Interview

Wie sieht die Zukunft von „Buy now, pay later“ aus?

Veröffentlicht: 13.12.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 13.12.2023
Holzwürfel, auf denen Buy now pay later steht

Die EU schraubt weiter an der Verbraucherkrediterichtlinie. Ursprünglich wollte die Richtlinie Verbraucher:innen beim Abschluss von klassischen Krediten schützen. Künftig sollen auch „Buy now, pay later“-Methoden (BNPL) unter die Richtlinie fallen. Die Änderung kann auch Auswirkungen auf den Rechnungskauf haben (wir berichteten). Wir haben uns mit Aiga Senftleben, Mitgründerin, Managing Director und General Counsel des B2B-NBPL-Zahlungsanbieters Billie, über die Zukunft unterhalten. 

Geringe Auswirkungen in der Praxis

OnlinehändlerNews: Wie beeinflusst die Verbraucherkrediterichtlinie, insbesondere die Anforderung einer Bonitätsprüfung, die Dienstleistungen von BNPL-Anbietern wie Billie?

Aiga Senftleben: Da wir bei Billie ausschließlich B2B Buy Now, Pay Later, sprich BNPL für Geschäftskund:innen, anbieten, berührt die Verbraucherkreditrichtlinie unser Geschäft nicht. 

Anders sieht dies im B2C aus. Händler müssen für ihre eigenen BNPL-Lösungen bald wirksamer prüfen, inwiefern Kund:innen in der Lage sind, Kredite zurückzuzahlen – in Form einer verpflichtenden Kreditwürdigkeitsprüfung. Ich denke, dass dies Drittanbieter wie Klarna und Co. im Zweifel allerdings eher zugutekommen wird, da Händler nicht auf die Zahlungsmethode im Check-out verzichten werden wollen, sie ihrer Transparenzpflicht ohne die Hilfe von BNPL-Providern aber nicht mehr effizient nachkommen können.

Welche Auswirkungen wird die Verpflichtung zur Bonitätsprüfung auf den Prozess des Buy Now, Pay Later für Kunden haben, insbesondere in Bezug auf kleinere Beträge?

Wir werden in der Praxis geringe Auswirkungen sehen. Einige Kund:innen werden nicht wollen, dass eine Bonitätsprüfung durchgeführt wird, also werden sie das BNPL-Angebot nicht mehr nutzen. Sowohl für die Bonitätsprüfung als auch die Transparenzpflichten werden sich aber gute Lösungen etablieren, die einen Prozess gewährleisten, der ohne Medienbrüche auskommt und in Echtzeit stattfinden kann.

Glauben Sie, dass die Verbraucherkrediterichtlinie die Attraktivität von BNPL-Zahlungsmethoden für Verbraucher:innen und Geschäftskund:innen beeinflussen wird?

Für Geschäftskund:innen ist sie irrelevant. Aber auch für Verbraucher:innen denke ich nicht, dass sie viel an der Attraktivität von BNPL ändern wird. Wir dürfen nicht vergessen, dass BNPL eine sehr beliebte und etablierte Zahlungsmethode ist – gerade in Deutschland. Und auch wenn jetzt Formalitäten festgelegt werden – beispielsweise eine neue Informationspflicht in der Bewerbung von BNPL-Produkten oder dass Zinskosten prominent in den Verträgen erkennbar sein müssen – wird das dieser Beliebtheit meiner Meinung nach keinen Abbruch tun.

Chancen und Risiken für den E-Commerce

Inwiefern passt sich Billie an diese Richtlinie an, um weiterhin eine nahtlose und effiziente Erfahrung für Geschäftskund:innen zu gewährleisten?

Der Rechnungskauf für Geschäftskund:innen ist meist geprägt von aufwendigen, manuellen Prozessen und Medienbrüchen. Deshalb haben wir mit Billie seit jeher den Fokus darauf gelegt, die Zahlungsabwicklung ohne Medienbrüche und in Echtzeit anzubieten. 

