Generalstaatsanwaltschaft Berlin geht gegen Google-Fonts-Abmahner vor

Veröffentlicht: 21.12.2022
imgAktualisierung: 04.04.2023
Geschrieben von: Michael Pohlgeers
Lesezeit: ca. 3 Min.
21.12.2022
img 04.04.2023
ca. 3 Min.
Google Fonts auf einem Smartphone
© sdx15 / Shutterstock.com
Zahlreiche Unternehmen wurden wegen Google Fonts abgemahnt. Nun gab es Durchsuchungen – weil der Verdacht auf Abmahnbetrug im Raum steht.


Handelt es sich bei den zahlreichen Abmahnungen wegen Google Fonts um Abmahnbetrug? Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt in dieser Frage und hat nun in einem Verfahren gegen zwei Beschuldigte Durchsuchungsbeschlüsse in Berlin, Hannover, Ratzeburg und Baden-Baden sowie zwei Arrestbeschlüsse mit einer Gesamtsumme von 346.000 Euro vollstrecken lassen. Den beiden Männern, einem Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Berlin und dessen Mandanten, wird versuchter Abmahnbetrug und versuchte Erpressung in mindestens 2.418 Fällen vorgeworfen, wie die Generalstaatanwaltschaft Berlin erklärt. Der Mandant habe sich dabei als angeblicher Repräsentant einer „IG Datenschutz“ ausgegeben.

Google-Fonts-Abmahnungen per Software

Die Beschuldigten sollen Websitebetreiber, die Google Fonts auf ihren Seiten eingebunden hatten, per Anwaltsschreiben abgemahnt haben. Zugleich wurde den Websitebetreibern angeboten, ein Zivilverfahren gegen Zahlung einer Vergleichssumme in Höhe von jeweils 170 Euro vermeiden zu können. Den Beschuldigten sei dabei bewusst gewesen, dass die Schmerzensgeldforderungen wegen Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht bestanden haben. Weil sie diese Forderung nicht gerichtlich hätten durchsetzen können, habe es auch keinen Anlass für einen Vergleich gegeben – auch das sei den Beschuldigten der Generalstaatsanwaltschaft zufolge bewusst gewesen. 

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Besonders die Vorgehensweise der beiden Männer hebt die Staatsanwaltschaft hervor: Sie hätten „mittels einer eigens dafür programmierten Software“ Websites identifiziert haben, die Google Fonts nutzen. „In einem zweiten Schritt und wieder unter Nutzung einer dafür entwickelten Software sollen Sie Websitebesuche durch den beschuldigten 41-jährigen [Mandanten]  automatisiert vorgenommen haben, diese letztlich also fingiert haben“, heißt es in der Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Die so protokollierten Besuche seien Grundlage für die Abmahnung gewesen.

„Kein datenschutzrechtlicher Verstoß“ gegeben

Dabei hätten die Beschuldigten vorgetäuscht, dass eine Person und nicht etwa eine Software die Websites besucht habe. Weil aber keine Person in dem Prozess involviert war, läge auch keine Verletzung eines Persönlichkeitsrechts vor. Zudem hätten die Beschuldigten in die Übermittlung der Daten in die USA eingewilligt, weil sie die Besuche bewusst vorgenommen haben sollen, um die IP-Adressen-Weitergabe in die USA auszulösen. Damit läge nach Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft Berlin „eben gerade kein datenschutzrechtlicher Verstoß mehr“ vor, der eine Abmahnung begründen könnte. 

Bei den Durchsuchungen seien Beweismittel sichergestellt worden, die nun ausgewertet werden. Aus den Dokumenten und Datenträgern erhoffen die Ermittler sich weitere Informationen zur Anzahl der Abmahnungen, den Auswahlkriterien und der Identität der Betroffenen sowie der tatsächlichen Umsätze und die genaue Vorgehensweise.

Michael Pohlgeers

Michael Pohlgeers

Expert/in für: Marktplätze

Veröffentlicht: 21.12.2022
img Letzte Aktualisierung: 04.04.2023
Lesezeit: ca. 3 Min.
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KOMMENTARE
6 Kommentare
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Wolfgang Hofmann
04.01.2023

Antworten

Ich hoffe das waren nicht die letzten Ermittlungen in diesem Zusammenhang. Man darf es diesen "Anwälten" nicht allzu leicht machen.
Volker Meuer
04.01.2023

Antworten

cool, endlich mal eine gute Nachricht. Nur ein gewerbsmäßiger Abmahnanwalt im Knast ist einen guten Abmahnanwalt.
Memoly
31.12.2022

Antworten

Gut das ich nicht gezahlt habe.
Cari
27.12.2022

Antworten

Die Brüder Betrüger sollen in den knast das ist Betrug in Millionen höhe!
Angelika Thaler-Jung
22.12.2022

Antworten

Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Außerdem wird es höchste Zeit dass der Staat da mal einschreitet. Man ist diesen kriminellen Kanzleien, die vermutlich keine anderen Aufträge kriegen, völlig ausgeliefert oder man holt sich "selbstzahlend" juristische Hilfe. Das kann alles nicht wahr sein!
gunnar
22.12.2022

Antworten

tja, die sollten allen betroffenen, denen sie geschrieben haben mind 2000.- schmerzensgeld zahlen müssen.
immerhin geht das den menschen an die gesundheit.