Themenreihe Payment

Buy Now Pay Later: Zwischen bequemer Bezahlvariante und Schuldenrisiko

Veröffentlicht: 07.06.2023 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 07.06.2023
Person hält Smartphone mit Buy Now Pay Later Info

Waren nicht gleich beim Kauf, sondern später zu bezahlen, ist beliebt. Sei es, um jetzt das heißersehnte Designer-Shirt zu bekommen, bevor beispielsweise das monatliche Gehalt eintrudelt, schlichte Bequemlichkeit, weil man sich nicht sofort um die Zahlungsmodalitäten kümmern muss, oder aber, weil man beispielsweise immer mal wieder rund um die eigenen Ausgaben und Einnahmen jonglieren muss und sich so ein wenig mehr Planungssicherheit verschafften kann. Gründe gibt’s dafür genug. Auch der Wunsch, mehrere online bestellte Artikel erst dann tatsächlich zu bezahlen, wenn man zu Hause eine entsprechende Auswahl getätigt hat, kann Verbraucher:innen dazu bewegen, bewusst beim Kaufabschluss auf die Option mit Zahlungsaufschub zu setzen.

Das Zahlungsprinzip „Buy now, Pay Later“, kurz auch BNPL – die Möglichkeit, nach einer Bestellung erst später zu zahlen – hat sich deshalb längst etabliert. Natürlich gibt es den Rechnungs- und Ratenkauf schon länger, allen voran etwa aus dem klassischen Katalog-Versandhandel. Handelsunternehmen arbeiten dafür selbst mit Banken zusammen und bieten entsprechende Finanzierungen. So lösen es auch heute noch beispielsweise Otto, Amazon oder auch Saturn. Verstärkt hinzugekommen sind allerdings vornehmlich in den letzten ein, zwei Jahren die BNPL-Lösungen von FinTech bzw. Payment Service Providern. Immer mehr Anbieter, darunter PayPal, Klarna, Unzer, Apple Pay, Affirm, Ratepay, Afterpay, Mondu, Scalapay oder auch Mollie – um nur einige zu nennen – haben die Bezahloption nach und nach ins eigene Portfolio aufgenommen. 

Während händler- und anbieterseitig vor allem ein reibungsloses Checkout-Erlebnis für die Kundschaft im Fokus steht, warnen Verbraucherschutzorganisationen auch vor Risiken – ein Überblick.

Das Zahlungsprinzip „Buy Now, Pay Later“ – so funktioniert’s

Grundsätzlich verbirgt sich hinter dem Konzept „Buy Now, Pay Later“ das bekannte Prinzip des Rechnungskaufs. Wer online kauft, muss den fälligen Betrag nicht sofort, sondern erst nach einer gewissen Frist begleichen und hat so beispielsweise Zeit, die Bestellung zunächst genauer zu prüfen. Beim Zahlen auf Rechnung überweist in der Regel die Kundschaft selbst den Rechnungsbetrag an das Handelsunternehmen. Um Leuten den Aufwand zu ersparen, zahlreiche Rechnungsdaten zu tippen und drumherum Zusatzoptionen wie einen Käufer:innenschutz zu bieten, haben Payment-Anbieter ein passendes Finanzierungsmodell für die Kundschaft gebastelt, bei dem diese eben nicht direkt an den Händler, sondern Zahlungen über den Dienstleister abwickeln (lassen). Kund:innen bekommen beispielsweise erst 30 Tage nach Warenversand eine Zahlungsanweisung des jeweiligen Zahlungsdienstes. Zinsen werden, soweit die Fristen eingehalten werden, dabei meist keine fällig. Teils kann diese Frist auch nochmal auf bis zu 60 Tage verlängert werden.

