Aktuelles BGH-Verfahren: Deutsche Umwelthilfe praktiziert womöglich Abmahnmissbrauch (Update)

Veröffentlicht: 25.04.2019
imgAktualisierung: 06.07.2022
Geschrieben von: Sandra May
Lesezeit: ca. 3 Min.
25.04.2019
img 06.07.2022
ca. 3 Min.
Abgase eines grünen Autos.
© Arthito / shutterstock.com
Die DUH hat sich unter anderem durch Abmahnungen gegen Händler einen Namen gemacht. Als qualifizierte Einrichtung darf die Umwelthilfe auch abmahnen. Allerdings steht nun das Finanzierungsmodell vor dem BGH auf dem Prüfstand.


Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb dürfen nicht nur Konkurrenten und Vereine andere Mitbewerber abmahnen; in § 8 ist auch von „qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in der Liste der qualifizierten Einrichtungen [...] eingetragen sind” die Rede. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist eine solche qualifizierte Einrichtung und verfolgt Rechtsverstöße. Laut Homepage versteht sie sich als Anwalt des Verbrauchers und mahnt daher Verbraucherschutzverstöße mit Umweltbezug ab.

Abmahnung an ein Autohaus in Fellbach

In einem aktuellen Fall geht es laut Tagesschau um genau solch eine Abmahnung: Ein Autohaus in Fellbach bei Stuttgart hat auf seiner Homepage Neuwagen beworben, ohne dabei die Informationen zu Spritverbrauch und CO2-Ausstoß bereitzustellen. Es folgte eine Abmahnung, denn diese Werbung sei ein Verstoß gegen EU-Recht. Die Abmahnung samt der beigefügten Unterlassungserklärung, die eine Vertragsstrafe von 10.000 Euro vorsieht, wollte der Autohändler aber nicht akzeptieren: Der Händler ist der Ansicht, dass die Abmahnung der DUH rechtsmissbräuchlich sei, denn diese sei nur an den Einnahmen aus den Abmahnungen interessiert. Die Verfolgung des satzungsmäßigen Zwecks – nämlich der Schutz der Verbraucher – stehe gar nicht im Fokus des Handelns. Nachdem die Gerichte der ersten und zweiten Instanz der DUH Recht gaben, geht die Sache nun vor dem Bundesgerichtshof in Revision.

OLG Stuttgart äußerte bereits Zweifel

Die DUH bekam zwar unter anderem vor dem Oberlandesgericht Stuttgart Recht – das Gericht äußerte laut der Stuttgarter Nachrichten aber auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Finanzierungsmodells: Konkret war sich das Gericht nicht sicher, ob die DUH die Überschüsse auch für andere Vereinstätigkeiten, als die Suche nach Wettbewerbsverstößen nutzen darf. Damit diese Frage höchstrichterlich geklärt werden kann, hat das OLG die Revision zugelassen.

600.000 Euro Überschuss aus Abmahnungen

Knackpunkt des Falls ist laut der Tagesschau das Finanzierungsmodell der DUH: In den Jahren 2015 und 2016 soll die Umwelthilfe mit Abmahnungen und der Geltendmachung von Vertragsstrafen fünf Millionen Euro eingenommen haben. Die 600.000 Euro Überschuss verwendete die DUH zur Finanzierung politischer Kampagnen oder der Vergütung von Angestellten. Insgesamt finanziert sich die DUH vor allem über Spenden und öffentliche Zuschüsse; rund ein Viertel der Gesamteinnahmen stammen allerdings aus dem Bereich der „Ökologischen Marktüberwachung".

Problem an dieser Sache ist, dass weder gesetzlich noch gerichtlich geregelt ist, ob eine solche Querfinanzierung gestattet ist. Fakt ist allerdings, dass Abmahnungen, die nur dem Zweck der Gewinnerzielung dienen, rechtsmissbräuchlich sind. Der Bundesgerichtshof muss nun die Frage klären, ob eine solche Querfinanzierung auf einen Rechtsmissbrauch hindeutet.

Update 25.04.2019

Laut einer aktueller Meldung von Beck Aktuell sieht der Bundesgerichtshof nach erster Beratung „keinen Anlass, die Klagebefugnis der Umwelthilfe infrage zu stellen". Das Urteil (Aktenzeichen: I ZR 149/18) wird in den nächsten Wochen verkündet; ein Termin steht allerdings noch nicht fest. 

Sandra May

Sandra May

Expert/in für: IT- und Strafrecht

Veröffentlicht: 25.04.2019
img Letzte Aktualisierung: 06.07.2022
Lesezeit: ca. 3 Min.
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KOMMENTARE
2 Kommentare
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Redaktion
26.04.2019

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Hallo Herr Lenz,

um eine sogenannte qualifizierte Einrichtung zu werden, muss man in die Liste des Bundesamtes für Justiz aufgenommen werden (file:///C:/Use rs/sandramay/Do wnloads/Liste_q ualifizierter_E inrichtungen.pd f). Die Eintragung erfolgt auf Antrag. Zu den Voraussetzungen gehört, dass der VErein laut Satzung Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrnimmt. Außerdem müssen sie eine gewisse Mindestanzahl an Mitgliedern haben, mindestens seit einem Jahr bestehen und es muss auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit als gesichert erscheinen, dass sie ihre satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen werden.

Viele Grüße,
die Redaktion
Wolfgang Lenz
26.04.2019

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Hallo Frau May,

könnte ich in ähnlicher Weise einen Verein mit dem Spezialgebiet Lärmschutz gründen, z.B. Deutsche Lärmschutzhilfe (DLH)? D.h. Verstöße gegen den Lärmschutz feststellen und Bußgelder eintreiben. Ist dies nicht der Polizei und den Ordnungsämter vorbehalten? Wo verläuft die Grenze zu den Machenschaften der Umwelthilfe?

Viele Grüße
Wolfgang Lenz