Themenreihe Logistik

Diese Services sollen die Zustellung auf der letzten Meile verbessern

Veröffentlicht: 17.04.2023 | Geschrieben von: Corinna Flemming | Letzte Aktualisierung: 08.05.2023

Nicht erst seit dem Briefchaos im vergangenen Jahr wurde deutlich, dass die großen Paketdienste hierzulande mit den steigenden Sendungsmengen und dem akuten Arbeitskräftemangel zu kämpfen haben. Um die Zusteller bestmöglich bei ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen und die letzte Meile so effektiv wie möglich zu gestalten, setzen Hermes, DHL und Co. auf verschiedene Services. Wir haben uns ein paar dieser Programme angeschaut und welches Potenzial sie mitbringen, um die Paketzustellung auf lange Sicht effizienter und damit auch umweltfreundlicher zu machen. 

Digitale Be- und Entladeassistenz zeigt Potential zur Zeiteinsparung

Bevor sich die Zusteller überhaupt erst auf den Weg machen, um Sendungen auszuliefern, müssen die jeweiligen Zustellwagen beladen werden. Um bereits an dieser Stelle Zeit einzusparen und die Such- und Sortierzeiten zu minimieren, hat Hermes im Sommer 2021 einen Pilottest mit Volkswagen Nutzfahrzeuge sowie dem Münchener StartUp Viscopic durchgeführt und eine digitale Be- und Entladeassistenz erprobt. Die Software stammt von Viscopic und unterstützt die Boten mit einer intelligenten Beladereihenfolge. Dafür wird die Fracht in kleine Packeinheiten eingeteilt und die Pakete anschließend mit einer von Viscopic entwickelten Logik verstaut und so sortiert, um ein schnelles Wiederfinden für den Zusteller zu ermöglichen. „Die Reihenfolge der Beladung wird durch einen Beladealgorithmus bestimmt, welcher auch die Beschaffenheit der örtlichen Routen berücksichtigt. Bei der anschließenden Zustelltour hat der*die Zusteller*in über das Infotainment-System des VW Crafters zu jedem Zeitpunkt den Überblick, wo im Laderaum sich das Paket für den*die nächste*n Kund*in befindet. Dazu erfolgt ein Abgleich zwischen GPS-Position des Fahrzeugs und der Fracht.“, wie Hermes den Vorgang zum damaligen Pilotprojekt erklärte. Ändert der Zusteller seine Route, so passt sich auch das System entsprechend an. 

Während der zweimonatigen Testphase konnte der Paketdienst dank der digitalen Lade-Assistenz die Suchzeiten nach Paketen deutlich reduzieren, für die Zusteller war das Finden von Sendungen spürbar leichter, da sie nicht mehr den gesamten Laderaum sondern nur einen begrenzten Abschnitt nach einem bestimmten Paket absuchen mussten.  „Viscopic hat eine sehr durchdachte und an den Bedürfnissen unserer Zusteller*innen orientierte Lösung entwickelt, die aus unserer Sicht Potenzial hat. Wir gehen mit vielen wertvollen Erkenntnissen und auch ‚Hausaufgaben‘ aus dem gemeinsamen Pilottest heraus“, fasste Marco Schlüter, Chief Operations Officer bei Hermes Germany, die Ergebnisse des gemeinsamen Projekts zusammen. 

Nach Abschluss des Pilottests wurde Viscopic im Jahr 2021 von Teamviewer übernommen und hat seither seinen Fokus verändert. Allerdings steht Hermes auch weiterhin in Kontakt mit dem Münchner StartUp „und die Ergebnisse aus den damaligen Tests fließen in unsere Überlegungen der Weiterentwicklung der Letzten Meile ein”, wie uns eine Sprecherin auf Nachfrage bestätigte.

Neben dem digitalen Be- und Entladesystem testet Hermes aber auch an anderer Stelle, um für Erleichterung im Arbeitsalltag seiner Zusteller zu sorgen. Seit November vergangenen Jahres nutzt das KEP-Unternehmen die hauseigene Navigationslösung HERNAV für die intelligente Tourenoptimierung. Statt mit Tablet und Scanner unterwegs zu sein, ermöglicht diese neue App den Boten nun die Anwendung aller benötigten Systeme auf einem Gerät. 