Aber auch eine weitere Variante von „Buy now, pay later“ gibt es am Markt – den Ratenkauf.  Auf diesem Wege kann der Rechnungsbetrag oft schon in kleinen Summen in Raten abgezahlt werden. Über einen Zeitraum von mitunter bis zu 48 Monaten bucht dann nicht das Handelsunternehmen, sondern wieder der Zahlungsdienst die fälligen Raten vom Konto der jeweiligen Käufer:innen ab, dabei fallen – gar nicht mal so geringe – Zinsen an. Es gibt aber auch zinslose Varianten. Bei einigen Anbietern gibt es die Option, einen Rechnungs- in einen Ratenkauf umzuwandeln. 

Online-Shops profitieren von Zahlungsvielfalt

Handelsfirmen, die vielseitige Payment-Lösungen in ihren Online-Shops integrieren, erhalten die fälligen Beträge nicht länger direkt von ihrer Endkundschaft, sondern von den jeweiligen Bezahldiensten. Dabei können sich die Auszahlungsmodalitäten unterschiedlich gestalten, sie werden auch vertraglich festgelegt. Auszahlungen werden etwa auch gebündelt getätigt oder erfolgen nach einem bestimmten Zeitraum. Einige Anbieter ermöglichen auch sogenannte White-Label-Lösungen, einen Check-out im Design des Online-Shops, bei dem die Kundschaft dann nicht sieht, dass die Zahlung über einen Dienstleister abgewickelt wird.

Die Online-Kundschaft erwartet zunehmend, die eigene bevorzugte Zahlungsmethode vorzufinden und einen möglichst reibungslosen Ablauf des Kaufabschlusses zu erleben. Daher ist es für Shops vorteilhaft, die Lösungen parat zu haben. Klarna zufolge steigert das Anbieten von BNPL den durchschnittlichen Bestellwert um 23 Prozent, bei Afterpay ist immerhin von 18 Prozent mehr die Rede. Die Conversion-Rate würde laut Klarna um 35 Prozent steigen. 

Dennoch gibt es auf Seiten von Shop-Betreiber:innen auch einiges zu beachten. Wie etwa das Portal Merchantmaverik herausstellt, können Gebühren für BNPL-Transaktionen höher als bei Zahlungen via Kreditkarte ausfallen. Zudem prüfen die Anbieter teils auch vorab, ob ein Shop den Dienst nutzen darf. Auch sollte man sich zumindest bewusst sein, dass mit der Integration der Zahloption auch Risiken einhergehen können. Werden bei den Diensten beispielsweise gestohlene Identitäten genutzt, kann es sein, dass im Schadensfall der Anbieter dem rechtmäßigen Kontoinhaber den Betrag zurückerstattet, während Händler:innen in dem Fall auf dem Schaden sitzen bleiben könnten. Ebenso können Kund:innen Rückbuchungen veranlassen, die zu Zahlungsstreitigkeiten führen. Diesbezüglich sollte man die Bedingungen des Bezahldienstes also genau prüfen.

Später bezahlen – die neue Schuldenfalle?

Allen voran jüngere Zielgruppen können mit der Bezahlvariante angesprochen werden. So ermittelte etwa die Schufa im Jahr 2022, dass am häufigsten 22- bis 25-Jährige auf BNPL-Lösungen zurückgreifen. Auch laut einer Auswertung von Statista greifen vor allem die Gen Z und Millennials auf die Option zurück: 

Infografik: #KlarnaSchulden - Gen Z lebt auf Pump | Statista  

Gerade weil aber bevorzugt jüngere Menschen auf Pump kaufen, ist die Bezahlmethode in der Kritik. Erst kürzlich warnte etwa erneut die Verbraucherzentrale, die Zahlweise nur „in Ausnahmefällen“ zu nutzen. „Denn wer häufig auf den Service zurückgreift, riskiert es, Schulden anzuhäufen“, so die Argumentation. 

