Real Time Bidding

Bürgerrechtsaktivist will personalisierte Werbung verbieten lassen

Veröffentlicht: 18.06.2021 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 18.06.2021
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Entscheidungen des Landgerichts Hamburg könnten eventuell bald die Online-Werbung komplett umwälzen. Dieses Ziel hat sich zumindest der Bürgerrechtsaktivist Johnny Ryan gesetzt. Er bezeichnet die aktuelle Praxis der Online-Werbung als „größtes Datenleck der Geschichte“ und hat deswegen Zivilklage eingereicht, wie der Spiegel berichtet. Konkret geht es Ryan um die Echtzeitmarktplätze, auf denen die Werbeplätze via Real Time Bidding versteigert werden.

Dafür verklagt der Ire drei Organisationen: das IAB Tech Lab, das technische Standards für die Werbebranche festlegt, die Online-Werbebörse Xandr und ein Fachportal für OnIine-Marketing. Dieses habe, so Ryans Vorwurf, seine Werbedaten unzulässig weitergegeben. Die Datenschutzrechte der Nutzer würden von den Anbietern grundsätzlich missachtet. Einerseits verarbeiten Werbefirmen Daten, die nicht zu Werbezwecken eingesetzt werden dürfen (etwa Angaben zur sexuellen Orientierung). Andererseits wirft er Anbietern und Webseiten vor, die Nutzer nicht ausreichend über die Verwendung der erlaubten Daten zu informieren.

Geschäftsmodell Real Time Bidding im Fokus

Insgesamt umfasst die Klageschrift mehr als 180 Seiten, darunter auch interne Dokumente und Skizzierungen des Datenflusses zwischen den verschiedenen Anbietern. Ryan geht es generell um das Konzept des Real Time Bidding (RTB). Werbetreibende buchen dabei nicht bestimmte Werbeplätze, sondern quasi Zielgruppen. In Sekundenbruchteilen werden Informationen der Nutzer, nachdem sie eine Seite aufrufen, an Echtzeit-Marktplätze gesendet, und automatisiert wird im Auftrag der Werbetreibenden auf die relevanten Werbeplätze geboten und die entsprechende personalisierte Werbung ausgespielt.

Ryan, der selbst aus der Branche kommt, will dieses System abschaffen. Datenschützer aus Großbritannien haben das RTB-Konzept zwar ebenfalls als kritisch eingestuft, bislang ist aber nichts passiert. Die zuständigen Aufsichtsbehörden würden die DSGVO nicht durchsetzen, so Ryan.

Kritik aus der Branche

In der Werbeindustrie wird die Klage beim Landgericht Hamburg kritisch beurteilt. Gegenüber dem Spiegel zeigt sich etwa Thomas Duhr, Vizepräsident des Digitalverbandes BVDW, verwundert über den Vorstoß. Ryan habe bereits in 22 EU-Ländern Beschwerden über das Real Time Bidding eingereicht. Nach Absprache mehrerer Aufsichtsbehörden werden aktuell ein Verfahren in Belgien geführt. „Warum er nun eine Zivilklage einreicht, obwohl das Verfahren läuft, ist mir nicht klar“, so Duhr.

Die Online-Werbung könnte sich in den kommenden Jahren deutlich verändern, denn Johnny Ryan ist nicht der einzige, der versucht, dagegen vorzugehen. Aktuelle Gesetzesinitiativen wie die E-Privacy-Verordnung oder der Digital Services Act könnten Ryan mittelfristig die Arbeit abnehmen. Wird das Real Time Bidding tatsächlich abgeschafft, dann wird es wohl teuer für die Branche, wie Thomas Duhr im Spiegel darlegt: „Datenbasierte Werbung im weiteren Sinne macht in Deutschland heute 60 bis 70 Prozent der gesamten digitalen Werbeeinnahmen aus.“

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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Kommentare  

#1 Gunter Schmidt 2021-06-21 17:16
Das unterstütze ich uneingeschränkt . Ich will nicht permanent verfolgt werden und das wollen wahrscheinlich die Wenigsten. Ohne funktioniert aber die personalisierte Werbung nicht.
Go Johnny Ryan go

ein Webshopbetreibe r und Konsument
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