jahren in London, seine neuseeländischen Wurzeln hört man aber noch immer, auch wenn er das selbst nicht so sieht. Auf die – durchaus unfaire – Frage, wo er die Logistik in fünf oder zehn Jahren sieht, antwortet im Interview via Zoom: „Wenn du mich vor einem Jahr gefragt hättest, hätte ich dir wahrscheinlich eine ziemlich langweilige Antwort gegeben. Aber jetzt, mit all den Veränderungen, die wir im letzten Jahr gesehen haben, ist es schwierig, eine Vorhersage zu treffen.“

Vor einem Jahr hätte dieser Artikel wohl auch noch anders ausgesehen. Das Coronavirus hätte vielleicht eine kleine Nebenrolle gespielt, von einer Pandemie wäre wohl keine Rede gewesen. Diese Pandemie, in der wir uns auch im März 2021 noch immer befinden, hat gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich alles verändert. Nicht nur in diesen Wochen und Monaten selbst, sondern auch mit Blick auf die Zeit nach der Pandemie. Das gilt auch und besonders für den E-Commerce und für die Logistikbranche. Entwicklungen wurden gebremst oder beschleunigt, es gibt, wenn man so will, eine neue Einigkeit in einem bislang sehr kompetitiven, von Konkurrenz beflügelten Markt. Aber wie sieht sie aus, die Zukunft der Logistik? Und welchen Einfluss hat dabei diese Pandemie, von der wir hoffentlich sehr bald in der Rückschau sprechen können?

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Die Corona-Pandemie bremst und beschleunigt

Einigkeit herrscht darüber, dass die Corona-Pandemie ein Einschnitt für die Branche ist und das gilt nicht nur für die Logistik, sondern für alle Bereiche, die am E-Commerce verdienen. Im OHN-Interview sagte etwa Marcos Raiser do Ó, der für das deutschsprachige und das Geschäft in Mittel- und Osteuropa des Payment-Anbieters Stripe verantwortlich ist: „Klar ist, dass Konsumentinnen und Konsumenten mehr online einkaufen, und dieser Trend wird sich auch nach der Pandemie nicht wieder völlig umkehren.“ Das bestätigt auch David Randall von Metapack. Er geht davon aus, „dass diese Kaufgewohnheiten bleiben werden.“

Das hat zu einem massiven Wachstum der E-Commerce-Branche geführt. „Vor dem letzten Jahr ist der Online-Handel Jahr für Jahr im einstelligen Bereich gewachsen. In 2020 hatten wir fünf, zehn Jahre E-Commerce-Wachstum in einem einzigen Jahr. Im Vergleich zu 2019 ist der E-Commerce-Umsatz in Westeuropa im Jahr 2020 um 25 Prozent gestiegen!“, so Randall weiter. Nicht nur „Klassiker“ wie Elektronik oder Kleidung sind gefragt, wenn der stationäre Handel geschlossen bleibt, die neue Vorsicht der Konsumenten führt auch zu starken Anstiegen im Food-Bereich oder bei (nicht verschreibungspflichtigen) Medikamenten.

Logistiker betrifft dieses Wachstum ganz direkt, denn sie sorgen dafür, dass die Waren überhaupt beim Konsumenten ankommen. Mehr Aufträge benötigen mehr Lagerfläche, mehr Fahrzeuge und mehr Mitarbeiter, um den Aufwand zu stemmen. Gleichzeitig wurden Lieferketten – vor allem zu Beginn der Pandemie – über Wochen lahmgelegt, Produktionswerke vor allem in Asien geschlossen, der Flug- und Schiffsverkehr erheblich heruntergefahren. In Logistiklagern mussten Hygieneregeln angepasst werden, die die Arbeit herausfordernder gestalteten. Eine PwC-Studie zeigte kürzlich, dass die Krise auch im Logistiksektor Verlierer kannte.