Unter anderem auf der Social-Media-Plattform TikTok hat das Hashtag #klarnaschulden mehrere Millionen Aufrufe. Junge Leute posten darunter ihre noch offenen Rechnungsbeträge beim Zahlungsdienst Klarna – und dies teils in schwindelerregender Höhe. In den meisten Fällen lägen diese im einstelligen Tausenderbereich, ermittelte Statista. Laut t3n ist teils auch von vier- bis fünfstelligen Summen die Rede. „Dadurch, dass Sie die Funktion immer wieder nutzen können, kann es verlockend sein, immer mehr Bestellungen durchzuführen, obwohl die Käufe eventuell den eigenen Budgetrahmen übersteigen“, erläutert die Verbraucherzentrale dazu, wie diese Schulden zustande kommen. Ein Risiko läge auch darin, dass man den Überblick über ausstehende Zahlungen verliert. Auch bei Ratenkäufen handele es sich um Schulden, warnt die Organisation. Eine Studie des Forschungsinstituts Ibi Research an der Universität Regensburg im Februar 2023 bestätigt, dass sich vor allem junge Leute verschulden: Mehr als ein Viertel der 21- bis 30-Jährigen hätte Schulden durch Internetkäufe.  

Gesetzlicher Verbraucherschutz greift nicht bei kleineren Beträgen

Genutzt werden die Möglichkeiten des Kaufs mit Zahlungsaufschub, Rechnungskauf oder Ratenkredit einer Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands zufolge maßgeblich für Kleidung und Elektrogeräte, etwas seltener für Möbel.  In drei Viertel der Fälle wurden damit Summen bis zu 200 Euro beglichen. „Wenn es um Beträge unter 200 Euro geht, oder das Darlehen bzw. der Barzahlungspreis innerhalb von drei Monaten vollständig getilgt werden muss, gibt es nach dem Gesetz keinen besonderen darlehensrechtlichen Verbraucherschutz“, mahnt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). 

So entfalle dann die verpflichtende Kreditwürdigkeitsprüfung. „Was wie ein Vorteil klingen mag, ist de facto ein Nachteil“, erläutert die Behörde. „Denn wenn Sie solche kreditbasierten Zahlarten nutzen, weil das Geld knapp ist, ist es allein an Ihnen zu beurteilen, ob Sie sich den Kauf leisten können oder nicht. Zudem entfallen mit der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung auch die verbraucherschützenden Sanktionen bei einem Verstoß, die den Verbraucher vor hohen Zinsbelastungen und Überschuldung bewahren sollen.“

Die Problematik hat auch die EU bereits auf den Plan gerufen, die nunmehr an strengeren Regeln für Rechnungskäufe arbeitet. Im Entwurf der geänderten Verbraucherkreditrichtlinie sollen die BNPL-Angebote mit einbezogen werden und mit echten Krediten zumindest teilweise gleichgestellt werden. Dann müssen Online-Shops bzw. Payment-Anbieter unabhängig vom Betrag eine Bonitätsprüfung initiieren und transparenter darüber informieren, welche Folgen ein verpasstes Zahlungsziel haben kann.

Für Payment-Anbieter sind die Meldungen über hohe Schulden auch mit Image-Problemen verbunden. Bei Klarna läuft seit Februar deshalb auch ein sechsmonatiges Pilotprojekt mit der Schufa. Dabei wird u. a. geprüft, „welche kreditorischen Daten im Umfeld von Rechnungs- und Ratenkauf effektiv und datenschutzkonform vor Überschuldung schützen und an die Schufa übermittelt werden könnten“, heißt es.

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Über die Autorin

Hanna Behn
Hanna Behn Expertin für: Usability

Hanna fand Anfang 2019 ins Team der OnlinehändlerNews. Sie war mehrere Jahre journalistisch im Bereich Versicherungen unterwegs, dann entdeckte sie als Redakteurin für Ratgeber- und Produkttexte die E-Commerce-Branche für sich. Als Design-Liebhaberin und Germanistin hat sie nutzerfreundlich gestaltete Online-Shops mit gutem Content besonders gern.

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