Stolperfalle freiwillige Textilkennzeichnung

Abmahnung trotz nicht-kennzeichnungspflichtiger Textilien

Veröffentlicht: 07.06.2021 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 06.07.2022
Frau fotografiert T-Shirt mit Smartphone

Die Textilkennzeichnungsverordnung sieht vor, dass Textilien mit einer Textilkennzeichnung versehen werden müssen. Dabei ist gesetzlich vorgegeben, wie die verwendeten Fasern bezeichnet werden müssen und wie die korrekte Kennzeichnung aussieht. Das Gesetz sieht aber auch Ausnahmen vor. So müssen laut Aufzählung des Händlerbundes beispielsweise Spielwaren, Eierwärmer und Tabakbeutel nicht gekennzeichnet werden.

Dennoch gibt es eine Stolperfalle, in die vor allem Online-Händler immer wieder tappen: Das Problem der Freiwilligkeit.

Kennzeichnungspflicht im Online-Handel

Die Textilkennzeichnung bringen die meisten mit dem Zettelchen in Verbindung, welches an fertigen Produkten hängt. Da der Verbraucher aber vor Kauf über die Faserzusammensetzung informiert werden muss, ergibt sich eine Informationspflicht für den Online-Handel. Wer kennzeichnungspflichtige Artikel online verkauft, muss bereits in den Produktinformationen korrekt über die Faserzusammensetzung informieren.

Abmahnung bei nicht-kennzeichnungspflichtiger Ware

Erst kürzlich kam es zu einer Abmahnung, weil ein Händler die Fasern für eine Tasche im Online-Shop nicht richtig wiedergegeben hatte. Viele fragten sich zurecht: Aber Taschen sind doch gar nicht kennzeichnungspflichtig?

Das ist auch korrekt. In der Textilkennzeichnungsverordnung sind auch Täschner- und Sattlerwaren als Ausnahmen aufgeführt. Sie müssen also grundsätzlich nicht gekennzeichnet werden. Was also hatte der Händler möglicherweise falsch gemacht?

Freiwillige Textilkennzeichnung muss korrekt erfolgen

Der Teufel liegt wie so oft im Detail: Grundsätzlich ist es natürlich auch möglich, die Faserzusammensetzung von Produkten wiederzugeben, die eigentlich nicht gekennzeichnet werden müssen. Hier gilt allerdings der alte Spruch: Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer sich dazu entscheidet, über die Zusammensetzung nicht-kennzeichnungspflichtiger Ware zu informieren, muss dies auch korrekt, also wie vom Textilkennzeichnungsgesetz vorgesehen, tun. 

Ein Beispiel: Ein Online-Händler verkauft nicht-kennzeichnungspflichtige Teewärmer aus Merinowolle. In der Produktbeschreibung heißt es: „Aus 100 Prozent Merinowolle“. Hier ist eine Abmahnung vorprogrammiert. Die Textilkennzeichnung kennt lediglich den Begriff Wolle. Die Spezifikation darf lediglich nachgelagert erfolgen. Richtig wäre also: „Aus 100 Prozent Wolle (Merinowolle)“

Die eigentliche Krux besteht nun aber darin, dass auch Erwähnungen als Textilkennzeichnung gewertet werden können.

Beispiel: Der Händler erwähnt in der Produktbeschreibung, dass die nicht-kennzeichnungspflichtige Ware aus Acryl besteht. 

Auch dies kann zu einer Abmahnung führen, da das Wort Acryl mit zulässigen Faserbezeichnungen aus der Textilkennzeichnungsverordnung verwechselt werden könnte und man daher davon ausgehen könnte, der Händler wolle eine Textilkennzeichnungs vornehmen. Das wirkt sicherlich weit hergeholt, kann aber tatsächlich zu einer Abmahnung führen, wie auch der letzte Abmahnmonitor zeigt. Ob so eine Abmahnung im Zweifel vor Gericht Erfolg hat, lässt sich vorher schwer einschätzen. Grundsätzlich sollten Online-Händler allerdings darauf achten, bei nicht-kennzeichnungspflichtigen Produkten von Faserbezeichnungen Abstand zu nehmen. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#1 Nadja Lüders 2021-06-08 13:17
Liebe Sandra May, herzlichen Dank für den Beitrag! Ein*e Spielzeuganbiet er*in gibt im Onlineshop das Material (Außen: Baumwolle, Füllung: Polyester) für ihre Textilspielzeug an und dieses führt dadurch schon zur freiwilligen Textilkennzeich nung. Muss sie dann auch die ordentliche Textilkennzeich nung am Spielzeug selbst anbringen? Sprich: bedingt das eine das andere? Umgekehrt ist es ja so: ist die Textilkennzeich nung am Produkt angebracht, muss sie auch im Onlineshop vor Kauf sichtbar sein. Gruß Nadja Lüders (Vorstand Wir machen Spielzeug e.V.)

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Hallo Nadja Lüders,

ja, davon muss man ausgehen. Das Motto lautet: Wenn, dann komplett und überall richtig.

Die Redaktion
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