Mittlerweile hat sich die Lage in weiten Teilen normalisiert, der Ausnahmezustand den Optimierungsbedarf an vielen Stellen aber offengelegt. Multisourcing und Sicherheitskonzepte in Lieferketten sind essentielle Stellschrauben, um auf Krisen reagieren zu können. Naturkatastrophen, Handelskriege oder eben Pandemien können jederzeit zu Unterbrechungen in Lieferketten führen. Daher gewinnen widerstandsfähige, geodiverse Lieferketten und die Zusammenarbeit mit mehreren Lieferanten an Relevanz. Hier spielen dann auch die Themen (Cyber-)Sicherheit und Datenschutz zunehmend eine Rolle.

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Grün ist die Zukunft

Die Krise befeuert den Wandel – sie verändert ihn aber nicht. „Die Megatrends, die uns weiterhin beschäftigen werden, sind uns bereits bekannt: neue Technologien, zunehmender E-Commerce und Nachhaltigkeit“, fasst Katja Busch, Chief Commercial Officer bei DHL, zusammen. Die Trends treten in dieser Zeit nur deutlicher zutage. Und gemein haben sie fast alle eines: Die Zukunft wird grüner. Um das zu erkennen, muss man kein Klimaaktivist sein und auch kein Lobbyist für Elektromobilität. Man muss sich nur die Tatsachen anschauen.

Mit Amazon und DHL haben sich die beiden wohl größten Player der Branche Emissionsziele selbst auferlegt. Amazon will bis 2040 klimaneutral arbeiten, DHL bis 2050. Für Beobachter sind das nicht einmal besonders ambitionierte Ziele. „Ich glaube tatsächlich, dass diese beiden Unternehmen sogar noch früher klimaneutral sein werden! Sie haben den Rückenwind, sie haben die Größe, sie haben den Schwung, um diese Auswirkungen viel früher zu erreichen“, so David Randall. Die Entwicklung wird nicht nur von Unternehmensseite vorangetrieben. Untersuchungen von Metapack legen nahe, dass etwa ein Drittel der Verbraucher die Nachhaltigkeit über praktische Überlegungen wie Kosten und Geschwindigkeit stellen würde. Das Thema wird mittlerweile also auch von Kundenseite eingefordert, wie David Randall betont.

Allein die Entwicklungen auf der Letzten Meile zeigen, wohin die Reise geht. DHL war quasi Vorreiter mit den StreetScootern, heute versuchen fast alle KEP-Dienstleister, mehr Elektrofahrzeuge einzusetzen und den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu reduzieren. Hermes zum Beispiel will bis 2025 in den 80 größten Städten emissionsfrei zustellen. Dazu kommen ganz praktische Überlegungen bei der Zustellung: Mit Lastenfahrrädern kommt man besser durch volle Innenstädte als mit Transportern. Der andere große Bereich, der Fahrten und damit Emissionen reduziert, ist die Außer-Haus-Zustellung. Bei der Nutzung von Schließfächern und Paketkästen habe man da in den letzten zwölf Monaten auch in Deutschland einen Anstieg beobachten können, so Metapack.

Zudem, und da dürfte die Corona-Pandemie ebenfalls „nachgeholfen“ haben, herrscht in der Branche eine neue Einigkeit darüber, dass Konkurrenz das Geschäft zwar belebt, Zusammenarbeit aber dennoch förderlich sein kann. David Randall macht das an einem einfachen, aber prägnanten Beispiel fest: „Letztes Jahr haben zum Beispiel die Deutsche Post, Hermes und DPD begonnen, sich in Berlin eine Fläche in einem städtischen Verteilzentrum zu teilen, um die Zustellung von Paketen per Cargobike zu erleichtern. Das hätte es vor 15 Jahren noch nicht gegeben!“ Sharing is Caring quasi.