What3Words: Präzise Adressdaten in drei Worten

what3words x DHL Adresse

Eine Lösung, die gleich von zwei großen Paketdiensten – Evri (ehemals Hermes UK) und DHL  – eingesetzt wird, ist das Adress-Tool What3Words. Das Geocode-System hat die Welt in ein Raster aus 3 x 3 Meter großen Quadraten aufgeteilt und jedem Quadrat eine einzigartige Kombination von drei Wörtern gegeben: eine sogenannte Dreiwortadresse. Damit hat jede Haustür, jeder Eingang in einem Wohnhaus oder jede Rampe eines bestimmten Lagerhauses seine eigene und ganz individuelle Adresse. Das erleichtert es den Zustellern, auf Anhieb die richtige Adresse zu finden und verkürzt damit lange Suchzeiten. Seit Sommer 2020 setzt auch Evri, früher als Hermes UK bekannt, in Großbritannien auf das Tool. In der Hermes-App können Kunden ihre ganze individuelle What3Words-Adresse zu ihrem Profil hinzufügen, neben den herkömmlichen Adressinformationen wie beispielsweise der Postleitzahl erhält der Fahrer so noch zusätzliche Details zum genauen Standort des Empfängers. „Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit mit what3words und die Tatsache, dass wir das erste Zustellunternehmen in Großbritannien sind, das what3words-Adressen für alle Pakete anbietet. Dies ist die jüngste Entwicklung in unserem Innovationsportfolio, welches schon seit einiger Zeit in Planung ist”, kommentierte Chris Ashworth, CIO bei Hermes UK, den Beginn der Zusammenarbeit im August 2020. Hierzu beobachtet auch Hermes Deutschland die Entwicklungen, aktuell besteht allerdings keine Zusammenarbeit hierzulande.

Neben Hermes setzt auch DHL in Großbritannien auf das Adress-System. Erst zu Beginn des Jahres wurde die Zusammenarbeit zwischen dem britischen Unternehmen und dem KEP-Dienstleister weiter ausgebaut. Einzelhändler, die Partner von DHL Parcel UK sind, können seit Jahresbeginn eine What3Words-Adresse als Lieferziel akzeptieren, sodass Kunden den genauen Zustellort, an den ihre Pakete geliefert werden sollen, noch präziser festlegen können. Den Fahrern erleichtert der Einsatz der Adresslösung so die Navigation zum Zielort und beim Empfängern wird das Risiko minimiert, dass Pakete an unerwünschten oder potenziell gefährlichen Orten abgelegt werden.

Mit folgenden Video haben DHL UK und What3Words ihre Partnerschaft verdeutlicht:

Ein ausführliches Interview mit Laura Schediwy, Expertin auf den Gebieten Mobilität, Logistik & Zustellung bei What3Words zu den Themen Probleme und Lösungen bei der Paketlieferung, gibt es außerdem an dieser Stelle

DHL-Paketkästen als bundesweite Sammelstelle

Einer der ältesten Services, welcher sowohl den Paketversand als auch den Empfang flexibler und vor allem nachhaltiger gestalten soll, sind die Packstationen der Deutschen Post DHL Group. Diese Sammelstellen für Pakete gibt es bereits seit 20 Jahren in Deutschland, im Jahr 2003 startete der Konzern mit 24 Automaten. Inzwischen gibt es Tausende von Packstationen hierzulande, im Sommer 2022 konnte der Bonner Logistiker den Meilenstein von 10.000 Automaten feiern und stellt damit das dichteste Paketautomaten-Netz in ganz Deutschland. Nach eigenen Angaben der Deutschen Post DHL Group spart jedes Paket, welches direkt in eine Packstation geliefert wird, rund 30 Prozent CO2-Emissionen auf der letzten Meile gegenüber einer regulären Haustürzustellung ein. Besonders während den Höhepunkten der Corona-Pandemie erfreuten sich die Packstationen großer Beliebtheit, die Option der kontaktlosen Paketabgabe und -annahme zur jeder Tages- und Nachtzeit haben viele Neukunden für sich genutzt. Inzwischen stehen den mehr als 19 Millionen registrierten Kunden über 900.000 Fächer in den bundesweit verteilten Paketstationen zur Verfügung.

Auch in den kommenden Jahren will der Logistiker auf einen stetigen Ausbau des Packstationsnetzes setzen, dieser ist Teil eines Digitalisierungsprogramms, welches die Deutsche Post im März 2020 vorgestellt hat und Investitionen in verschiedene Services und Lösungen vornimmt.

Paketdienste machen Haustürzustellungen zunehmend unattraktiver

Generell scheinen sich immer mehr Paketdienste von der traditionellen Haustürzustellung verabschieden zu wollen und dafür Abgaben an Paketshops oder eben Automaten für Kunden attraktiver zu gestalten. Erst vor wenigen Wochen hat GLS die Preise für seine Haustürzustellung angehoben. Sendungen, die direkt in einen Paketshop gehen, wurden im gleichen Zug günstiger gemacht. GLS folgt damit direkt dem Beispiel von DPD. Das Unternehmen hat die Preise für sogenannte Shop2Shop-Pakete im Februar 2023 um 70 Cent gesenkt. Auch bei Hermes gab es in diesem Bereich preisliche Anpassungen. Für Pakete, welche dem Boten zum Versand mitgegeben werden, muss seit dem 1. März mehr gezahlt werden.