Wir schauen hier kontinuierlich, wo wir nachbessern müssen: Verlangen Geschäftskund:innen beispielsweise nach höheren Limits oder ist unsere Kundenakzeptanzrate zu niedrig? Diese Justierungen haben allerdings nichts mit der Verbraucherkreditrichtlinie zu tun, sondern mit unserem Anspruch, hervorragende und passgenaue Lösungen für B2B-Transaktionen anzubieten. 

In den vergangenen Jahren war die Überschuldung junger Menschen immer wieder Thema in den Medien: Welche Rolle spielen für Billie dabei ethische Aspekte und der verantwortungsvolle Umgang mit Krediten in dieser neuen regulatorischen Umgebung?

Bei Billie geht es uns darum, mit unserer BNPL-Lösung Händler:innen und Geschäftskund:innen Zugang zu Betriebskapital zu ermöglichen, um ihnen so mehr geschäftliche Handlungsfreiheit zu geben. Dabei achten wir immer darauf, nur den Unternehmen Rechnungskäufe anzubieten, die in der Lage sind, die ausstehenden Beträge zurückzuzahlen. Bei uns sind eingehende Bonitäts- und Identitätsprüfungen und somit die verantwortliche Vergabe von Krediten also sowieso seit jeher Teil des Prozesses.

Welche Chancen oder Risiken sehen Sie, insbesondere mit dem Blick auf den E-Commerce? Was können Online-Händler:innen tun, um weiterhin attraktive Zahlungsmethoden für die Kundschaft anzubieten?

Idealerweise sollten Händler:innen auch weiterhin versuchen, ein möglichst diverses Portfolio an Zahlungsmethoden anzubieten. In-house Rechnungskauflösungen von Händler:innen sind in ihren Möglichkeiten sehr begrenzt, deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass der beste Weg auch weiterhin sein wird, mit BNPL-Drittanbietern zusammenzuarbeiten. Diese werden auch nach der Verbraucherkreditrichtlinie die bessere Zahlungserfahrung bieten und zudem flexiblere Zahlungsziele anbieten können.

Vielen Dank für das Interview!


Über Aiga Senftleben 

Aiga Senftleben

Aiga Senftleben ist Mitgründerin, Managing Director und General Counsel bei Billie, einem B2B-Zahlungsanbieter. Die zugelassene Rechtsanwältin hat das Berliner Fintech zusammen mit Christian Grobe und Matthias Knecht 2016 gegründet. Vor Billie zeichnete sie als General Counsel für die Rechtsabteilung von Funding Circle Deutschland verantwortlich und war als Rechtsberaterin bei PayPal und eBay tätig. Zu ihren Themenschwerpunkten gehören die Regulierung von Start-ups, der Finanzstandort Deutschland, Digitalisierung sowie Female Leadership und Gleichberechtigung in Unternehmen.

Über Billie

Billie ist ein B2B-Zahlungsanbieter. Mit seiner wegweisenden Buy Now, Pay Later-Zahlungsmethode (BNPL) ermöglicht das Berliner Fintech Online-Shops und Marktplätzen die beliebteste Zahlungsmethode im B2B-Handel anzubieten: den digitalen Rechnungskauf. Mit Billies BNPL-Lösung haben Geschäftskunden die Möglichkeit, Waren zu kaufen und die Zahlung dabei flexibel auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, der ihren individuellen Bedürfnissen am meisten entspricht. Und das unabhängig davon, ob der Einkauf online, im Geschäft, per Telefon oder E-Mail abgewickelt wird.

Händler erhalten ihre Zahlungen dabei sofort und profitieren von vollständigem Schutz vor Zahlungsausfällen sowie von höheren Konversionsraten und größeren Warenkörben an der Kasse. 2016 gegründet, ist Billie die BNPL-Lösung der Wahl für bekannte Marken wie Decathlon, Samsung, Expert oder Enpal. Bis heute haben bereits mehr als 350.000 Geschäftskunden in ganz Europa mit Billie bezahlt. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 180 Personen aus 46 Ländern und hat sich zum Ziel gesetzt, einen neuen Standard für Geschäftszahlungen zu etablieren. Weitere Informationen. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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