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29 Trends in der Logistik

Der Logistics Trend Radar von DHL gilt mittlerweile als verlässlicher Gradmesser dafür, wie es um die Zukunft des Sektors bestellt ist. Für die nunmehr fünfte Edition wurden Daten der letzten sieben Jahre ausgewertet und außerdem die Erkenntnisse von über 20.000 Logistik- und Technologie-Experten in Betracht gezogen. Insgesamt 29 Trends hat man so ausgemacht und nach Einfluss aufgeschlüsselt. Außerdem versuchen sich die Autoren daran, zu prognostizieren, in welchem Zeitraum ein Trend tatsächlich relevant wird.

Schon jetzt finden sich darin Themenfelder, die man eher der Science-Fiction zuordnen würde, die, glaubt man den Prognosen, aber in nicht allzu ferner Zukunft Einfluss darauf haben könnten, wie Logistik gedacht und durchgeführt wird. Weltraumlogistik etwa könnte schon in zehn Jahren ein gar nicht mehr so irrelevanter Faktor werden. Schaut man sich an, was Nasa und Esa, aber auch die Weltraumunternehmen von Jeff Bezos und Elon Musk, aktuell planen und schon durchführen, dann ist es aber ein Feld, das die Anbieter nicht der Konkurrenz überlassen sollten. Ein SpaceX-Auftrag wäre wohl recht lukrativ. Auch Quantencomputer oder bionische Erweiterungen klingen weit weg, können aber echte Mehrwerte bieten. Exoskelette in der Lagerlogistik oder Augmented Reality-Geräte für die Mitarbeiter sind längst keine Zukunftsmusik mehr.

Mit Themengebieten wie Omnichannel-Logistik, Cloud-Computing, Automation oder künstlicher Intelligenz oder Logistikmarktplätzen behandelt der Trend Radar aber vor allem Felder, die jetzt schon mehr als Überlegungen sind und längst Einzug ins tägliche Geschäft gefunden haben. Einer der wesentlichen Innovationstreiber ist der Ausbau des 5G-Netzes. Mehr Vernetzung würde wesentliche Vorteile für die ganze Logistikbranche bedeuten. DHL sieht in den modernen Kommunikationswegen enormes Potenzial: „Unsere eigene Logistikbranche wird sowohl zu den großen Nutznießern der IoT-fähigen digitalen Revolution als auch zu ihren Wegbereitern zählen. Zwar sind einige Teile der Logistikbranche bereits smart und vernetzt, aber die nächste Generation der Drahtlostechnologien wird die nächste IoT-Welle in der Logistik einleiten“, erläutert Markus Kückelhaus, Vice President Innovation & Trend Research bei DHL Customer Solutions & Innovation, die wesentlichen Ergebnisse des Trendreports.

Matthias Heutger, SVP, Global Head of Innovation & Commercial Development bei DHL, ergänzt dazu: „Unzählige Technologien werden gleichzeitig und schnell verbessert, sie sind außerdem kosteneffizient und zunehmend allgegenwärtig. Sie werden immer besser zugänglich. Dadurch eröffnen sich nie gekannte Möglichkeiten für die Entwicklung von Applikationen und Anwendungsfällen“. Die große Herausforderung der Organisation von Supply Chains wird es in den kommenden Jahren, das Personal mitzunehmen, zu schulen und weiterzubilden.

Am Ende lassen sich alle Trends und Entwicklungen auf drei Säulen herunterbrechen: Optimierung, Technisierung und Rationalisierung. Und damit stärkt man im Kern das Ziel der Nachhaltigkeit. Schlankere, effektivere Suppy Chains, optimierte Abläufe und letztlich weniger CO2-Emissionen sorgen dafür, dass die Zukunft der Logistik eine grünere ist. Die Coronakrise kann dabei geholfen haben, den Weg dorthin ein wenig zu verkürzen.


Das vollständige Interview mit David Randall von Metapack gibt es hier übrigens auf deutsch und auf englisch hier im Video:

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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