Alle diese Änderungen machen deutlich, dass die großen KEP-Dienstleister hierzulande auch ein Umdenken bei ihren Kunden erreichen wollen und die teure Haustürzustellung reduzieren und stattdessen den Versand an Sammelstellen, wie eben Paketshops oder Packstationen, forcieren wollen.

Wann kommen die Pakete aus der Luft?

Drohne Mit Amazon Paket

Und wie sieht es denn eigentlich mit den bereits viel thematisierten Paketzustellungen per Drohne aus? Hierzu gab es in den letzten Jahren immer wieder neue Entwicklung und verschiedene Pilotprojekte. Neben DHL haben auch UPS und Amazon fleißig an der Zustellung mit unbemannten Flugobjekten gearbeitet. Besonders für die Zustellung in dünn besiedelten Gebieten oder auch die Lieferung von Medikamenten in schwer erreichbare Gegenden waren Drohnen eine Option. Allerdings scheint es oft noch an der Praxistauglichkeit zu hapern, viele Unternehmen haben deshalb Projekte mit Drohnen bereits wieder auf Eis gelegt.

Im August 2021 wurde beispielsweise das Drohnenprojekt der Deutschen Post DHL Group, der sogenannte „Paketkopter“, beendet. Damals hieß es von Seiten des Konzerns, dass der Konzern keinen Regelbetrieb mit Zustelldrohnen in Deutschland plane. „Es sind auch keine neuen Pilotprojekte vorgesehen“, so der Logistiker. Auch die Prime-Air-Drohne von Amazon bleibt bisher hinter ihren Erwartungen zurück. Der E-Commerce-Riese hat Ende 2022 einen großen Pilot-Test in den USA für die Paketzustellung mit den Flugobjekten gestartet, allerdings stößt das Projekt auf wenig Begeisterung, im März diesen Jahres sollen sich erst zehn Haushalte für den Test angemeldet haben. Dass der US-Konzern selbst wohl auch nicht ganz überzeugt von der Idee ist, dass künftig Drohnen die Pakete ausliefern können, zeigen zahlreiche Stellenstreichungen, die das Team rund um die Drohnenentwicklung bei Amazon im Januar dieses Jahres ereilte. In der Zentrale in Seattle aber auch auf einem Drohnen-Testgelände in Oregon sollen Berichten zufolge etwa die Hälfte der Belegschaft gekündigt worden sein.

Drohnen dürften in den kommenden Jahren die Paketzustellung also wenig verändern. Allerdings machen der gesteigerte Online-Konsum, Fachkräftemangel bei KEP-Diensten und das zunehmende Bewusstsein für klimafreundliche Lieferungen einen Wandel im Paketmarkt unumgänglich. Man darf gespannt sein, was die Zukunft bringt.

 

Über die Autorin

Corinna Flemming
Corinna Flemming Expertin für: Internationales

Nach verschiedenen Stationen im Redaktionsumfeld wurde schließlich das Thema E-Commerce im Mai 2017 zum Job von Corinna. Seit sie Mitglied bei den OnlinehändlerNews ist, kann sie ihre Liebe zur englischen Sprache jeden Tag in ihre Arbeit einbringen und hat sich dementsprechend auf den Bereich Internationales spezialisiert.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Corinna Flemming

Kommentare  

#2 Klaus 2023-05-15 08:48
ZITAT:

den*die nächste*n Kund*in


KOMMENTAR:

Ihr habt sie nicht mehr alle, so zu schreiben.
Kauf euch mal einen Duden ....

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Antwort der Redaktion

Lieber Klaus,

vielen Dank für Deinen Beitrag.
Wir freuen uns, wenn sich von unseren Inhalten möglichst alle gern angesprochen fühlen und befürworten daher eine gendersensible Sprache. Wir bemühen uns, einen sprachlichen Spagat zu finden. Ihr Feedback hilft uns dabei, in zukünftigen Beiträgen die richtige Balance zu finden.

Beste Grüße
die Redaktion
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#1 Peter Pan 2023-04-18 06:50
Wieso muss man jetzt schon in solchen Texten gendern? Das zerstört den Lesefluss total und ist bei der Verwendung des Plurals (die Kunden!!!) völlig Banane.

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Antwort der Redaktion

Lieber Peter,

in der vorliegenden Textpassage handelt es sich um Zitate. Diese geben wir aus Gründen der journalistische n Sorgfaltspflich t originalgetreu wieder.

Grundsätzlich begrüßen wir eine möglichst diskriminierung sfreie Sprache. Wir freuen uns, wenn sich von unseren Inhalten möglichst alle gern angesprochen fühlen, deshalb arbeiten wir stets an der Optimierung unserer Sprachrichtlini en und begrüßen Feedback zum Thema. Es kann uns dabei unterstützen, einen sprachlichen Spagat zu finden.

Beste Grüße
die Redaktion
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